Exkursions- und Befahrungsbericht zur „Menschenhöhle” (1987)

Am 8. Juni 1967 erkundeten wird, die Bdfd. B. Kohlmann, Stefan Sander und Waldemar Sebon, nach Erhalt eines 500-m-Grenzscheines die Menschenhöhle bei Lengenfeld unterm Stein im Kreis Mühlhausen. Sie befindet sich im Dünberg südlich von Lengenfeld und ist bei uns, Gruppe „Heiligenstadt“, registriert unter der Nr. 13.

Die Menschenhöhle ist im Raum Lengenfeld u. St. schon lange bekannt. Die erste uns bekannte Erwähnung ist von 1908 in der „Chronik der Stadt Wanfried“ (Südwestseite des Dünberges, heute BRD). Ein Auszug aus diesem Bericht befindet sich in dieser Anlage, danach wird sie schon  1632 „Menschengrube“ bezeichnet. Die Begründung des Namens ist aus der Anlage ersichtlich. Auch heute noch werden viele Geschichten um die Menschenhöhle erzählt – wahrscheinlich wird auch viel übertrieben, da die Höhle heute im 500-m-Grenzgebiet liegt, nur noch von wenigen zu erreichen ist und daher kaum noch befahren werden kann. So sprach man von Tiefen über 60 m, sowie von weiten, verschütteten Gängen bis nahe Faulungen (4 km).

Glaubwürdig erscheinen mir meine Befragungen des Lengenfelder Lehrers i.R. und Mitarbeiter der Chronik von Lengenfeld u.St., Walther Fuchs. Danach ergaben sich folgende Ergebnisse:

Herr Walther Fuchs war 1936 selbst in der Menschenhöhle, ca. 10 – 15 m waren waagerechter Höhlengang, ca. 1,50 m breit, danach begann der teilweise senkrechte Teil. Der waagerechte Teil war 1947 bereits eingebrochen. Er ist jetzt noch als Graben erkennbar und mündet in die Höhle ein. Die in der Anlage erwähnte Eiche soll 1947 noch gestanden haben. Bis 1960 ist herr Fuchs mit Schuklassen zur Höhle gewandert.

Ähnliches erzählte mir auch Herr Hansi Predatsch aus Lengenfeld u. St. 1936 haben Herr Fuchs und seine Freunde die Höhle mit einem Strick gemessen. Sie stellten um 60 m fest. Mit dem noch vorhandenen Graben und etwas Optimismus kann dies annähernd möglich gewesen sein. Als Hilfsmittel wurden bei diesen Befahrungen Sticke verwendet.

Die Menschenhöhle liegt südlich von Lengenfeld u. St. Im Kreis Mühlhausen, im Dünberg. Sie liegt im oberen Drittel dieses Muschelkalkberges. Zu Fuß ist sie zu erreichen von der Straße Lengenfeld – Faulungen aus. Ca. 400 m hinter der Ortschaft Lengenfeld in Richtung Faulungen geht man nach recht über Felder in das Waldgebiet Dünberg, Die Richtung ist zwischen dem 4. Und 5. Betonfreileitungsmast an einer kleinen Brücke 240° SW. Im Wald muss man bis zum oberen Drittel des Berges gehen. Der Eingang der Menschenhöhle befindet sich in einer kleinen Schlucht. Mit dem Kfz. Kann man die Menschenhöhle auch über Hildebrandshausen erreichen. Eine nähere Beschreibung ist zurzeit nicht möglich, da der Zufahrtsweg in direkter Grenznähe zur BRD (500-m-Schlagbaum) liegt.

Laut H. Predatsch liegt in der Nähe noch eine kleinere Höhle.

Die Höhle ist eine typische Abrissspalthöhle im Muschelkalk. Das Mundloch, in Form einer Bergspalte, befindet sich in einer kleinen Schlucht bzw. in einem Graben, anschließend verläuft die Höhle überwiegend vertikal.

Als Hilfsmittel zur Befahrung verwendeten wir ein Bergseil und eine Stahlseilleiter, die ist aber wegen zur Starken Zerklüftungen nicht gut geeignet (sehr hoher Verschleiß). Siele sind aber als Hilfsmittel angebracht. Durch Geröll und Verbruch entstanden mehrere Abschnitte und Gänge. Aufgrund von übermäßiger Nässe und Lehmschmutz musste die Vermessung beschleunigt werden und könnte am Ende ungenau sein.

Eine Nachvermessung sollte erfolgen.

Unsere Gruppe erfuhr von Bdfd. Stefan Sander, über Forstarbeiter und Herrn Walther Fuchs, also über Gespräche mit Bürgern der näheren Umgebung.

Der Gesteinstyp der Höhle ist Muschelkalk. Unsere vorläufigen Messergebnisse ergeben: 54,41 m Länge und 21.30 m Tiefe. Im Inneren der Höhle fanden wir nur Spinnen und Falter vor. Nach H. Predatsch befanden sich ständig Fledermäuse in der Höhle. Die Temperatur im Höhleninneren betrug +8° C. Es sind starke Lehmablagerungen in der gesamten Höhle. Durch die starke Nässe 1987 war die Menschenhöhle überdurchschnittlich nass und schmierig.

Höhlenfunde, welche Rückschlüsse auf die Ereignisse der Anlage geben könnten, konnten in keiner Weise gefunden werden. Verschüttungen, welche eine Weiterführung der Höhle vermuten lassen könnten, waren nicht zu erkennen.

Unterlagen und Literatur fanden wir nur in der „Chronik der Stadt Wanfried“ von 1908, siehe Anlage.

Dia Höhle wurde am 8.6.1987 von Bdfrd. Kohlmann, Sander und Sebon erkundet und am 28.6.1987 von Bdfrd.  Kohlmann, Sander, Sebon, John und Schade vermessen. Die Messungen sind aufgrund des äußerst schmierigen Bodens und der großen Nässe am Ende wahrscheinlich ungenau. Diese Angaben machte Waldemar Sebon am 20.11.1987.

Höhlen-  und Karstforschung
Gruppe „Heiligenstadt“
FG Leiter Waldemar Sebon
Bernterode, den 28.11.1987

Beschreibung und Befahrunsgsbericht zur „Menschenhöhle“ bei Lengenfeld unterm Stein“

Höhlen- und Karstforschung „Eichsfeld“
Heiligenstadt, den 25.10.1988


Die Menschenhöhle  wurde von der Fachgruppe Höhlen- und Karstforschung „Eichsfeld“ am 8.6.1987 von den Bdfd. Waldemar Sebon, Stefan Sander, B. Kohlmann, W. John und K.H. Schade befahren und am 28.6.1987 vermessen.

Hiermit muss festgestellt werden, dass die Menschenhöhle die älteste uns bekannte und schriftlich erwähnte Höhle in unserem Arbeitsbereich, dem Eichsfeld, ist. Sie fand schon um 1630-1632 Erwähnung. Ebenso gehört sie zu den fünf größten uns bekannten Abrissklufthöhlen des Eichsfeldes.

Die Menschenhöhle hat als Mundloch einen horizontalen, fast mannshohen  Einstieg von einer  knapp 7m langen Schlucht aus. Kurz hinter dem Einatieg neigt sich der Gang bis zur Senkrechten. Nach ca. 11m Abstieg erreicht man eine kleine Standfläche. Hier kann man nach zwei Seiten weiter absteigen. Der senkrechte Abstieg ist schwieriger, da er sehr schmal ist und nur mit Kaminklettern oder Seilleiter befahrbar ist. Auch der zweite Gang ist sehr steil und lehmig, Seilhilfe ist erforderlich. Nach ca. 3 m führt ein schmaler, noch nicht befahrener Schacht zur untersten Sohle. Eine zweite Sohle befindet sich in einer Tiefe von 20,18 m. Von hier führt ein enger Schluf in den untersten Gang von 21,30 m. Dies ist die bisher tiefste Stelle der Höhle. Der Gang endet nach ca. 7,5 m. In Süd/Ost- Richtung führt ein schmaler, aber hoher Spalt ca. 7,5 m, man kann dann eine Weiterführung erkennen, aber aufgrund der Enge nur schwer befahren, nach ca. 5 m scheint der Gang endgültig zu enden.

Wir stellten fest, dass die gesamte Höhle ein großer vom Bergmassiv abgetrennter Spalt in einer Breite von ca. 25 m ist. Die Gänge sind durch Verbruch, Einschüttung und nachrutschendes Gestein entstanden. Die Spaltenbildung entstand im Allgemeinen durch Spannungen im Muschelkalkmassiv, die auf rutschendes Gestein (Muschelkalk)auf dem Röt (Buntsandstein) hervorgerufen wurde.

Die Meinung, dass diese Art Höhlen sehr weit führen (bis Nahe Faulungen) u. Ä., kann von mir nicht geteilt werden, da uns Höhlen in seiner solchen Größenordnung bisher nicht bekannt sind, meiner Meinung nach der Gesteinstyp auch nicht dazu neigt, so weit zu reißen ohne einzubrechen.

Eingriffe von Menschen, die auf eine künstliche Erweiterung der Höhle schließe könnten, waren nicht  erkennbar und sind aufgrund des hohen Aufwandes in damaliger Zeit auch nicht zu vermuten.

Die Annahme, dass sich in der Menschenhöhle eine große Anzahl Menschen zur Zeit des 30-jährigen Krieges versteckt haben sollen, wird von mir folgendermaßen interpretiert:

Es könnte so gewesen sein, dass sich in jener Zeit Menschen in den Wäldern, auch um Lengenfeld, versteckt gehalten haben. Sollte der jetzige Graben vor der Höhle zu jener Zeit noch überdeckt gewesen sein, war es möglich, dass Menschen hier zeitweise Zuflucht fanden. Ein längerer Aufenthalt im tieferen Teil der Höhle ist nicht möglich (Enge, Nässe, Absturz, Kälte).

Es ist auch möglich, dass Menschen hier aufgrund von Belagerung und Verfolgung an Hunger starben und später fortgeschafft wurden. Hinweise oder Beweise hierzu sind nicht auffindbar.

Wir müssen uns also damit abfinden, dass diese Vermutungen um die Menschenhöhle im Bereich von Sagen und Legenden bleiben werden.

Trotz aller Nüchternheit und Sachlichkeit um die Menschenhöhle wird jeder naturliebende Mensch, der die Menschenhöhle befährt oder am Mundloch steht, und den ringsherum rauschenden Wald hört, sich einen gewissen Respekt und Mythos um die große Abrissklufthöhle, bewahren.

Gesellschaft Natur und Umwelt im Kulturbund der DDR
Höhlen- und Karstforschung
Gruppe „Eichsfeld“
FG Leiter Waldemar Sebon