Lambert Rummel

Natur- und Heimatforscher

Lambert Rummel

Am 7. Juni 1877 wurde Lambert Rummel in Worbis geboren.

Nach dem Besuch der Volksschule erlernte er das Bäckerhandwerk.

Sein Lebensweg brachte ihn über verschiedene Wohnstätten im Jahre 1910 nach Lengenfeld unterm Stein, wo er als Bäckermeister seine zweite Heimat fand.

Der Wissenschaft ist Herr Lambert Rummel durch seine naturwissenschaftliche Arbeit, besonders auf dem Gebiet der Entomologie, bekannt geworden. Das erforderliche Wissen hat er sich als Autodidakt erworben. Seine Forschertätigkeit begann er mit der Beobachtung heimischer Insekten und wurde fortgesetzt durch die Aufstellung biologischer Sammlungen. Gleichzeitig bemühte er sich um die Züchtung neuer Schmetterlingsformen durch Ausschluss der freien Zuchtwahl und durch Auslese. Als Versuchsobjekt wählte er einen Buchenspinner, den Nagelfleck (Aglia-tau), aus. Nach fünfjähriger sorgfältiger Auslese erzielte er eine Änderung der Farbe von rotgelb bis zum totalen schwarz. Diese Umformung erwies sich als eine erbliche Mutation. Sie hat damals in der Fachwelt großes Aufsehen erregt und wurde anerkannt. Die neue Form des Nagelfleck wurde nach Rummel benannt und erhielt die Bezeichnung: "Aglia (extrema) tau extrema Rummel".

Während seiner langjährigen Forschertätigkeit hat Herr Rummel umfangreiche entomologische und biologische Sammlungen zusammengestellt, auch Dioramen, die besonders den Schulen als Anschauungsmaterial dienen. Zum Beweis sollen folgende Empfänger aufgezählt werden:

  1. Heimatmuseum in Heiligenstadt
  2. POS Lengenfeld unterm Stein
  3. POS Worbis
  4. FDGB Ferienheim Bischofstein
  5. Das Philetische Museum der Universität Jena 1957

Herr Rummel war nicht nur experimentell als Forscher, sondern auch literarisch tätig. Seine Veröffentlichungen erstrecken sich nicht nur auf die Entomologie, sondern auch auf Geologie, Geschichte und Biologie der heimatlichen Landschaften. Er verfolgte ständig das Ziel, die Bevölkerung über den Naturschutz aufzuklären. Seine Veröffentlichungen erschienen in den Zeitungen "Das Volk", "Thüringer Tageblatt" und in der "Mühlhäuser Warte". Auch in dem vom Rat des Kreises Heiligenstadt herausgegebenen "Heimatbuch des Eichsfeldes" ist er als Autor vertreten.

In jahrelanger Arbeit hat er eine urkundlich belegte Chronik der Gemeinde Lengenfeld unterm Stein und der Burg Stein, die die Zeitspanne bis zum Jahr 1815 umfasst, geschrieben.

Als im Jahre 1948 in dem hiesigen Schloss Bischofstein ein FDGB-Erholungsheim eingerichtet wurde, hielt Herr Rummel für die Feriengäste ständig wissenschaftliche und heimatkundliche Vorträge und übernahm ehrenamtlich die Führung durch interessante Gebiete unserer herrlichen Heimat. Außerdem hat er dem Erholungsheim zwei von ihm entworfene Querschnitte durch das Erosionstal der "Frieda" und durch den Keupergraben bei Hildebrandshausen gestiftet.

Vor 1945 war Herr Rummel bereits zehn Jahre lang Mitglied des Vereins für Naturschutz und Denkmalpflege.

1950 wurde er von der Landesstelle für Vor- und Frühgeschichte als ehrenamtlicher Fundpfleger für den Bereich Lengenfeld unterm Stein und Umgebung gewonnen und eingesetzt.

Sein Verdienst ist es, dass im Jahre 1955 bei einem Neubau Abdrücke im Kornedsandstein als Fußabdrücke von Vorläufern der Dinosaurier erkannt und sichergestellt werden konnten. Es waren die die ersten Funde dieser Art auf dem Eichsfelde.

Außer dieser Tätigkeit arbeitete Herr Rummel bis kurz vor seinem Ableben trotz seines hohen Alters noch als phänologischer Beobachter für den meteorologischen Dienst.

Bei der Gründung der Ortsgruppe des Kulturbundes in Lengenfeld unterm Stein übernahm Herr Rummel aufgrund des Vertrauens der Mitglieder den Vorsitz.

Für seine großen Dienste im kulturellen Aufbau wurde er 1956 und 1957 mit der Aufbaunadel in Gold ausgezeichnet.

Seine Sammlungen und wissenschaftlichen Forschungsergebnisse stellte er ständig der Gesellschaft zur Verfügung; er sorgte für die Belehrung der Bevölkerung.

Den Großteil seiner Schmetterlingssammlung hat Herr Rummel 1960 dem Heimatmuseum seiner Geburtsstadt Worbis geschenkt.

Am 7. Dezember 1961 verschied der Natur- und Heimatforscher Lambert Rummel im Alter von 84 Jahren. Lengenfeld unterm Stein hat damit eine hervorragende Persönlichkeit verloren.

Lambert Rummel

Sein Wirken und Schaffen galt der Heimat und den Menschen, die dort wohnen. Bei all seinem Forschen, sei es auf dem Gebiet der Biologie oder der Geschichte, stellte er stets den Gottesglauben obenan. Als ich seine Chronik für mich persönlich nochmals abschrieb, trug er in dieselbe folgende Widmung ein:

"Hier siehst du im Wandel der Zeiten,
Geschlechter und Reiche
kommen und gehen.
Beständig ist Gott nur
mit seinem Werkzeug Natur."
Gewidmet vom Verfasser
Lambert Rummel

Auf seinem Grabstein steht die für ihn im wahrsten Sinne zutreffende Inschrift:

"Dem ist die
Heimaterde leicht,
der sie geliebt wie du"

Walther Fuchs

Auswahl seiner Werke:

  • „Chronik Lengenfelds und Bischofstein bis 1815“
  • verschiedene Einzelausarbeitungen zu Gebäuden und historischen Sachverhalten
  • erste vollständige Beschreibung der Grenzregulierungskarte aus dem Jahre 1583
  • Theaterstück „Zweierlei Maß“ (mehrmalige Aufführung und Verfilmung)

Anmerkung: Im November 2003 wurde die Gedenktafel zu Ehren Lambert Rummels wieder vor seinem einstigen Wohnhaus in der Hauptstraße angebracht.

Lambert-Rummel-Gedenktafel

Zum 30-jährigen Todestag von Lambert Rummel

Es gibt Menschen, die sich in hervorragendem Maße durch autodidaktische Fähigkeiten auszeichnen, weil das Gebiet, dem ihre ganze Leidenschaft gilt, von Kind auf zu ihrer Lieblingsbeschäftigung geworden war und sich ihr Glück solchermaßen auf märchenhafte Weise manifestierte. Zu diesen Glückskindern gehörte einst Lambert Rummel aus Lengenfeld unterm Stein mit seiner Heimatliebe und seinem großen Können auf entomologischem Gebiet.

Er wurde im Jahre 1877 in Worbis als Sohn eines Gerbers geboren und trat dann bei dem hiesigen Bäckermeister Knell in die Lehre. Nachdem er als Geselle seine obligatorischen Wanderjahre absolviert hatte, holte er sich ein Mädchen aus Hessen und machte sich zunächst in Hildebrandshausen, später in Lengenfeld unterm Stein selbständig. Neben seiner beruflichen Arbeit war er unermüdlich auf naturkundlichem Gebiet tätig und widmete sich besonders der Insektenkunde. Mit der Zeit gelangte er zur Anerkennung und Berühmtheit. Man kann mit Gewissheit sagen, dass die Spuren seiner Tätigkeit Bestand haben werden.

Dem am 11.12.1961 verstorbenen Bäckermeister und Naturforscher Lambert Rummel verdankt beispielsweise das Worbiser Heimatmuseum einen umfangreichen Nachlass an biologischen Sammlungen, die bereits seit Bestehen der Einrichtung das lebhafte Interesse von Laien und Fachleuten gleichermaßen gefunden haben. Unter dem Titel „Käfer und Schmetterlinge des Eichsfeldes“ wurde im Worbiser Stadtmuseum schon manche Sonderausstellung gestaltet, die allerseits einhelliges Lob einbrachte. Herr Rummel war ein anerkannter Entomologe, der bis ins hohe Alter mit namhaften Wissenschaftlern der Schmetterlingskunde seinerzeit in Verbindung stand. Sein außerordentliches Verdienst bestand darin, die Schmetterlinge und Käfer des Eichsfeldes nachgewiesen zu haben. Wir finden in den verschiedenen Kästen die vielfältigen Arten und Formen der Tag- und Nachtfalter, nützliche Insekten und Schädlinge sowie die charakteristischen Entwicklungsformen einiger Falter wie z.B. des Kohlweißlings, des prächtigen Schwalbenschwanzes, des rotgestreiften Admirals, des Nesselfuchses und des Weidenbohrers. Die Besucher stehen staunend vor dem Totenkopf mit seiner seltsamen Zeichnung, der zu den größten Seltenheiten gehört. Einige der hier gezeigten Schmetterlingsarten dürften bereits ausgestorben sein, hat schon mancher vermutet.

Ein Kasten enthält zahlreiche Käferarten vom imposanten Hirschkäfer bis zum winzigen Eschenbastkäfer. Obst- und Getreideschädlinge sind ebenfalls nicht vergessen. Eine äußerst prägnante Zusammenstellung ist dem Insektenleben am Teich gewidmet, ein weiterer Schaukasten zeigt die Entwicklungsformen des Seidenspinners, der bei uns noch bis in die jüngste Vergangenheit gezüchtet wurde und auch während des vergangenen Krieges wegen der Fallschirmseide sogar in den Schulen aufgezogen werden musste.

Selbstverständlich ist die jetzt ständige Schmetterlingsausstellung des Öfteren von interessierten Jungen und Mädchen dicht umlagert. Wenn Lambert Rummel die noch sehen könnte! Einst habe auch ich als Museumsleiter gespürt, mit welchem Eifer die eichsfeldische Jugend dabei war, sich Kenntnisse in der Schmetterlingswelt anzueignen, gibt es doch heute in freier Natur außer dem Kohlweißling und ein paar braunen Gesellen nur wenige Falter, die überlebt haben.

Der Natur- und Heimatfreund Lambert Rummel war kein einseitiger Sammler mit dem Fangnetz, obwohl er sich schon von früher Kindheit an dem gaukelnden Flug der bunten Falter erfreut hat. Er hat auch Experimente durchgeführt, die ihm bleibenden Ruhm einbrachten. Ferner hat er sich mit Züchtungen beschäftigt. Ein großer Züchtungserfolg war ihm einstmals beschieden, der alle Entomologen aufhorchen ließ, als es ihm gelang nachzuweisen, dass man die Farbe der Schmetterlinge verändern kann. Fünf Jahre setzte er eine Anzahl Buchenspanner intensiver Wärme aus und erzielte durch Auslese eine Veränderung vom hellen Braun ins dunkle Braun und schließlich in totales Schwarz. Dieses Experiment ist ebenfalls in einem Schaukasten in Worbis dargestellt. Als gelungene Ergänzung zu den heimischen, auf unseren Raum bezogenen Schmetterlingen kann man übrigens im Worbiser Heimatmuseum auch die prachtvollen Exoten des Buchbindermeisters Mädel aus Gotha besichtigen. Es handelt sich um Stücke aus Indien, den Südseeinseln und Südamerika.

Lambert Rummels Verdienste wären nicht vollständig, wenn ich nicht seine weiteren Aktivitäten nennen würde. In den 50er Jahren gab er einmal eine eigene Zeitung heraus, das „Lengenfelder Echo“, ein Blatt des Kulturbundes. Er trieb auch Studien zur Geschichte seiner nächsten Heimat, des Südeichsfeldes. In seinen Fähigkeiten war er so weit, dass er eine aus dem 16. Jh. aufgefundene Bildkarte über die Gegend an der Werra einwandfrei entschlüsseln konnte. Sie hängt ebenfalls im Worbiser Heimatmuseum.

Richard Linke
(in: „Eichsfelder Heimatstimmen“, Nr. 35/1991, S. 563-564)