Die Kanonenbahn - Teil 19: Vom Bahnhof Eschwege zum Frieda-Viadukt

Heute beschäftigen wir uns mit dem Streckentorso zwischen dem Bahnhof Eschwege in Richtung Osten bis zum Frieda-Viadukt. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs war der Weg nach Osten durch die Sprengung des Frieda-Viadukts und der Werrabrücke bei Eschwege versperrt. Obwohl die amerikanische Besatzungsmacht für die Werrabrücke zunächst keine Baugenehmigung gab, wurde nach Abzweigung von 10.000 RM aus der Flussbereinigung die Genehmigung zum Neubau erteilt.

Die Eschweger Baufirma G. Ch. Bödicker übernahm weitge- hendst die Räumungs- und Betonierungsarbeiten. Die Stahlarbeiten wurden noch von der Brückenbau-Firma Gollnow u. Sohn in Stettin (heute Polen) ausgeführt. Der Brückenbauzug dieser Firma wurde mit einer Kleinlok, die im Bahnhof Grebendorf oder Treffurt stand und nach der Sprengung der Werrabrücke nicht mehr zurückgeholt werden konnte, vom Bahnhof Mühlhausen/Thüringen zum Bahnhof Grebendorf gefahren. Im Herbst 1946 war es dann soweit.

Die Eschweger Werrabrücke war wieder fertiggestellt, somit konnten die Züge auf der Kanonenbahn nach Osten wieder bis zum Bahnhof Schwebda (und weiter nach Wanfried und Treffurt) fahren. In Eschwege wurde der Bahnhof notdürftig wieder aufgebaut. Beteiligt waren die Baufirmen Götting und Hämmerling sowie die Dachdeckerfirma Greiner aus Eschwege. Ihnen zur Seite stand eine Bahnmeisterrotte und bautechnisch vorgebildete Arbeiter und Beamte der Reichsbahn. Das Baumaterial hierzu wurde auf abenteuerlichen Wegen aus Goslar und Lauterbach beschafft.

Die Züge fuhren bis ins Jahr 1948 von Eschwege über Schwebda nach Treffurt und bis zum 25.10.1966 bis Heldra, danach nur noch bis Wanfried. Der Friedatunnel kam in den Jahren von 1947 bis 1984 für 37 Jahre noch zu besonderen Ehren. Da das ganze Jahr über im Tunnel gleichbleibende Temperaturen herrschen, diente er in diesem Zeitraum als billige Klimakammer für wärmetechnische Versuche, die ansonsten im Versuchsamt des internationalen Eisenbahn-Verbandes in Wien hätten teuer bezahlt werden müssen.

Die Versuchsobjekte brachte ein Prachtstück von Dampflok, die 18 323, eine badische D-Zug-Lok aus dem Jahre 1918/20, beheimatet im Betriebsamt Minden, nach Eschwege. Sie hat gelegentlich den Messzug aus Minden bis zum Friedatunnel gefahren. Die Versuchsstation Friedatunnel wurde 1984 aufgelöst, weil sich der Friedatunnel als baufällig erwies. Eine Reparatur hätte über 100.000 DM verschlungen.

Der Tunnel wurde 1989 kurz vor der Wende verfüllt und die Gleise vom Bahnhof Schwebda bis zur Demarkationslinie abgebaut. Nur die Tunnelportale sind erhalten geblieben, wurden sogar restauriert. Formell wurde der Streckenabschnitt Schwebda-Geismar ca. 1990/1991 stillgelegt (Wanfried). Die letzte Dampflok fuhr zum Fahrplanwechsel im Mai 1973. Das endgültige Aus für den Personenverkehr kam am 30.05.1981 mit dem letzten Triebwagen.

Am 26. Mai 1984 befuhr nochmals ein Triebwagen-Sonderzug von Eisenbahnfreunden die Strecke bis zum Bahnhof Großburschla. Am 11. und 12.06.1994 erwachte die Strecke letztmalig aus ihrem Dornröschenschlaf. Das Wochenende mit einem Nostalgie- Dampfzug, gezogen von der Güterzug- Dampflok 50 3606-6 aus dem Jahre 1942, ließ den Streckenabschnitt Eschwege-Schwebda-(Wanfried) noch einmal aufleben und alte Erinnerungen wach werden. Der eher dürftige Güterverkehr (zuletzt nur noch ca. 65 Waggons im Jahr) wurde am 30.05.1995 mit dem letzten Güterzug von (Wanfried)-Schwebda nach Eschwege eingestellt.

Der Zug bestand aus einigen Waggons der Eisenbahnfreunde Wanfried, die von nun an ihr Domizil in Walburg aufschlugen. Die endgültige Stilllegung der Strecke erfolgte am 31.12.1995. Der Rückbau des Kanonenbahn-Teilstücks Eschwege-Schwebda-(Wanfried) begann im Sommer 1998 und ist inzwischen abgeschlossen. Es gibt aber auch heute noch etliche Relikte von der Kanonenbahn auf der Trasse, so dass der Streckenverlauf immer noch sehr gut nachvollzogen werden kann. Eine Wanderung entlang der Trasse ist daher für Eisenbahn-Freunde sehr zu empfehlen.

Hermann Josef Friske