Die Klosterschranne
Wandert man von Lengenfeld u. Stein im schönen Tal der Frieda aufwärts nach Kloster Zella, so bemerkt man auf der rechten Seite einen hohen Felsabhang, in den sich eine breite und tiefe Furche eingegraben hat. Das ist die Klosterschranne. An diese knüpft sich folgende Sage:
In der Zeit der Reformation hatte das Kloster Zella eine noch jugendliche Äbtissin. Sie stammte aus einer angesehenen Familie und war von seltener Schönheit. Ein stattlicher Junker aus einer benachbarten reichen Adelsfamilie, der zum neuen Glauben übergetreten war, hatte ein Auge auf die Oberin geworfen und hielt eine Tages um ihre Hand an. Die Äbtissin wies ihn entrüstet ab und sprach:
"Mein Gelübde sind mir heilig, und nie werde ich ihnen untreu werden."
Der Junker musste unverrichteter Sache wieder abziehen. Seinen Plan aber gab er nicht auf.
Bald darauf ritt er abermals nach Zella. Es war zu einer Zeit, als der Klosterprobst verreist und die Knechte im Felde bei der Arbeit waren. Der Junker kam in Begleitung eines Reitknechtes. Während er das Nonnenhaus betrat, hielt der Knecht die beiden Pferde, zwei ausgesuchte feurige Tiere. Der Ritter wandte der Oberin gegenüber all seine Überredungskünste an, um dieselbe seiner Absicht willfährig zu machen. Allein die Äbtissin blieb bei ihrem entschiedenen Nein und ersuchte den Junker, das Kloster zu verlassen und es nicht wieder zu betreten.
Da sprang der Ritter auf. Er umfasste die Nonne, trug die widerstrebende auf den Hof und setzte sie auf das Pferd des Reitknechtes, das einen Damensattel trug. Die Äbtissin hatte aber die Geistesgegenwart nicht verloren, und da sie in ihrer Jugend das Reiten gelernt hatte, erfasste sie mit der einen Hand die Zügel und entriss mit der anderen dem Knechte die Reitpeitsche. Dann gab sie dem Pferde mit der Peitsche einen Hieb, worauf sie in vollem Galopp über den Klosterhof jagte und dann dem Walde zu. Der Ritter war fürs erste ganz überrascht. Dann schwang er sich auf sein Pferd und folgte der Fliehenden. Nun gab es einen Ritt auf Leben und Tod. Schon hörte die Äbtissin hinter sich das Schnauben des Pferdes ihres Verfolgers. Plötzlich sah sie einen gähnenden Abgrund vor sich und sie erschrak zutiefst. Aber sie wollte lieber in den Tod gehen, als in die Hände dieses Menschen zu fallen. Sie empfahl sich der Gnade Gottes und gab dem Pferde noch einen heftigen Peitschenschlag. Dieses tat einen gewaltigen Sprung und fuhr nieder in die am Fuße des Berges sich hinziehende Wiese. Da die Wiese sumpfig war, sank das Pferd tief ein. Dadurch aber wurde die Schwere des Falles gemindert, und die Oberin blieb unverletzt. Anders war es dem Junker ergangen. Als er an den Abgrund kam, bäumte sich das Pferde hoch auf. Er jedoch gab ihm die Sporen. Es überschlug sich und rutschte, den Reiter unter sich, den Abhang hinunter. Das Felsgestein löste sich und rollte hinterher.
Reiter und Pferd lagen zerschmettert in der Tiefe. In dem Gestein aber hatte sich eine tiefe Furche gebildet, die bis heute noch zu sehen ist und die Klosterschranne heißt.