Beim Lampenlicht

Spätherbststurm fegt in den Bäumen,
Regen klatscht im Rinnenstein –
Wachend muss ich sinnen, träumen,
Wie wir einst beim Lampenschein
Saßen, als uns Mütterlein
Da mit nimmermüdem Munde
Lächelnd adelte die Stunde,
Sprach das Wort: Er war einmal.

Manch halbvergessene schlichte
Mär fällt mir nun wieder ein,
Klänge hold – beim Lampenlichte,
Worte lieb, vom Mütterlein . . .
Einsam bin ich und allein,
Mutter ruht im Gottesfrieden,
Und ich sprech’ mit heimwehmüdem
Schmerz das Wort: Es war einmal.

Nachruf

Es senkt zur stillen Ruh im Heimatfrieden
sich nun dein Leib zur Gruft hinab.
Du Heimattreuer, dein größtes Glück war hienieden
die Heimatliebe, die dich beseelte bis zum Grab.

Ja, Heimatliebe, es war der Inhalt deines Lebens,
es war der Born, aus dem dein Schaffen quoll.
Die oft man in der Welt such so vergebens,
du warst von ihr so übervoll.

Wie oft hast du besungen unseres Waldes Rauschen,
den Waldessaum, den Wiesengrund.
Die Plaudermärlein durften wir belauschen,
geformt im Lengenfelder Mund.

Weihnachtsklänge

Christglocken läuten Mette –
wacht auf, ihr Schäfer all!
Nun liegt im Krippenbette
das Kind im armen Stall.

So folgt den Hirtenscharen,
die einst der Engel rief,
die schon beim Kripplein waren,
als Bethlehem noch schlief.

Auf schneeverwehten Pfaden
die frommen Dörfler gehn,
das Kindlein aller Gnaden
im Kripplein anzusehn.

Die hohe Nacht erhellte
der Sterne Aufgebot –
ein Lichtbaum, den bestellte
das Kind für unsre Not.

Weihnachten

Ein Kind ist geboren im ärmlichen Stall,
es such was verloren; will retten uns all.

Ein Engel es kündet auf Bethlehems Flur:
Den Heiland ihr findet, o folget mir nur.

-So lasset uns eilen und seh’n was geschah,
so lasset uns weilen und bleiben allda.

Lasst brennen die Kerzen dem Kindlein so arm,
lasst richten im Herzen ein Bettlein ihm warm.

O jubelt und singet dem göttlichen Kind,
das Liebe uns bringet und trägt unsere Sünd’.
O Kind mach uns alle so arm, wie du bist,
So reich wie im Stalle, du heiliger Christ.

Der Bettler

Kein Obdach hat er als der Straße Revier,
Kein Tagwerk als wandern von Tür zu Tür.

Durch Dörfer zu wandern im armen Gewand,
An eiskalten Klinken die zitternde Hand.

Nicht wagt er zu klopfen an manch hohes Tor –
Dort legten sich fletschende Hunde davor.

In manchem Palaste der Überfluss prasst,
Und gönnt dem Bettler am Zaune nicht Rast.

Mit flackernden Blicken dreht er sich um,
Das Herze voll Herbe – die Lippe bleibt stumm.

Vorm Dorfe am Wegkreuz klagt er die Not:
Gekreuzigter Heiland – die Liebe ist tot.

Begegnung

Mir ist auf stiller Straße
ein hoher Herr begegnet –
der hat mich still gesegnet.

Er ging zu einem Kranken
dahin am frühen Morgen,
in Brotsgestalt verborgen.

An diesem frühen Morgen –
ich wollt zum Tagwerk gehen –
hab ich den Herrn gesehen.

Wenn einst mein Tag wird sinken
Herr – hab ich da gebeten,
wollt’st an mein Lager treten.

Ja, Herr, an meinem Ende
eh’s Lichtlein ganz verglommen,
musst du noch einmal kommen.

Aus Bischof Konrad Martins Zeit

Als Bischof Konrad Martin, des Eichsfelds großer Sohn,
in Paderborn regierte, wohl auf dem Bischofsthron,
auf Eichsfelds Heiligtume, da war er oft zu Gast
und hielt auf Keudelsteine wohl dann auch gerne Rast.
In Wald gebettet lieget das Gut im Wiesengrün.
Wohl manchen Waller sah es zum Hülfensberge zieh’n.
Und oftmals wohl von dorten zu ihm herüberdrang
des Wallfahrtskirchleins milder, andächt’ger Glockenglang.

Abendfrieden

Schon längst ist über Hain und Hag
Das Abendläuten sanft verklungen,
In weichen Armen ruht der Tag,
Die Nacht hält ihn selig umschlungen.

Nun lasst ein wenig mich hinaus.
Ich muss die lieben Sternlein sehen,
die Lichtern gleich im Vaterhaus
Geruhsam dort am Himmel stehen.

Schweig’ still mein Herz – warum so zag?
Dort winkt der Liebe stiller Hafen.
Dort ruhet der versunkene Tag: –
Dort wirst auch du einst selig schlafen.

Märchenland

Am Räine vorr Zieten en Hittchen stand,
zwischen Hecken un Dickicht un Dorn.
Äbberm Hittendach laog Sunne mät sträichelnder Hand,
un drinne quoll en Meerchenborn.

Un immer zogk’s mich henn in das kläine Hüs,
wö das Spinnradchen schnurrte sö flink.
Ging mehrens libber henn wee bin „Dortelies“,
wö das Bild vun Rötkappchen hing.

Mät’m Spinnrade schnurrte d’r Kater im Takt,
Dortlies steerte ’s Fier un hub ahn:
Wie hett mich do manchmo das Gruseln gepackt,
wann’s erzehlte vum Schlapphanjesmann.

Kornstieggenlied

’S äs Arnteziet, de Ahren dorrn,
De Sichel rutscht im riffen Korn.
De Garbenstieggen stenn wie wann
se än kattünern Maantel han
mät Franzeln un Besatz.

Se stenn in langen Riehen henn
wee Wieber, dee zur Kärchen genn.
Än Ströhsäil als Schallappentuch
wee’s freeher sö das Wiebsvolk trug
mät Franzeln und Besatz.

Ganz hing’n, vum letzten Stieggenhut
krachzt änne schwarze Rabenbrut:
„De han ich lange nit gesiehn,
sö häbsche Maintel vun Kattün
mät Franzeln un Besatz.“

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