Das seltsame Wirtshaus
Vor vielen Jahren ritt ein Musikant aus Jützenbach nach Bischofferode zur Kirchweih. Nachdem er dort drei Tage zum Tanz aufgespielt hatte, machte er sich am späten Abend auf den Heimweg. Seine Geige hatte er in einer ledernen Tasche um die Schulter gehängt. Er war müde und abgespannt. Sein Pferd aber, das sich gut ausgeruht und dem während der Kirmestage nicht an Futter gefehlt hatte, schlug bald einen flotten Trab ein. Als das Pferd im Wald auf den Kreuzweg kam, fing es gewaltig an zu schnauben. Plötzlich hörte der Musikant, wie es einen scharfen Hieb bekam. Das Tier sprang in die Höhe und fiel dann zu Boden. Mit großer Mühe brachte der Reiter es wieder auf die Beine, aber sofort lag es wieder auf der Erde. Das wiederholte sich noch ein drittes Mal. Aber nun war das Pferd nicht wieder hochzukriegen. Da beschloss der Musikant, vom Sonnenstein Hilfe zu holen. Er ging und ging, kam aber nicht aus dem Wald. Zuletzt befand er sich in einer ihm gänzlich unbekannten Gegend. Da sah er auf einmal in der Ferne ein Licht schimmern. Er wanderte darauf zu. Als er nähergekommen war, stand er vor einem großen, hell erleuchteten Wirtshause. Er sah, dass getanzt wurde, hörte aber keine Musik. Neugierig trat er ein und wurde freundlich empfangen. Sogleich nötigte man ihn, zum Tanz aufzuspielen und da der Musikant seine Sache gut verstand, so flog ihm manches Geldstück zu. Auf einmal bemerkte er zu seinem Schrecken, dass jeder der anwesenden Tänzer einen Pferdefuß hatte. Dem Geigenspieler stiegen die Haare zu Berge. Als eine Pause eintrat, bat er, hinausgehen zu dürfen. Doch dies wurde ihm untersagt. Er musste weiterspielen. Mit jeder Minute wurde ihm unheimlicher zumute. In seiner Angst faltete er die Hände und sprach: "Ach du lieber Gott, wohin bin ich denn hier geraten! Hilf mir doch aus dieser Not."
Kaum hatte er das gesagt, so gab es einen Krach und das Haus war verschwunden. Der Musiker aber stand außen am Walde und seine Geige hing an einem Dornbusch. Als er sich umsah, kam sein Pferd dahergetrabt. Seit der Zeit hat der Musikant nie wieder zum Tanz aufgespielt.