Eichsfelder Wanderziele, die was bieten

„Die Wanderzeit – die bringt uns Freud’“, so lautet jetzt in der herrlichen Maienzeit für unsere schaffenden und erholungssuchenden Menschen die Devise. Wer nicht auf Schusters Rappen unser schönes Eichsfeld erwandern will, dem bieten sich heute noch andere verkehrstechnische Möglichkeiten. Der Eichsfelder ist ja auch beweglich geworden, und per Motorrad oder PKW lassen sich auch die entferntesten Punkte unserer Heimat erreichen.

Dabei braucht man gar nicht allzu sehr in die Ferne zu schweifen, wo doch das Gute so nahe liegt. Es sei nachfolgend auf einige besonders schöne Wanderziele des südlichen Eichsfeldes aufmerksam gemacht. Sie bieten wirkliche Erholung, und wer suchte diese wohl nicht abseits der verkehrsreichen und staubigen Landstraße?

Wer durch das schmucke Höhendorf Küllstedt kommt, der biege beim Sportplatz von der Struther Straße ab und besuche den herrlichen Küllstedter Grund. Hier beginnt eines der schönsten Waldtäler des Kreises Worbis und – neben dem Friedatal – wohl auch des Eichsfeldes. Bald nimmt schattiger Wald, der zu beiden Seiten die Straße wie eine Wand abschließt, den Wandersmann auf. Das Auge kann sich gar nicht statt genug sehen an den wundervollen Partien, und für die Kamera gibt es viel Arbeit.

Immer weiter geht es hinab, und der Küllstedter Grund wird breiter und idyllischer. Kurz vor den „Neunbörner-Quellen“ und rechts und links der Lutter sind dem Talgrund kleinere Wiesen und Rasenraine vorgelagert, die für Zelten und Camping wie geschaffen sind. In den letzten Sommerperioden reihte sich hier Zelt an Zelt. Wir überschreiten nun die von Effelder herabführende steile Landstraße und stehen vor dem vielbesuchten Luttergrund mit seinen drei Mühlen. Dieser Dreimühlengrund hat geschichtlich eine hohe Bedeutung, sodass wir einmal kurz zur Rückblende übergehen müssen.

Die vordere Mühle ist die Luttermühle, die bis im vorigen Jahr noch in Betrieb war. Noch schäumt das Mühlwehr, und noch steht das Mühlrad in seiner Kuhle. Das daneben liegende Gebäude ist der Produktion zugänglich gemacht worden. Nach Auflösung des Klosters Zella 1810 wurde der seinerzeitige Erbpächter der Luttermühle, der Müller Oberthür, rechtmäßiger Besitzer der Mühle. Sein Sohn Georg Wilhelm Oberthür erbte sie, und 1868 ging sie an den Müller Herzberg über, dessen Nachkommen sie noch heute besitzen. Am Wohnhaus ist neben dem Zeichen des Müllerhandwerks auch das Mainzer Wappen mit dem Wagenrad angebracht. Wohltuend empfinden wir den Hausspruch: „Heil und Frieden allen, die hier ein und aus gehen.“

Ein recht schöner Waldpfad führt nun weiter in das Tal hinein zu der in der Mitte liegenden Klostermühle. Vor der Säkularisation gehörte sie dem Kloster Zella, und sämtliche Einkünfte flössen dem Kloster zu. Später ging sie in private Mühlenbewirtschaftung über und wechselte recht oft ihren Besitzer. Oberpostsekretär G. Töpfer erwarb sie dann als Eigentum, und als sie durch Blitzschlag bis auf die Grundmauern niederbrannte, ließ er ein modernes Waldgasthaus mit Pensionsgelegenheit hier errichten. Die Nachkommen verwalteten das Gasthaus, und heute ist ein Pächter der Wirt der Klostermühle.

In der Ferienzeit dient sie jetzt Mühlhäuser Betrieben und Jugendorganisationen als Ferienheim. Die großen, schattigen Wiesen ringsherum und die Waldhänge bieten Rast- und Zeltmöglichkeiten in Hülle und Fülle. Durch den bunten Wiesengrund fließt die Lutter, die in besonders wasserarmen Zeiten zum Nothelfer für die umliegenden Dörfer wurde. Mühlrad und Wehr sind noch erhalten und erinnern an die feudalistische Zeit, in der so mancher Mahlbursche für einen geringen Tagelohn arbeiten mußte.

Drüben an der Landstraße liegt die Betoneinfassung der Gläsnerquelle. Von hier aus gehen unterirdische Wasserrohre strahlenförmig zur Spitzmühle, der letzten der drei Mühlen unmittelbar vor dem Dörfchen Großbartloff. Hier ist das Pump- und Turbinenwerk der im Jahr 1911 erbauten Obereichsfeldischen Verbandswasserleitung. Über 240 Meter hoch wird von hier aus das gute Quellwasser der Gläsnerquelle (von den „Neunbörnern“) auf die Höhe gepumpt und versorgt 6 Orte mit gutem Trinkwasser. Wir besichtigen das Pumpwerk und bewundern auch den kleinen Wasserfall hinter der Spitzmühle.

Dankbar verlassen wir den Dreimühlengrund, und wer nun noch Lust dazu hat, besuche noch den schönen Wilhelmswald zwischen Büttstedt und Struth, also an der Grenze des Worbiser Landkreises gelegen. Hier befindet sich der Wanderer im anerkannten Naturschutzgebiet. Im Halbschatten der Mischwaldgesellschaft blühen hier noch einige seltene Orchideenarten.

Der Forst entstand in schwerster Rodearbeit in den Jahren 1819-1910 und ist nach dem damaligen Besitzer von Anrode, Wilhelm von Wedemeyer, benannt. Es gibt sehr schöne Partien im Wilhelmswald, und zur Frauenschuhblüte trifft man hier viele Heimatfreunde und erholungssuchende Menschen an. Mögen aber auch alle Menschen im Wilhelmswald und bei den anderen geschilderten Wanderzielen Rücksicht auf die Natur nehmen, denn diese Ziele sind für alle da.

Vinzenz Hoppe (um 1970)