270 Jahre altes Buchen-Bauholz (Lengenfelder Pfarrhaus)

Während über die Verwendbarkeit von Buchenholz zu Dielungen und anderen Arbeiten des inneren Ausbaues, ferner zu Brücken- und sonstigen Bodenbelägen unter freiem Himmel sowie endlich zu Eisenbahnschwellen bereits ältere wie neuere günstige Erfahrungen vorliegen, so gilt doch, wie auf S. 483 u. f. des Jahrgangs 1884 d. Bl. auf Grund eines Aufsatzes des Prof. Borggreve u.a. ausgeführt wird, die Benutzung desselben als Bauholz wegen seiner geringeren Zugfestigkeit und des häufigen Auftretens von Wurmfraß bis jetzt vielfach nicht für zweckmäßig.

Wir sind, dank einer Mitteilung der Herren Landesbauinspektor Wohlfarth in Gelnhausen und Forstmeister W. Lehr, in der Lage, im Gegensatz hierzu über die ausgezeichnete Erhaltung von Buchenholz an einem alten Fachwerkshause zu berichten. Auf Grund einer genauen Untersuchung an Ort und Stelle und unter Benutzung der von dem Geistlichen, Herrn Pfarrer Großheim, gemachten Angaben aus dem Kirchenbuche haben die Genannten ein eingehendes Gutachten über das Pfarrhaus in Lengenfeld u. Stein, Kreis Heiligenstadt, abgegeben, dem wir das Folgende entnehmen:

Zu dem, abgesehen von einem jüngeren Anbau, urkundlich im Jahre 1619 erbauten zweistöckigen Hauptbau des Pfarrhauses (von beiläufig 11 m Länge und 7,5 m Tiefe) ist, abgesehen von den eichenen Schwellen, nur Buchenholz verwendet worden, Stiele, Pfosten, Riegel, Balken, Sparren sind teils aus Ganzholz (bloß beschlagenes Rundholz), teils aus Halb- und Kreuzholz hergestellt.

Es kommen Balken in Stärken von 19/24 cm, Eckstiele von 21/21 cm, Pfosten von 18/18 cm, Riegel von 15/18 cm, Sparren von 17/17 cm vor. Der bauliche Zustand des nahezu 270 Jahre alten Hauses ist ein ganz ausgezeichneter; das Holz ist meist so hart, dass man kaum einen Nagel hineinschlagen kann. Selbst an der Wetterseite finden sich nicht einmal Spuren von Fäulnis. Hin und wieder zeigt sich an einzelnen Stellen Wurmfraß, doch keineswegs in bedenklicher Weise; insbesondere kommt derselbe an den zum Teil noch mit der Rinde bedeckten Sparren nur unmittelbar unter derselben, nicht in dem eigentlichen Holzkörper vor. Nirgends finden sich auffällige Verkrümmungen oder verworfene Hölzer.

Die vorhandenen alte Kirchenrechnungen geben wohl Aufschluss über das Jahr des Baues, des Fällens und der Anfuhr der Hölzer, über den Ort, wo das Holz geholt, nicht aber über die Jahreszeit, in welcher es gefällt worden ist. So heißt es, dass Buchenholz zum Teil vom Heiligenberg bei Großbartloff, zum Teil vom Kloster Zella, das Eichenholz aus der Hohlau zwischen Kohlstädt und Büttstädt geholt worden ist. Alle diese Angaben verdankt man übrigens nur dem Umstande, dass beim Fällen und Anfahren getrunken wurde, wofür die Kosten in den Rechnungen, jedoch ohne Angabe des Datums, aufgeführt sind.

Eine nicht weniger bemerkenswerte Nachricht findet sich in einer Kirchenrechnung vom Jahre 1611. Da heißt es nämlich, dass Salz angeschafft wurde, damit die Bretter, welche zur Verschalung des Kirchturmes verwendet werden sollten, gebeizt würden. An einer anderen Stelle wird wieder ein Betrag verrechnet für Trinken, als die Bretter zum Turm gesotten wurden. Leider finden sich von diesen Brettern keine Reste mehr vor, da die letzt vorhandenen nach der Vollendung der neuen Kirche im vorigen Jahre verkauft worden sind. Die oben genannten Sachverständigen schließen ihre Mitteilungen mit dem Wunsche, dass dieselben dazu beitragen mögen, die Zweifel an der Brauchbarkeit des Buchenholzes zu Bauzwecken zu beseitigen und damit einen urdeutschen Baum vor dem allmählichen Verschwinden zu schützen.

Die geschichtliche Erwähnung der Anwendung von Salz zum Schutze von Holz gibt uns Veranlassung, auf eine, Seite 482 des Jahrgangs 1882 d. Bl. gebrachte Mitteilung zurückzuweisen. Nach derselben hat Herr Stadtbaurat Friedrich in Dresden während seiner 25jährigen Tätigkeit die von ihm errichteten Bauten wesentlich durch Anwendung von Salz vom Schwamm frei erhalten, der sonst in Dresden sehr häufig auftritt. Das von demselben beobachtete Verfahren, die am meisten gefährdeten Holzlager in nicht unterkellerten Räumen zu schützen, besteht im Wesentlichen darin, die Bettungen der Hölzer mit einer 2- 3 cm starken Schicht von Viehsalz zu bestreuen. Stadtbaurat Friedrich ist hierzu durch die Erwägung gebracht worden, dass sich erfahrungsgemäß in allen Salzlagern Fußböden und Lagerhölzer außerordentlich lange gesund und frisch erhalten.

Vielleicht gibt unsere Mittheilung über das Pfarrhaus in Lengenfeld den Lesern unseres Blattes Veranlassung, in Bezug auf das Material alter Holzhäuser Nachforschungen vorzunehmen und uns über die gewonnenen Ergebnisse zu berichten. Auch würden nähere Angaben über etwaige Erfahrungen bezüglich der Behandlung von Bauhölzern mit Salz sehr dankenswert sein.

Quelle: Centralblatt der Bauverwaltung, VI. Jahrgang 1886, Nr. 7 vom 13.02.1886
Online-Link: https://digital.zlb.de/viewer/readingmode/14688302_1886/70/