Aus der Geschichte des Hülfensberges

Bereits 1740-47 bemühte sich der katholische Landgraf Christian von Hessen-Rotenburg, der seinen Sitz in Eschwege hatte, auf dem Hülfensberg, der bekannten Wallfahrtsstätte des Eichsfeldes, ein Franziskanerkloster zu gründen, das die thüringische Provinz von der hl. Elisabeth übernehmen sollte. Der Papst Benedikt XIV., verschiedene römische Kongregationen sowie der Mainzer Kurfürst und Erzbischof, Philipp Karl von Elz, setzten sich auch für den Plan ein, der aber schließlich am Widerstand des Zisterzienserinnenklosters Anrode scheiterte, welches seit 1357 das Patronatsrecht über die Hülfensbergkirche besaß und auf seine Einkünfte nicht verzichten wollte. Trotzdem machte der Fürst zahlreiche Stiftungen für den Hülfensberg und wurde auch hier 1755 begraben. 1810 wurde das Nonnenkloster Anrode säkularisiert. 1821 gingen dann die Wallfahrtskirche und die Gebäude auf dem Berg in den Besitz des Bischöflichen Stuhles zu Paderborn über, von dem aus damals das Eichsfeld betreut wurde.

Der Geismarer Pfarrer Michael König und der Kommissariatsassessor Konrad Zehrt planten seit 1838 die Gründung eines Franziskanerklosters und setzten bis 1848 Kirche und Gebäude instand. Seit 1846 wurden Gesuche an den Bischof von Paderborn gerichtet. Seit 1850 verhandelte Assessor Konrad Zehrt mit dem Provinzial der westfälischen Ordensprovinz vom hl. Kreuz, der auch für die nächsten Jahre eine Gründung zusagte. Noch 1857 wurde der Ort vom Zwischenkapitel der Ordensprovinz abgelehnt, aber der neue Bischof von Paderborn, Konrad Martin, aus Geismar am Fuße des Hülfensberges stammend, machte seinen Einfluss bei den Franziskanern geltend, indem er für eine neue Niederlassung auf dem Eichsfeld die beiden Wallfahrtsorte Hagis und den Hülfensberg zur Auswahl vorschlug. Für Hagis machte dann die Regierung zahlreiche Schwierigkeiten, und so wurde vorläufig der Hülfensberg angenommen. Am 16. April 1860 zogen 2 Priester und 2 Brüder der genannten Franziskanerprovinz im neuen Kloster ein, das allerdings zunächst eine große Armut aufwies.

Das Kloster fand in der Folgezeit zahlreiche Wohltäter in den benachbarten Dörfern. Als die Regierung den Antrag des Bischofs auf Überlassung der Kirche und des Wohnhauses in Hagis endgültig ablehnte, übernahmen Provinzial und Definitoren der Ordensprovinz auf das inständige Bitten des Bischofs das Kloster auf dem Hülfensberg als feste und ständige Niederlassung. Die Provinz, die seit 1854 rheinisch-westfälische Provinz vom hl. Kreuz hieß, da die meisten Klöster dort lagen, änderte mit Genehmigung des Generalkapitels des Gesamtordens 1862 den Namen wieder um in den Namen einer sächsischen Provinz, die traditionelle mittelalterliche Bezeichnung, da die Provinz nun wieder ein Kloster in Sachsen hatte.

Die Geschichte des Klosters

Die Franziskaner übernahmen zunächst die Betreuung der Wallfahrten, die einen blühenden Aufschwung nahmen. Auch die großen Ordensfeste wurden feierlich begangen, so 1863 die Heiligsprechung der Japanischen Märtyrer, 1864 die Heiligsprechung der Märtyrer von Gorkum, 1874 der 600. Todestag des hl. Kiechenlehrers Bonaventura. Am 6. Juni 1868 wurde die Wallfahrtskirche durch den Bischof Konrad Martin neu geweiht, da sie zahlreiche Veränderungen und Umbauten in den letzten Jahrzehnten erhalten hatte. Ca. 1867-70 wurde hinter dem Kloster eine Gemüsegarten angelegt und mit einer Mauer umgeben, der dem Kloster viel Nutzen gebracht hat. 1874 weilte Bischof Konrad Martin zum letzten Male auf dem Hülfensberg, da er wenige Jahre später in die Verbannung gehen musste und dort starb. Im August 1875 erhielt die Klostergemeinde die Mitteilung der staatlichen Behörden, dass sie ihr Kloster zu räumen hätte. Tatsächlich erfolgte am 1. Oktober 1875 die Ausweisung durch den Landrat von Heiligenstadt. P. Marzellus Oldemöll verbarg sich noch einige Jahre bei Bekannten auf dem Keudelstein, auf dem Greifenstein und in Treffurt, bis er 1878 nach Holland zu seinen Mitbrüdern ging.

1887 erfolte der Abbau der Kulturkampfgesetze. Die Provinz wollte ursprünglich wegen des Priestermangels, die meisten Ordenspriester waren nach Amerika ausgewandert, die Residenz auf dem Hülfensberg nicht wieder übernehmen, zumal die Kirche durch zahlreiche Stürme stark gelitten hatte. Der letzte Präses des Hülfensberges aber, P. Adolf Schirdewahn, trat eifrig für die Wiederbesetzung des Hülfensberges ein und vermochte schließlich den Provinzial umzustimmen. Es wurde ein Gesuch an das zuständige Ministerium wegen der Wiedereröffnung des Klosters gerichtet, und dieses stimmte unter dem 6. August 1887 der Wiedereröffnung zu. Am 21. und 22. September 1887 trafen die Ordensleute wieder auf dem Hülfensberg ein und übernahmen das Kloster. 1890-93 wurde die Klosterkirche vergrößert sowie die Klostergebäude erweitert. Eine eigene Beichthalle wurde errichtet und mit dem Kloster verbunden, ebenso das alte Nonnenhaus durch einen Gang mit dem Kloster.

Die Kirche erhielt neue Altäre, Kanzel, Fenster und Glocken. Der Hochaltar wurde zu Ehren des hl. Erlösers am 2. August 1891 vom Paderborner Weihbischof Augustin Gockel geweiht. 1895 erfolgte die Errichtung von neuen Kreuzwegstationen, 1902-03 die Erbauung einer neuen Bonifatiuskapelle auf den alten Fundamenten der Fürstenkapelle, die Wiederauffindung und Erneuerung der Landgrafengruft, die Ausstattung des Westgiebels mit Steinplastiken, der neue Kreuzaltar und die Beichtstühle. 1910 konnte das 50-jährige Jubiläum gefeiert werden. 1922 wurde eine Franziskanergrotte für den Gottesdienst im Freien vor der Westseite der Kirche errichtet. 1923 wurde die Kirche neu ausgemalt durch den Kunstmaler W. Jakob aus Würzburg, dabei wurden die erhaltenen Malereien freigelegt und die neuen den alten angepasst. 1924 wurde dann das Bonifatiusjubiläum prachtvoll gefeiert, 1933 ein großes Konrad-Martin-Kreuz errichtet. 1940 wurde dem Franziskanerkloster die Seelsorge in Bebendorf und Döringsdorf kirchenrechtlich in einer eigenen Pfarrvikarie übertragen. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben die Wallfahrten wieder einen starken Aufschwung genommen. 1954 konnte in besonderer Weise der 1200. Todestag des hl. Bonifatius begangen werden.

1960 wurde nun die Hundert-Jahrfeier unseres Klosters begangen, das sich inzwischen die Liebe der Eichsfelder Bevölkerung erworben hat.

Unsere Residenz der Franziskaner, von einem Präses geleitet, besteht meist aus 2-3 Priestern und 3 Brüdern. Sie gehört zur sächsischen Franziskanerprovinz vom hl. Kreuz, die in dieser Provinz noch 21 weitere Klöster hat.

Die Tätigkeit der Franziskaner besteht in der Betreuung der Wallfahrtskirche, in der Seelsorge für die beiden Dörfer Bebendorf und Döringsdorf, in Aushilfen auf den Eichsfelder Dörfern, schließlich in Exerzitien und Standesvorträgen sowie in der Betreuung des 3. Ordens des hl. Franziskus.

Die Klostergebäude und Kunstdenkmäler

Die Kirche hat als Wallfahrtskirche eine reiche Baugeschichte. Urkundlich wissen wir, dass 1360 eine gotische Kirche erbaut wurde. Diese hat in ihren wesentlichen Teilen bis 1890 gestanden und wurde 1890 umgebaut zur heutigen Form. Doch waren bereits 1848 die Gewölbe des westlichen Jochs ergänzt worden.

Die neue Bonifatiuskapelle von 1902-03 ersetzte die ältere Fürstenkapelle von 1716. Das sogenannte Nonnenhaus stammt aus der Barockzeit. Die eigentlichen Klostergebäude stammen aus den Jahren um 1845, wurden aber 1890-93 durch eine anschließende Beichtkapelle erweitert.

Die Ausmalung der Klosterkirche erfolgte 1923 durch den Würzburger Kunstmaler W. Jakob, der sich gut einfühlte in die freigelegten Gemälde.

Das wertvollste Stück der Wallfahrtskirche ist das sogenannte Hülfenskreuz, ein romanisches Erlöserkreuz, das eine reiche Geschichte der Verkennung und schließlichen Erneuerung um 1900 aufweisen kann. Es ist heute auf dem rechten Nebenaltar aufgestellt. Der linke Nebenaltar zeigt eine schöne barocke Marienfigur im Strahlenkranz. Die Schlusssteine der Gewölbe sind aus der gotischen Bauzeit im alten Teil erhalten. Sie stellen dar im I. Joch von vorn: Karlskopf, fünfblättriges Blatt, Rosette, im II. Joch: Pelikan, Löwe, Christuskopf, im III. Joch: Mühlhause, Mainzer Rad, Rosette. Das IV. Joch hat neue Symbole: Kreuz, Anker, Herz.

Der sechseckige Taufstein hat einige Symbole und die folgende Inschrift:
Zilgax Han zu G(roß)bortluf Gela seine E(he)hausfraw hat diesen Taufstein machen lassen a(nn)o 1613.

Auch einige Barockfiguren besitzt die Kirche, die meist Schenkungen darstellen. Mehrere Gedenktafeln weisen auf die sogenannte Landgrafengruft hin, in der einige Mitglieder der landgräflichen Familie von Hessen-Rotenburg begraben sind, die zum katholischen Glauben zurückgefunden hatte und sich eifrig für die Franziskaner in Worbis und eine Neugründung auf dem Hülfensberge einsetzte.

Eine schwarze Marmortafel am südlichen Pilaster weist hin auf den Prinzen Ernst (gest. 1681):

Ernestus, Serenissimorum Principum Caroli Hassiae-Rheinfels Landtgravii et Alexandrinae Julianae natae Comitissae de Leinigen Filius.

Bernhard Opfermann
(Quelle: „Eichsfelder Heimatstimmen“, Juli-Ausgabe 1967)