Lengenfeld und Bischofstein heute (1983)

Lengenfeld gehört zum Sperrbezirk, der sich entlang der Grenze der DDR zur Bundesrepublik in unterschiedlicher Tiefe erstreckt. Nur Personen mit Sonderausweis dürfen sich in diesem Raum aufhalten.

Das Dorf wird von rund 2.000 Personen bewohnt, darunter befinden sich etwa 100 Slowaken, die bei Kriegsende hierher gelangten.

Am Ortseingang prangt ein großes Schild „Erholungsort Lengenfeld unterm Stein“. Die Dorfstraße ist durchgehend geteert. Im Gegensatz zu anderen Orten im Grenzgebiet wurde hier verhältnismäßig viel gebaut.

An der Straße nach Hildebrandshausen, im Bereich der ehemaligen Ziegelei, entstanden ausgedehnte Kasernenanlagen der Grenztruppe. Am Eingang kontrolliert ein Doppelposten. Für die Angehörigen der Soldaten wurden drei Wohnblöcke erstellt. Im Dorf ist auch ein Volkspolizist für zivile Aufgaben stationiert.

Gut ist die ärztliche Versorgung. Außer der Behandlung in der Poliklinik des mit einem Anbau erweiterten kleinen Krankenhauses kann man die neben der Apotheke gelegene Praxis eines staatlich angestellten Arztes besuchen. Der frühere Arzt Dr. Bach verzog nach Stralsund. Sein Haus, das „Doktorhaus“ unterhalb Bischofsteins, verkaufte er. Die große katholische und die in den 1920er Jahren erbaute evangelische Kirche dienen weiter der Seelsorge.

Die Bahnstrecke von Leinefelde, seit 1969 Stadt mit riesigem Textilkombinat, endet in Geismar. Die hohen Pfeiler, auf denen der Viadukt das Dorf Lengenfeld überbrückt, sind weiterhin Wahrzeichen der Landschaft. Fahrkarten in den Grenzbezirk erhält man nur bei Vorlage eines Sonderausweises.

Von den zu unserer Zeit geöffneten Gasthöfen, Ladengeschäften und Handwerksbetrieben sind nur wenige geblieben. So sind z. B. die alten Morgenthals, bei denen wir Bonbons, Lollis und saure Gurken kauften, längst gestorben. Ihr „Schuldenbuch“, in dem manche Kunden eine lange Latte stehen hatten, konnte nicht mehr ausgewertet werden.

Auch in Bischofstein hatte sich einiges geändert. Nachdem hier von 1946 bis 1947 eine Pädagogische Fachschule für Russischlehrer und ab 01.06.1948 ein Erholungsheim der Lehrergewerkschaft untergebracht war, übernahm 1952 der FDGB-Feriendienst das Schloss.

Im Schloss und unseren Buden stehen 60 Zimmer mit 130 Betten für Feriengäste zur Verfügung, die im Sommer in 14, im Wintersemester in 21-tägigem Turnus Erholung suchen. Jährlich werden 3.000 Gäste erwartet. Der Objektleiter Heinz Blümel bemüht sich, den Besuchern viele Abwechslungen zu bieten.

Neben heimatkundlichen Vorträgen, musikalischen Darbietungen von Mandolinenorchestern und Liederabenden gibt es Wanderprogramme, Bastelabende und Sportmöglichkeiten. Hierfür stehen zwei Volleyballplätze, eine Minigolfanlage sowie eine Kegelbahn zur Verfügung. Das 1933 eingeweihte Stadion erhielt einen neuen Treppenaufgang. Daneben wurden Umkleideräume sowie ein Ausschankraum errichtet.

Im alten Schloss wurde im Flur eine Gedenktafel für Käthe Kollwitz angebracht. Sie weilte einige Male in Bischofstein und war mit Beate Bonus befreundet. Ripkes Wohnung bezog die Wirtschaftsleiterin. Im Speisesaal befindet sich eine Kantine, in der die Besucher Getränke kaufen können. Im Lehrerzimmer über der Torfahrt wohnte sechs Jahre lang ein Tierarzt, der von hier aus seine Praxis ausübte. Die Räume wurden jetzt in das Erholungsheim einbezogen.

Die Bade- und Duschräume sowie die Elektroinstallation wurden erneuert und die Dächer repariert.

Die Stallungen sowie die Felder und Weiden ringsum werden von der LPG genutzt.

Vom Teich her, dessen Pappeln inzwischen sehr hoch gewachsen sind, tönt wie früher das Quaken der Frösche. Die Linde auf dem Stein ist ausgebrannt, grünt aber immer noch aus. In den umliegenden Bäumen sind noch Reste der Baumhütten aus unserer Zeit zu sehen. In Ißbrückers Forsthaus wirkt heute ein junger staatlicher Förster.

Auf dem Hülfensberg leben noch Mönche. Der Besuch ist aber nur noch Pilgergruppen mit Aufsicht gestattet.

(Quelle: „Bischofsteiner Rundschreiben“, Weihnachten 1983, S. 10)