Beiträge von Rudolf Linge

Das Beinhaus

1728_200.jpg Auf dem Hülfensberg stand noch gegen Ende des vorigen Jahrhunderts an der Südseite der Kirche ein sogenanntes Beinhaus. In diesem wurden, außer den Beerdigungsgeräten, die beim Ausschaufeln der Gräber aufgefundenen Totengebeine pietätvoll aufbewahrt. Und dies waren nicht wenige, weil außer den Verstorbenen aus dem Ort Bebendorf noch andere Umwohner des bedeutungsvollen Berges ihre letzte Ruhestätte dort zu haben wünschten und auch fanden.

Das Fräuwechen von England

4430_200.jpg Fährt man auf der Nebenstrecke der Deutschen Reichsbahn von Leinefelde nach Geismar, so kommt man kurz vor der Endstation auf einer 45 Meter hohen Brücke über das Dorf Lengenfeld unterm Stein. Schon von weitem sieht man das Gebäude des "Schlosses", das heute als Urlauberheim dient.

Das seltsame Wirtshaus

Vor vielen Jahren ritt ein Musikant aus Jützenbach nach Bischofferode zur Kirchweih. Nachdem er dort drei Tage zum Tanz aufgespielt hatte, machte er sich am späten Abend auf den Heimweg. Seine Geige hatte er in einer ledernen Tasche um die Schulter gehängt. Er war müde und abgespannt. Sein Pferd aber, das sich gut ausgeruht und dem während der Kirmestage nicht an Futter gefehlt hatte, schlug bald einen flotten Trab ein. Als das Pferd im Wald auf den Kreuzweg kam, fing es gewaltig an zu schnauben. Plötzlich hörte der Musikant, wie es einen scharfen Hieb bekam.

Der Schampanjesmann

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Der Schampanjesmann ist eine auf der eichsfeldischen Höhe allgemein bekannte Gespenstererscheinung. Über denselben weiß der Volksmund zu erzählen:

Der Wietstein

Im Dreißigjährigen Krieg herrschte, wie man erzählt, in Lengenfeld unterm Stein ein großes Sterben. Die Pest ging um und raffte die Menschen hinweg. Kaum ein Haus blieb verschont von dem schwarzen Tod. Bis an die Schafhofgasse war sie bereits dorfaufwärts vorgedrungen. Da erklangen Stimmen aus der Luft:

"Kocht Pimpernell,
Dann sterbt ihr nicht so schnell!"

Die Giftpilze

1711_200.jpg Am westlichen Ausgang des Dorfes Geismar, nahe dem kleinen Berg, der Iberg genannt wird, erhebt sich in der Feldflur ein flacher Hügel. Die Landstraße nach Ershausen führt im rechten Winkel um ihn herum, doch kein Weg geht hinauf zu dem fast kreisrunden Platz, der mit Rasen bewachsen und von einem Kranz grüner Lärchen und Fichten umstanden ist. Verlassen liegt dieses Rondell und nur selten betritt einmal jemand seinen Boden.

Die Klosterschranne

1723_200.jpg Wandert man von Lengenfeld u. Stein im schönen Tal der Frieda aufwärts nach Kloster Zella, so bemerkt man auf der rechten Seite einen hohen Felsabhang, in den sich eine breite und tiefe Furche eingegraben hat. Das ist die Klosterschranne. An diese knüpft sich folgende Sage:

Weshalb auf dem Eichsfeld die Häuser zu Johanni mit Mauerpfeffer geschmückt werden

In zahlreichen Ortschaften des Obereichsfeldes ist es allgemein üblich, dass zu Johanni unter den Fenstern der Wohnhäuser Kränze aufgehängt werden, die aus den Blüten des Mauerpfeffers (Sedum acre) gewunden sind. Welche Bewandtnis es mit diesen Kränzen hat, darüber weiß der Eichsfelder Volksmund Aufschluss zu geben. Aus der Bibel ist bekannt, dass Herodes, Fürst von Galiläa, ein Sohn jenes Herodes, der dem Jesuskind nach dem Leben trachtete, die Frau seines noch lebenden Halbbruders Philippus zur Ehefrau genommen hatte. Das Weib hieß Herodias.

Keudelskuppe und Keudelstein

1721_200.jpg Wandert man vom Hülfensberg eine halbe Stunde nach Nordosten, so gelangt man zum dem ehemaligen Gut Keudelstein. Oberhalb desselben liegt auf einem bewaldeten Bergvorsprung die Keudelskuppe. Die Aussicht, die man hier oben auf das Werratal und das Eichsfeld genießt, ist herrlich. Nach der Überlieferung, die sich im Volk erhalten hat, stand in alter Zeit auf der Kuppe eine Burg, auf der die Ritter von Keudel hausten.

Die große Glocke auf dem Hülfensberg

Zu einer sagenumwobenen Kirche gehört auch eine sagenumwobene Glocke. Noch im vorigen Jahrhundert konnte man, wenn die große Glocke auf dem Berg läutete, hören, dass die Kinder in Geismar zu den Tönen der Glocke folgenden eigentümlichen Vers riefen:

"Sui fand,
Maichen band,
blinder Gül zogk mich har
uffen Hilfensbargk!"
"Sau fand,
Mädchen band,
blinder Gaul zog mich her
auf den Hülfensberg!"