Beiträge von Adam Richwien

Als die Lichter verloschen ... (Allerseelenstimmungsbild)

Spätherbsttag ist's und Spätnachmittag. Tief und scheu liegt das Dorf in der Talmulde. Schon breiten sich Dämmer- und Nebelschwaden über die schweigsam und verträumt liegenden Fachwerkhäusergruppen. Schwer setzt sich der feuchte Nebel in blattkarge Bäume und haftet an den Zweigen wie Tränen. Am altersgrauen Kirchturme hebt die Uhr knarrend zum Stundenschlage an. Wie zitternde Klage hallt's über die Totenhügelkreuze des schweigsamen Friedhofes - wie flehentliches Miserere ...

Beim Krippenbau des Herzens

Advent - Ankunft. -Unsere Gedanken kreisen mehr und mehr um den einen Mittelpunkt, um das nahende hoch heilige Weihnachtsfest. Vorbereitungen treten an uns heran, auf dass es werde für jeden eine fröhliche, beseligende, ungetrübte Gnadenstunde. Wer kann sie alle aufzählen, die Pläne, die entstehen und verwirklicht werden zur Entfachung hell jubelnder und still betrachtender Christtagsfreude. Wie viel Geheimnisvolles hat sie an sich, die vorbereitende Adventszeit. Unsere Jungen haben das fröhliche Drachenspiel draußen auf den Feldern aufgegeben und sinnen Neues, Zeitgemäßeres.

Als das Unwetter über die Dorfheimat kam

In nachfolgenden Ausführungen soll ein furchtbares Naturereignis geschildert werden, welches am Nachtmittage des 27. Mai 1904 über meine Heimat und die umliegenden Ortschaften hereinbrach. Das damalige Unwetter will ich so dem Leser vor Augen führen, wie ich mich heute, nach 23 Jahren, der Einzelheiten erinnere. Es ist die Schilderung deshalb nicht als etwaiger Chronikauszug anzusehen. Allenfalls sind aber in den damals heimgesuchten Ortschaften Aufzeichnungen vorhanden.

Die Hagemühle (nach einer Sage)

Es schimmert der Frieda silbernes Band
Im saftigen, blühenden Wiesenland.
Es klappert im sonnigen Frühlingstag
Dort unten am Bache die Mühle im Hag.

Und oben an steiniger Felsenwand
Vom Stein die Linde grüßt weitab ins Land.
Am Uhlenstein droben im trutzigen Forst
Wohl mancher vor Alter die Rinde borst.

Manch Wetter bricht dort sich in Sturmesnacht;
Es zucken dir Blitze, im Geäste es kracht.
Da stehen die alten Geister dort auf,
Beschwören seltsame Bilder herauf.

Die Heidenklus in der Bahnhofstraße

Im Wetter, hart vom Sturm verweht,
ein Bildstock an der Straße steht.
Vom Alter grau sein steinern Kleid –
ein Zeichen aus vergang’ner Zeit.

Der Landmann, der ans Tagwerk geht,
der Wanderer, der im Kampfe steht,
ums Brot in ferne Lande zieht
grüßt stumm das Bild, spricht ein Gebet.

Die Mutter, die ihr Kind geleitet,
hinaus ins Leben voll Gefahr,
hat wohl die Hände ausgebreitet,
dass ihr das Beste es bewahr.

Kum häime!

Gar manchmo fällt vun ungefahr
En Wort mich in vun frener har,
Wann's Mutter äber's Gaßchen ruff,
Als Keend beglickt ich häimwarts luff.
Nach jetzt ich manchmo träime
Vum Mutterruf: "Kum häime!"

De Ziet gung hen - ich merkte wöhl,
Daos Laaben blebb ken Gaßchenspeel -
Langst äs daos Keendhäitsglick verdorrt,
Verstummt daos seeße Mutterwort
Vun äinst, wee ich worr klaine,
Un Mutter ruff: "Kum häime!"

Scheen' Watter hiedde

Scheen' Watter hiedde - wie sall ich dann saje,
daos äs sö'n Gerede, wann grad uff'em Waje
zwäi äichsfallsche Landsliete sich begainen,
un es äs - sö im Herbt rim - nit grade am Rainen.
Sö oftmals üs d'r Verlaigenhäit
het gebroocht das Gerede vom Watter gräid -
Was sall's dann äh immer sieh?
Größ was annersch wie "Watter" gitt's nit hie.
Do blieben "Gut Friend" sich de Liedde.
Drim spraicht zuenander: "Scheen' Watter hiedde!"

An der alten Buche

Weißt du es noch – wie du hier eingeschnitten
einst in die Rinde dieses Herz hinein
und dann in dieses Rindenherzens Mitte
du schriebst beglückt zwei Namenszüge ein –
weißt du es noch?

Es stürmten wohl des Schicksals harte Wogen
und senkten Schatten sich in deine Brust.
Doch sag – hat dieses Zeichen dich betrogen,
dass du dieses Herze nun entfernen musst?
entfernen musst?

Als ich mit Mutter Reisig sammeln ging

Wie hab ich immer mich so gefreut,
wenn meine Mutter sprach in Jugendtagen:
"Komm her, mein Kind, wir sammeln Reisig heut!
- Und du, mein Bub, hilfst es nach Hause tragen."

Da holte ich flugs den alten Tragekorb hervor,
zum nahen Dünberg lenkten wir die Schritte -
wie stieg ich dann am steilen Hang empor
und knickte manchen Zweig nach wilder Knabensitte.

Heimatläuten

Über mir die Wipfel träumen
in des Tages Scheidestunde.
Klar der Frieda Wellen schäumen
unter mir im Wiesengrunde.

Über waldumhegte Hänge
schweben hoch vom Turme schwingend
feierliche Abendklänge,
Abschiedsgruß dem Tage singend.

Westwärts, fern an blauen Hügeln,
mahnt mich letztes Sonnenglühen.
Dämmerlicht auf leisen Flügeln -
Sterne bald wie Blumen blühen.

Heimatläuten - wenn zu Grabe
man mich bettet, wandersmüde,
deiner Klänge Zaubergabe
spenden mir zum Scheideliede!