Nachbetrachtung zum Tagebuch des Joseph Hahn

Mit dem 3. Februar 1881 enden die Tagebuchaufzeichnungen des Joseph Hahn, die in den letzten Lebensjahren nur noch selten und sporadisch erfolgten. Wie an der Handschrift der letzten Eintragungen zu ersehen ist, hat das Alter des Tagebuchverfassers deutliche Spuren hinterlassen. Kraftlos, zittrig und ermattet wirkt das Schriftbild der letzten Eintragungen. Vielleicht auch Anzeichen einer fortschreitenden Krankheit. Joseph Hahn starb rund zwei Jahre nach seinem letzten Tagebucheintrag, am 30. Juli des Jahres 1883.

Was wahrscheinlich als Rechnungs- und Notizbuch begonnen wurde, entwickelte sich über die Jahre zu einem einzigartigen Zeitzeugnis, das zwar stets aus subjektiver Sichtweise die Geschehnisse der damaligen Zeit spiegelt, dabei aber wertvolle Einblicke in die (bäuerlichen) Lebensgewohnheiten gewährt und den heutigen Lesern darüber hinaus spezifische Gewohnheiten des damaligen Sprachgebrauches vermittelt. So findet sich eine Vielzahl landwirtschaftlicher und handwerklicher Fachausdrücke in den Aufzeichnungen, von denen heutzutage bereits viele gänzlich aus dem Sprachbild erloschen sind.

Bedeutender als diese sprachlichen Charakteristika ist allerdings der inhaltliche Kern der Schilderungen. So geben die Aufzeichnungen neben den lokal bedeutsamen Geschehnissen auch Aufschluss darüber, wie weit der geografisch-soziale Erlebnis- und Erfahrungshorizont eines Lengenfelders im 19. Jahrhundert reichen konnte (Lengenfeld – Eschwege – Heiligenstadt – Mühlhausen – Auswanderungen in die ferne Welt, wie z. B. Amerika etc.).

Leider war es im Zuge der Tagebuch-Übertragung nicht möglich, alle Eintragungen vollständig zu entziffern, da einerseits das Schriftbild an einigen Stellen problematisch erschien und andererseits Begriffe, die heute nicht mehr im Sprachgebrauch existieren oder durch mangelnde orthografische Bildung fehlerhaft verschriftlicht wurden, sinnentstellt erscheinen, wodurch nicht immer Rückschlüsse auf den konkreten Sinn einzelner Schilderungen möglich waren.

Oliver Krebs,
Lengenfeld unterm Stein im März 2011