Geschichte & Brauchtum

Diese Rubrik vereint eine breite Auswahl an historischen Beiträgen zur Eichsfelder Geschichts- und Naturlandschaft sowie einzelne Ausarbeitungen zu den Themenkomplexen Tradition und Brauchtum des (Süd-)Eichsfeldes.

Die Arbeiten und Aufsätze verschiedener Heimatforscher und Lokalhistoriker, die oft ein Leben lang zu einzelnen Themenschwerpunkten ihrer näheren Heimat geforscht haben, sollen hier genauso dargestellt werden wie kleinere Ausarbeitungen bislang unbekannter Autoren.

Es ist das Ziel, diese Rubrik sukzessiv zu einem historischen Textarchiv des Südeichsfeldes auszubauen. Der Schwerpunkt der Auswahltexte wird dabei auf dem Ort Lengenfeld unterm Stein und seiner näheren Umgebung liegen.

Oliver Krebs

Heimat im Frühlingserwachen

Längst sind die Schneemassen, die lange trotzig auf den Bergen und Hängen lagerten, zu Tal gegangen. Das wilde, ungestüme Tosen der zu Wildbächen gewandelten Wasserläufe, die den Winter hinabtrugen in die Läufe der Bäche, Flüsse, hin an die Gestade der Meere, ist verklungen, und die trüben, aufgewühlten Wogen haben sich beruhigt. In den geklärten, murmelnden Wellen spiegelt scheu das Blau des Himmels, und in ihrem geheimnisvollen Gesang wiegt das Hoffnunglied vom Frühlingsauferstehen.

Die Geister der Zeit (Ein Zeitbild um 1900)

Der alte Valentin Webeknecht stand am Fernster der niedrigen Bauernstube und schaute unverwandten Blickes hinüber nach den Wiesen. Es war um „Peter und Paul“ herum. Das Heu war gut geraten, und es herrschte nun oben auf den Wiesen reges Leben, die Ernte einzuheimsen. – Der alte Valentin war ein Bauer von altem Schrot und alter Art. Da drüben auf den Wiesen, da war so jetzt um die Zeit sein Platz gewesen. Aber so – er merkte, er wurde alt, war schon alt und die heiße Junisonne hatte sein immer heftiger auftretendes Leiden, die Gicht, nicht hinwegzuzaubern vermocht.

Die "Heidenklus" in der Bahnhofstraße

An verkehrsreicher Straße, eine Minute vom Bahnhof Lengenfeld steht ein alter Bildstock. Unter dem Namen „Klüschen“ ist er in der ganzen Umgegend bekannt. Wer Zum Bahnhof will, muss daran vorüber. In früheren Jahren umrauschten ihn zwei alte Linden, die leider beim Bau des neuen Bahnhofes gefällt werden mussten. Es liegt im Interesse der Heimatpflege, dass solche Wahrzeichen aus alter Zeit erhalten bleiben. Es soll hier nicht erörtert werden, welchem Umstand das Denkmal seine Entstehung verdankt; irgendwelche Aufzeichnungen werden darüber noch vorhanden sein.

Adam Richwien Eine Kurzbiografie

Lengenfeld unterm Stein. Am Nachmittag des 25. September (1928) ist Adam Richwien, der gemütvolle Heimatdichter, einem Herzschlage erlegen. Er war schon lange leidend; trotzdem hatte niemand an sein nahes Ende gedacht.

Nun hat der Tod auch dem Manne die Feder aus der Hand genommen, der zu unseren eifrigsten Mitarbeitern zahlte und der so manches gemütvolle Essay zum Preise seiner eichsfeldischen Heimat, so manches ansprechende und vielleicht auch literarisch wertvolle Gedicht in den Spalten der „Hülfensberg-Glocken“ veröffentlicht hat.

Adam Richwien Ein Lebensbild und eine Würdigung seines Schaffens

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Infolge eines Herzschlags ist am Dienstag, 25. Septbr., nachmittags 3 Uhr, der eichsfeldische Volks- und Heimatdichter Adam Richwien in Lengenfeld u. St. aus diesem Dasein abgeschieden, – allzu früh für seine Angehörigen, allzu früh auch für die eichsfeldische Heimatliteratur, der er noch schöne Werke zu schenken vermocht hätte und für die eichsfeldische Heimatbewegung, deren Förderung ihm sehr am Herzen lag.

Um Johanni (Finalfassung)

Johannistag – Rosen blühen im sonnigen Hag! Hoch steht die Sonne und schafft Tage, die schier nicht enden wollen. Sommersonnenwende. In altgrauer Vorzeit unserer Ahnen, der heidnischen Germanen, lohten um diese Zeit rauchende Götteropferbrände von den Höhen gegen den nächtlichen Himmel. Heute noch besteht in manchen Gegenden der Volksbrauch, an geeigneten Plätzen Johannisfeuer abzubrennen. Eine andere, auch auf dem Eichsfelde viel geübte Volkssitte besteht in dem Winden und Aufhängen von Johanniskränzen.

Wölfe im Eichsfeld

Der graue Räuber spielt in Volksmärchen und Sagen eine beträchtliche Rolle, denn er galt als der erklärte Feind aller Bauern und Hirten. Da er mordend in die weidenden Herden einbrach, richtete er einst großen Schaden an und musste deshalb mit allen Mitteln bekämpft und ausgerottet werden. Nach mündlicher Überlieferung sollen sich Wölfe noch vor rund 200 Jahren in der Nähe von Wachstedt aufgehalten haben. An einem Winterabend war ein Reiter in den Ort gekommen und wollte in Richtung Flinsberg traben. Vergeblich warnte man ihn vor den am Pfannenberg streunenden Wölfen.

Damals im Südeichsfeld

Wer noch aus der Weimarer Republik herkommt, ist mehr oder weniger Zeitzeuge der neugeschichtlich bedingten Ultima Ratio, die bis zum letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts Konflikte eher unvernünftig denn vernünftig löste. Unbeschwert war nur unsere Kindheit, die zwischen den beiden großen Kriegen lag.

Am 27. Mai 1904 (Schweres Hochwasser)

Am 27. Mai werden es 54 Jahre, als im Tale der Frieda ein furchtbares Unwetter tobte. Die Obstbäume standen in Vollblüte. In dem weißen mit rosa aufgehauchten Blütenflor summten die Bienen. Die Wälder zeigten ihr erstes junges Grün. Der Saatenstand ließ auf eine gute Ernte schließen. Hier und da steckten die Kartoffeln die ersten beblätterten Keime aus dem warmen Erdboden. Erdrückende Schwüle lag über dem grünenden und blühenden Tale. Düstere Wolken stiegen am Horizont auf.

Sitten und Bräuche in Lengenfeld

Wenn ich im Folgenden über Sitten und Bräuche meiner Dorfheimat schreibe, so sind nur die aufgeführt, dich ich im letzten Halbhundert kannte und miterlebte. Wie lange diese Sitten und Bräuche vordem schon waren, entzieht sich meiner Kenntnis und ich weiß nur, dass wir sie von den Eltern und Großeltern so übernommen und weitergeführt haben und so wird es auch ehedem gewesen sein.

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