Rund um den Geiberich

Den Höhenrücken zwischen Lengenfeld – Hildebrandshausen – Katharinenberg und Faulungen benannte Aloys Höppner einen Gerichtsberg – Gaugerichtsberg – Goyberg – Gauberg und führt ihn zurück bis in die Zeit der Gaugrafen. Die älteste Benennung dieses Berges finden wir im Mühlhäuser Urkundenbuch. Im Jahre 1350 söhnt sich Landgraf Otto von Hessen mit den Mühlhäusern aus und versprechen bei weiteren neuen Streitigkeiten sich auf dem „Goyberge“ bei der „wüsten Kirche“ zu treffen und in Frieden zu vergleichen. Ehemals war dieser kurze Höhenrücken unbewaldet, der Boden mageres Ackerland, Triften und Hutweide. Noch aus der Grenzregulierungskarte vom Jahre 1583 können wir ersehen, dass diese Höhe und auch die Hänge nur mit ganz einzelnen Bäumen bestanden waren. Diese größeren Bäume dienten wohl nur Schattenspendung und Schutz für die Bauern, Schäfer, das Zugvieh und die Schafe.

– Unser hoch verdienter Heimatforscher Dr. Christian Völker aus Faulungen hatte dieses schon erkannt und in seiner wissenschaftlichen Arbeit „Kirche und Kirchenruine in Katharinenberg“ (Unser Eichsfeld 1930, S. 175) darauf hingewiesen, dass am Katterstieg und der Faulunger Wand damals noch Blößen waren. Er weist darauf hin, dass solche Bäume wie die dicke Linde und Buche am Weg von Faulungen nach Eigenrieden nicht in einem dichten Wald sich so entwickeln konnten. Vielleicht haben diese Bäume schon in der Zeit des Kartenzeichners gestanden. Christoph Martin, der Bruder des Bischofs Dr. Konrad Martin, damaliger Besitzer des Gutes Keudelstein, tauschte Teile des Geiberichs gegen das Gelände der Ullrichsbirke aus. Seitdem nennt man den Geiberich die „Tauschfläche“.

Viele noch lebende Einwohner Lengenfelds erzählen, dass ihre Eltern bzw. Großeltern um 1860 bei der Fichtenaufforstung mitgeholfen haben. Hierbei wurden alte, handgeformte Dachziegelbrocken gefunden. Schon seit früheren Zeiten wird von Generation zu Generation erzählt, dass auf dem Geiberich zwei Dörfer gestanden haben sollen. Wenn man den Kattersteg (Fußweg von Faulungen nach Katharinenberg) hinaufsteigt und auf der Höhe des Geiberichs angelangt ist, liegt zur rechten Hand die eingangs erwähnte „wüste Kirche“. Eine andere, dem Namen nach noch unbekannte Wüstung liegt vermutlich neben der Wiese bei der großen Kuppe in dem Fichtenbestand des Geiberichs. Diese Stelle wurde von Heinrich Richwien und mir des Öfteren untersucht. Dabei fanden wir Erdvertiefungen und Steinhaufen.

Auch einzelne kleine Stellen von „Menschenhand aufeinander gelegte unbehauene Steinplatten“ lassen auf mörtellose Fundamente schließen. Leider hat das starke Wurzelwerk der hohen Fichten mit zur Verwischung dieser Spuren beigetragen. –Analog wie wir sie auch im Gelände der wüsten Stadt zum Stein noch finden. Ein Vergleich dieser Bauweise ist die Klostergartenmauer auf dem Hülfensberge. Unweit dieser wüsten Stelle befindet sich östlich davon die im Volksmund so genannte „Menschenhöhle“. Von dieser Höhle zieht sich bis zum Heinrichstal eine Erdspalte. Reinhold Strauß, ein Lengenfelder Kind, schreibt in seiner Chronik von Wanfried über diese Höhle:

„Unmittelbar bei dem Eingang zu dieser Höhle steht eine alte knorrige Eiche. Eine trichterförmige Bodenvertiefung führt zu dem halb verschütteten Eingang, der von mir als Knabe und anderen neugierigen und wissbegierigen Kameraden soweit freigelegt wurde, dass man kriechend in die Höhle gelangen konnte. Außer einigen alten Topfscherben und einem Stück Kette wurde jedoch in derselben nichts vorgefunden. Die Ursache unseres Interesses für diese Höhle war die Erzählung älterer Leute, dass während des dreißigjährigen Krieges eine große Anzahl von Personen in dieselbe geflüchtet seien und sich darin verborgen gehalten hätten.“ Am Südwestfuße des Geiberichs, an der Grenze der Hildebrandshäuser Feldflur, liegt die wüste Dorfstelle von Keßlingerode. So ist sie noch heute von den Bewohnern um den Geiberich bekannt und benannt. Ebenso ist dieselbe auf den heute noch gebrauchten Messtischblättern als „alte Dorfstelle Keßlingerode“ eingezeichnet.

Dieses Dorf soll der Sage nach im 30-jährigen Kriege zerstört sein bei einem Gefecht der Schweden, wonach die Gefallenen Schweden bei der zerstörten Dorfstelle begraben sein sollen. Hier scheint etwas nicht zu stimmen. Denn der Zeichner der Grenzregulierungskarte hat 1583 schon an dieser Stelle kein Dorf gezeichnet, also nicht mehr gesehen. Dieses Dorf kann doch wohl nicht gut in den wenigen Jahren von 1583 bis 1623 gebaut und zerstört worden sein? Hat doch der Zeichner der Karte den gegenüberliegenden Flurteil mit Grünrode bezeichnet. Auch dieser Flurteil ist ohne Dorf gezeichnet. Über letzteres wissen wir urkundlich genau, dass schon 1602, als Wilhelm von Harstall das Gut und den Herrensitz Katharinenberg gründete, die Gründroder Feldflur von 90 Morgen dazu, von den Herren von Treffurt kaufte (Hierzu vergleiche man Christian Völker – „Kirche und Kirchenruine Katharinenberg“. Unser Eichsfeld 1930, Seite 201).

Der Zeichner zeichnete auch die „Grünrodermark“ in das Gebiet der Gauschaft Treffurt. Zu den Schwedengräbern bei Keßlingerode vergleich man den Heimatborn vom 16.12.1956 und 03.05.1958. Keßlingerode und Gründrode sind doch wohl schon vor dem 30-jährigen Kriege wüst geworden, vielleicht in dem Bauernaufstand 1525. –Von alten Leuten in Hildebrandshausen hörte ich, dass in den Jahren um 1860 bei der Verbreiterung der Straße Wanfried – Mühlhausen, an welcher Keßlingerode lag, nur „einige“ Gebeine gefunden seien, welche nur vom Keßlingeröder Kirchhof herrühren könnten. Diese Straße ist 1583 auf der Karte als „Durchstraße“ bezeichnet.

Lambert Rummel
(Quelle: Lengenfelder Echo)