Die Kanonenbahn - Teil 21: Der Frieda-Tunnel & das Frieda-Viadukt bis 1945

An der Kanonenbahn wurde ab dem 26.02.1906 wieder gearbeitet. Die Strecke nach Leinefelde wurde 2-gleisig ausgebaut, die Tunnel erweitert und die Brücken und Viadukte erhielten einen 2-gleisigen Ausbau. Nicht eindeutig geklärt ist indes der Ausbau zwischen Eschwege und Schwebda. Hier waren zumindest die Brücken 2-gleisig ausgebaut. Es gibt auch Zeitzeugen, die behaupten, auch dieser Abschnitt wäre 2-gleisig befahren worden.

Meine Mutter, die als Kind und auch später oft mit der Bahn nach Lengenfeld fuhr, sagte mir ebenfalls, die Strecke sei 2-gleisig gewesen. Ein Gleisplan vom Bahnhof Schwebda aus dem Jahre 1911 zeigt aber nur eine 1-gleisige Ausfahrt in Richtung Eschwege. Zumindest aber war im Jahre 1914 eine Baustelle am 2. Gleis der Werrabrücke. Die Bauarbeiten am 2. Gleis dauerten zu dieser Zeit noch an.

Ist der Ausbau durch die Kriegswirren stecken geblieben oder hat man die Strecke bis Schwebda bis 1918 noch 2-gleisig fertig gestellt und das 2. Gleis später wieder abgebaut? Es gibt auch Stimmen, die behaupten, die Strecke zwischen Eschwege und Schwebda wäre beim Bau der Heiligenstädter Bahn zwischen 1911 und 1914 zweigleisig ausgebaut worden. Belegt ist die Eröffnung der 2-gleisigen Strecke zwischen Geismar und Schwebda am 26.02.1907 sowie von Küllstedt nach Geismar mit dem Zug Nr. 334 am 4. April 1907 und am 30.04.1907 die Eröffnung des 2-gleisigen Betriebs zwischen Eschwege und Eschwege-West (damals noch Niederhone) mit dem Zug Nr. 368. Der Bahnhof Schwebda sollte aber noch größer werden.

In den Tagen um Ostern 1912 begann man mit der 32,06 km langen Bahnlinie zwischen Heiligenstadt und Schwebda, deren Luftlinie lediglich 19,4 km betrug. Dies bedeutete einen Umweg von ca. 75 % der einfachen Entfernung. Die Bahnlinie sollte am 1. Oktober 1913 in Betrieb gehen. Durch diverse Schwierigkeiten beim Bahnbau, bedingt durch die schwierige Trasse, lagen am 15. August 1914, dem zuletzt anberaumten Eröffnungstermin, noch keine Gleise.

Am 28. August lagen lediglich die Gleise zwischen Heiligenstadt und Heiligenstadt-Ost. Inzwischen war am 1. August 1914 der Erste Weltkrieg ausgebrochen. Dadurch sind Materiallieferungen ausgeblieben und die Bauarbeiter knapp geworden, da die meisten Arbeiter an die Front mussten. Aus diesem Grund konnte die Strecke erst am 30. September 1914 fertig gestellt werden und am 1. Oktober 1914 ohne jegliche Feierlichkeit in Betrieb gehen. Nur die Lok des Eröffnungszuges war mit einer Girlande geschmückt.

Der Bahnbau zwischen Heiligenstadt und Schwebda kostete cirka 6.411.000 RM, das bedeutet für den laufenden Meter Strecke ca. 200 RM. Im Bahnhofsbereich von Schwebda wurde im Zusammenhang mit der Neubaustrecke nach Heiligenstadt hinter dem Bahnhof Schwebda rechts vor der Überführung der Straße nach Kella ein großes neues Stellwerk errichtet. Diese Bahnverbindung nach Heiligenstadt bekam sehr schnell den Spitznamen „Die Eichsfelder Bimmelbahn“, weil die Lok auf der Strecke fast fortwährend läutete.

Da jetzt auf dem Schwebdaer Bahnhof ein für hiesige Verhältnisse reger Eisenbahnverkehr herrschte, entstand in unserer Gegend der Spruch: „Hier herrscht ja ein Verkehr wie am Schwebdschen Bahnhof!“ Im Jahre 1921 wurden auf der Zahnradstrecke nach Heiligenstadt Versuchsfahrten mit einer 7-achsigen Jumbo-Tenderlok der Rübelandbahn (HBE) durchgeführt, die Namen wie Mammut, Büffel usw. trugen, um die Zugkraft auf Steilstrecken zu ermitteln. Eventuell sollte dieser Loktyp auch für die Reichsbahn gebaut werden, man entschied sich jedoch für einen anderen Loktyp mit sehr hoher Achslast (BR. 95).

Somit dürfte dieser extrem starke Loktyp auch auf der Kanonenbahn, zumindest aber im Bahnhof Schweba, gesehen worden sein. Die 4 Loks dieses Typs wurden später in der DDR unter die >A Baureihe 95.66 eingereiht und wurden dort sogar noch auf Ölfeuerung umgestellt.

Hermann Josef Friske