Nachschrift

Es war Ende Juni. Damit beschäftigt, letzte bessernde Hand an einige Abschnitte der „Dorfheimat“ anzulegen, empfing ich ein Schreiben des Herrn Redakteurs und Schriftstellers G. H. Daub in Heiligenstadt, die geplante Buchausgabe betreffend. Unter anderem enthielt das Schreiben die Mitteilung, dass als Erfolg des im Eichsfelder Heimatboten und Eichsfelder Tageblatt erschienenen Aufrufes: „Die Probe aufs Exempel“ 12 Vorbestellungen eingegangen seien.

Ich hatte vor, zur Ergänzung der Dorfheimat Herrn Daub noch einige neue Kapitel zur Prüfung zu unterbreiten. Nach Kenntnisnahme des Inhaltes des betreffenden Schreibens habe ich den Plan aufgegeben. Ich hatte das Gefühl, dass einer zum literarischen Schaffen nicht gerade den Ehrgeiz, wohl aber die Freude an Arbeit und Erfolg nötig hat. Inzwischen hatte ich auch meine verstreut in den einzelnen Zeitungen erschienenen Gedichte und Aufsätze, Erzählungen und mundartlichen Schnurren einer Sichtung unterzogen, in der Absicht, dieselben getrennt in Buchausgabe herauszugeben, - sofern ich einen Verleger fände. "Wildrosen vom Raine" sollte der Titel sein für die Gedichtsammlung; "Auf Heimatpfaden" erschien mir geeignet für meine Erzählungen, Skizzen und Elegien, während die mundartlichen Schnurren den Titel: "Wildkäsperklüdden" erhalten sollten.

Ich habe die Arbeit unbeendet beiseite gelegt. Denn die Freude war dahin. Was tun? Daubs Aufruf war erlassen. Meinen Dank auch an dieser Stelle für den edlen, selbstlosen Mann. Der Erfolg mahnte: „Ihr habt Euch geirrt!“ Trotzdem war es nicht mehr angängig, die geplante Buchausgabe fallen zu lassen. Was wird nun die „Dorfheimat“ für ein Schicksal haben? Es steht einem Verfasser schlecht an, für sein Werk zu werben. Die Werbung muss sein Werk selbst besorgen. Ist die „Dorfheimat“ dazu imstande? Ich weiß es nicht.

Vielleicht aber, dass sie im Kranze der Dornen ein scharfer Stachel ist. So werde ich den Weg gehen müssen, den viele vor mir gegangen, den Stachel im Herzen, etwas geschaffen zu haben, wozu ich nicht berufen war. Schicksal! Warum ließest du mich diesen Weg gehen? Den dornenvollen Weg eines kleinen Poeten habe ich empfunden. Den dornenvolleren des Genies kann ich schwach ahnen…

Zu dem Kapitel: "Als sie das Gröttlein am Hang bauten" sei bemerkt, dass im Frühjahr dieses Jahres die Grotte leider durch einen Erdrutsch in Einsturzgefahr kam. Die Madonna ist herabgekommen ins Dorf. Sie steht im Korridorvorbau des St.-Elisabeth-Krankenhauses zwischen Blumen und Kerzen. Jedem Besucher der Dorfheimat ist die Besichtigung gestattet und empfohlen. Die Flagge der Dorfburschen auf der kleinen Kuppe habe ich in diesem Jahre vermisst.

Meines Vaters Rufname war Johannes, der meiner Mutter Margaretha. Da ich allen handelnden Personen einen Namen nach meiner Wahl gegeben habe, was mir durchaus angebracht erschien, so hielt ich das auch bei meinen Eltern für richtig. Das jedoch nicht in dem Sinne, dieselbigen zu verleugnen. Schließlich möge sich niemand den Kopf zerbrechen, wer in den einzelnen Personen zu suchen ist. Die Personen, die handelnd oder leidend auftreten in der Dorfheimat - ich hatte sie nötig zur Ausgestaltung der Bilder. Somit habe ich sie genommen, wo sie waren - und nicht waren. Gemeint - das sei noch einmal ausdrücklich erwähnt, ist damit niemand.

Zum Schluss ist es mein aufrichtiger Wunsch, dass vielen Lesern die „Dorfheimat“ eine Freudenbringerin werden möge. Gott schütze dich, du teuere, einzige Dorfheimat!

Lengenfeld, im Juli 1927
Der Verfasser