Herbstliche Heimatbilder

Weiter schreitet das ewige Kommen. Werden und Vergehen – und wieder einmal ist es Herbst geworden. Die Oktobersonne meint es noch mal gut und lässt ihre gleißenden Strahlen auf die in allen Farben sprühende Landschaft fallen. Die bewaldeten Berghänge und Höhen zeigen eine solch schöne Farbenpracht, die zum Stehenbleiben und zum Bewundern zwingt. Trunken umspannt der Blick die zauberhaft geschmückten Wipfel des Blätterwaldes, voll leuchtendem Gelb, schimmerndem Braun und brennendem Rot.

All diese Schönheiten, sie locken hinaus ins Freie. Schon unmittelbar hinter dem Dorf umfängt uns der Wald mit seinen abwechselnden Bildern. Im Hochwalde wandern wir den Berg entlang. Beim Weiterschreiten raschelt das neu gefallene Laub. Durch das bunte Blätterdach der hohen Buchen stehlen sich Sonnenstrahlen und malen spielerische Bilder auf den Pfad. Durch dichtes Stangenholz biegt der Pfad um eine Felsenklippe in niederen Samenbestand ein. Einzelne hohe Samenbäume überragen das weite bunte Blättermeer des jungen Waldes. Nun windet er sich einer Fichtenschonung zu. Unzählige silbergraue Spinngewebe hängen an den Zweigen der jungen Fichten. Wie mit glänzendem Engelhaar geschmückte Christbäume schauen sie aus. Immer höher windet sich der Weg bis zum Gipfel empor.

Auf der Höhe führt er durch dunklen Nadelwald an einer fichtenumrahmten Waldwiese vorbei auf eine Bergkuppe mit einem wunderbaren Ausblick auf das schöne Friedatal. Eine Bank, in die viele Buchstaben und Namenszeichen eingeschnitten sind, lädt zum Ausruhen ein. Tief unten im Tal liegt Lengenfeld. Zwischen herbstlich gefärbten Obstbäumen leuchten weiße Häuserfächer und rote Ziegeldächer. Im Wiesengrunde schimmert das Silberband der Frieda.

Auf Hang- und Talwiesen weiden schwarzbunte Rinder und Heckenraine umrahmen braune und grüne Feldstreifen. Wie ein Märchenland liegt alles gebreitet da.

Alles leuchtet, sprüht und glüht in herbstlicher Vielfarbigkeit, und doch liegt schon ein leises Ade in der Natur – die ersten Blätter fallen schon – und weiter schreitet das ewige Kommen, Werden und Vergehen.

Heinrich Richwien
(Quelle: Lengenfelder Echo, Oktober-Ausgabe 1959)