Auf dem Hülfensberge

Nun weicht die Nacht dem ersten Morgengrau.
Das Wiesental erglänzt im frischen Tau.
Am Fluss schleichen Nebel hin und her. ,
Nur Berg und Hügel lugen aus dem Meer.
Und wie ein Leuchtturm ragt der Hülfensberg empor
Und ruft die Mühsalheißen zu seinem Gnadentor.

Den Wandrer treibt’s im Tale fort und fort,
Voll Sehnsucht schaut er auf zum heil’gen Ort.
Aus seinem Antlitz spricht die harte Zeit,
In seinen Zügen liegt viel Weh und Leid.
Die greisen Locken wirbeln um sein Angesicht,
Das tief bewegt von leiser, sel’ger Hoffnung spricht.

Zum Berge drängt ihn eine heil’ge Nacht
Hinauf, wo seiner Kindheit Sonne lacht. - - -
Aus blauer Ferne tönt durch Berg und Tal
Als Morgengruß der Pilger Frühchoral.
Der Wandrer sinnt und lauscht, und bald singt er wie sie
Aus tiefster Seele ihre Heimatmelodie.

Das singt und klingt in ihm durch Raum und Zeit
Wie helle Freude, halb wie singend Leid.
Und höhenwärts trägt ihn der Welle Flug,
Er singt und betet mit im Pilgerzug.
Nun hat die Seele ihre Schwingen aufgetan.
Und trägt ihn jubelnd mit den andern himmelan.

Wo einst die Träume einer Heidenwelt
Am Machtwort eines Heil’gen jäh zerschellt.
Da brennt des Pilgers Herz, und sel’ges Glück
Bringt ein verlor’nes Jugendland zurück.
Die Hände faltend ruft er: „Herr, was soll ich tun?
An heil’ger Stätte will ich ewig ruhn!“ - -

August Hahn