Gedichte

Erkennen

Nun ist die letzte Frucht geborgen,
Die Felder gähnen garbenleer.
Darüber hin an jenem Morgen
Wälzt sich ein graues Nebelmeer.

Die letzte Frucht – ein hart Erkennen
So bang in meine Seele steigt:
Noch ungefüllt sind meine Tennen –
Nehm’ ich den Winter denn so leicht?

Des Sichelliedes letzte Zeile
Verklang schon längst im fernen Ried –
Nun über eine kleine Weile
Formt sich daraus ein Sterbelied.

Ein Sang vom Hasenborn

Daheim – so komm denn Freund, wir wollen wandern
von einem Berg der Heimatwelt zum andern.
Wohin zuerst? So lass den Dünberg uns ersteigen,
von dorten will ich dir vertraute Bilder zeigen.
Sieh nur, wie um der Kuppe schroffes Felsgestein
es flirrt vom goldenen Morgensonnenschein!
Nach Osten schau, wo an den kühn getürmten Klosterschrennen,
der Morgenröte blut’ge Fackeln brennen.
Und hier – die Hände lass uns falten, lass uns lauschen,
wie andachtsvoll, wie im Gebet, die dunklen Föhren rauschen.

Die Hagemühle

(nach einer Sage)

Der junge Tag

Am Osthimmel flackerts in feurigen Strichen,
Und der Tag graut – schon Stern um Stern ist verblichen.
Nebel wälzt massig über üppige Wiesen.
–Vom alten Gutshof schon lange der Hahnenschrei,
Füllt den grauen Morgen mit des Tages Melodei,
–Hoch über den Wäldern des Morgenrots Grüßen.

Der Hütejunge

Ich möchte nicht mit hohen Herren tauschen –
nur Tag für Tag dem Finkenliede lauschen.
Ich lese sommerlang auf waldumsäumter Trift
im Buche der Natur die reine Gottesschrift.

Mein Reich die Wiese. Bunte Blumen grüßen –
die schöne Heimatwelt zu meinen Füßen.
In Bäumen halb versteckt ein graues Hüttendach,
und wenn der Abend kommt – ein sorglos Schlafgemach.

Beim Lampenlicht

Spätherbststurm fegt in den Bäumen,
Regen klatscht im Rinnenstein –
Wachend muss ich sinnen, träumen,
Wie wir einst beim Lampenschein
Saßen, als uns Mütterlein
Da mit nimmermüdem Munde
Lächelnd adelte die Stunde,
Sprach das Wort: Er war einmal.

Manch halbvergessene schlichte
Mär fällt mir nun wieder ein,
Klänge hold – beim Lampenlichte,
Worte lieb, vom Mütterlein . . .
Einsam bin ich und allein,
Mutter ruht im Gottesfrieden,
Und ich sprech’ mit heimwehmüdem
Schmerz das Wort: Es war einmal.

Nachruf

Es senkt zur stillen Ruh im Heimatfrieden
sich nun dein Leib zur Gruft hinab.
Du Heimattreuer, dein größtes Glück war hienieden
die Heimatliebe, die dich beseelte bis zum Grab.

Ja, Heimatliebe, es war der Inhalt deines Lebens,
es war der Born, aus dem dein Schaffen quoll.
Die oft man in der Welt such so vergebens,
du warst von ihr so übervoll.

Wie oft hast du besungen unseres Waldes Rauschen,
den Waldessaum, den Wiesengrund.
Die Plaudermärlein durften wir belauschen,
geformt im Lengenfelder Mund.

Weihnachtsklänge

Christglocken läuten Mette –
wacht auf, ihr Schäfer all!
Nun liegt im Krippenbette
das Kind im armen Stall.

So folgt den Hirtenscharen,
die einst der Engel rief,
die schon beim Kripplein waren,
als Bethlehem noch schlief.

Auf schneeverwehten Pfaden
die frommen Dörfler gehn,
das Kindlein aller Gnaden
im Kripplein anzusehn.

Die hohe Nacht erhellte
der Sterne Aufgebot –
ein Lichtbaum, den bestellte
das Kind für unsre Not.

Weihnachten

Ein Kind ist geboren im ärmlichen Stall,
es such was verloren; will retten uns all.

Ein Engel es kündet auf Bethlehems Flur:
Den Heiland ihr findet, o folget mir nur.

-So lasset uns eilen und seh’n was geschah,
so lasset uns weilen und bleiben allda.

Lasst brennen die Kerzen dem Kindlein so arm,
lasst richten im Herzen ein Bettlein ihm warm.

O jubelt und singet dem göttlichen Kind,
das Liebe uns bringet und trägt unsere Sünd’.
O Kind mach uns alle so arm, wie du bist,
So reich wie im Stalle, du heiliger Christ.

Der Bettler

Kein Obdach hat er als der Straße Revier,
Kein Tagwerk als wandern von Tür zu Tür.

Durch Dörfer zu wandern im armen Gewand,
An eiskalten Klinken die zitternde Hand.

Nicht wagt er zu klopfen an manch hohes Tor –
Dort legten sich fletschende Hunde davor.

In manchem Palaste der Überfluss prasst,
Und gönnt dem Bettler am Zaune nicht Rast.

Mit flackernden Blicken dreht er sich um,
Das Herze voll Herbe – die Lippe bleibt stumm.

Vorm Dorfe am Wegkreuz klagt er die Not:
Gekreuzigter Heiland – die Liebe ist tot.

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