Geschichte eines Dorfes in Zahlen - Starkes Auf und Ab in der Vergangenheit von Lengenfeld unterm Stein

Im Jahre 1610 besaß Lengenfeld 112 Häuser und 6 Gemeindehäuser. Folgende Familiennamen waren damals im Dorf zu finden: Anhalt, Andreß, Börner, Behmen, Becker, Ditterich, Daumann, Dreßeler, Dinkelberg, Dinkele, Eckstein, Engel, Falk, Fischer, Freund, Franke, Friedrich, Godehard, Glimm, Groß, Grimm, Geiche, Hedderich, Hahn, Hesse, Holtzmann, Holmbach, Hupach, Hötzell, Hartinck, Hellmold, Helmbrecht, Hein, Jakob (der Müller), Insenbiehl, Kamm, Keuler, Köhler, Lorentz, Meußler, Nußbaum, Oberthür, Pudentz, Ruland, Rauschenberg, Reuß, Reuber, Richwien, Richelmann, Selzmann, Schneider, Ständer, Schlosser, Steffen, Siebold, Schlothauer, Schmidt, Steinmetz, Weingärtner, Weiso, Witzel, Weydemann, Weigand, Zinck.

Am 11. Juli 1639 wurde es von den Schweden in Brand gesteckt, 1640 aufs Neue überfallen und 1642 waren von 86 nur noch 24 Herdstätten geblieben. 1643 lag das Kirchenland (½ Hufe) unbebaut. Das waren nur einige der Leiden des Dreißigjährigen Krieges, die hier nicht alle aufgezählt werden können. Als es 1645 ruhiger wurde, kehrten viele zurück, die vor den Schrecken des Krieges geflohen waren.

Mit dem Beginn des achtzehnten Jahrhunderts ging es aufwärts. Lengenfeld gehörte zur Großbartloffer Raschmacherzunft und die Weber brachten Arbeit und Brot. Eine bisher unveröffentlichte Einwohnerstatistik Lengenfelds nennt für das Jahr 1765:

112 Feuerstellen, 2 Geistliche, 2 „weltliche gehobenen Standes“, 83 Bauern, 83 Bauernweiber, 47 Beisassen, 47 Beisassenweiber, 48 Witwen, 44 ledige Burschen über 13 Jahre, 37 ledige Mädchen über 18 Jahre, 73 Knaben von 7 bis 18 Jahren, 69 Mädchen von 7 bis 18 Jahren, 68 Knaben von 1 bis 7 Jahren, 77 Mädchen von 1 bis 7 Jahren.

Es waren im Dorfe: 1 Schuhmachermeister, 2 Schneidermeister, 2 Schmiedemeister, 1 Schreinermeister, 61 Raschmachermeister, 16 Raschmachergesellen und 3 Lehrlinge, 3 Wirte, 17 Ackerleute, 23 Dienstboten und Knechte, 20 Tagelöhner, 47 Wollenspinner, 14 arbeitsunfähige Leute.

Im Hungerjahr 1770/71 starben 152 Einwohner.

Im Jahre 1782 zählte das Dorf: 117 Häuser, 819 Einwohner. Davon waren männliche: 84 von 1 bis 6 Jahren, 58 von 7 bis 14 Jahren, 93 von 15 bis 30 Jahren, 121 von 31 bis 60 und 21 von 60 bis 80 Jahren. Lengenfeld war damals das Dorf der alten Leute: 5 Männer waren im Alter von 80 bis 100 Jahren und ebenso eine Frau! Kein eichsfeldisches Dorf hatte damals so viele über Achtzigjährige!

Weibliche Einwohner waren im Dorfe: 103 von 1 bis 6 Jahren, 54 von 7 bis 14 Jahren, 120 von 15 bis 30, 126 von 31 bis 60, 33 von 61 bis 80 und die schon genannte Frau über achtzig Jahre.

Im Jahre 1802 finden wir dann 1104 Einwohner und 142 Feuerstellen (wovon 113 Gerechtigkeitshäuser waren).

1837 sind in Lengenfeld 160 Wohnhäuser mit 203 Ställen und Scheunen und 3 Gemeindehäusern, 1283 katholische und sechs evangelische Einwohner, der Sitz einer Domänen-Rentmeisterei und Forstkasse, 1 Unterförster und eine Schule mit einem Lehrer, der 147 Knaben und 107 Mädchen zu unterrichten hatte. Damals gehörte zu Lengenfeld das Domänen-Erbpachtgut Bischofstein. Es waren im Dorfe: 4 Schankwirte, 3 Krüge, 4 Musikanten, 12 Victualienhändler, 1. umherziehender Krämer, 2 Bäcker, 1 Fleischer, 8 Schuhmacher, 1 Riemer, 2 Schneider, 2 Tischler, 2 Stellmacher, 2 Böttcher, 3 Maurer, 2 Ziegeldecker, 2 Töpfer, 2 Glaser, 2 Grobschmiede 3 Kalkbrennereien, 2 Ziegeleien, 4 Mahlmühlen mit 4 Gängen, 4 Ölmühlen, 47 Wollen- und zwei Leinenstühle, 2 Schönfärber, 4 Hausschlachter, 2 Weißbinder, 2 Besenbinder, 3 Barbiere, 1 Bierbrauerei, 1 Essigbrauerei, 3 Gipsbrennereien, 1 Fellhändler, 1 Lumpensammler, 11 Knechte, 12 Mägde, 2 Mädchen.

Die Flur hielt damals mit Bischofstein 3728 Morgen (1492 Artland, 43 Gartenland, 95 Wiesen, 1834 Waldung, davon 1521 königlicher und 313 Morgen Gemeindewaldung), 262 Morgen waren Wüstland.

Die damalige Statistik schreibt: Das Dorf Lengenfeld liegt im Tal der Friede, von bunten Sandsteinbergen umgeben. Der Boden besteht aus Sand und Gröde, meist trocken. Klima kalt. Dreifelderwirtschaft mit besömmerter Brache. Ertrag gering. Wiesen ziemlich ergiebig, etwas Gemüse-, mehr Obstbau. Die königlichen Waldungen sind Laubholz, Hoch- und Niederwald (220 Kl. und 30 Schock Wellen jährlich). Die Privatwaldung ist Niederwald. Viehbestand: 60 Pferde, 154 Rindvieh, 534 Schafe (2 ganz-, 250 halb-, 282 unveredelte), 88 Ziegen, 104 Schweine, etwas Fischerei (Forellen).

Die Einwohnerzahl Lengenfelds stieg weiter: 1905= 1295, 1925= 1514 und 1933 zählte Lengenfeld bereits 1708 Einwohner. Es gehörte zu den Eichsfelddörfern, die an einer Bahnlinie liegen und keinen Einwohnerrückgang im 19. Jahrhundert zu verzeichnen haben. Von der Wanderarbeit blieben die Einwohner nach dem Niedergang der Weberei trotzdem nicht verschont. 1922 arbeiteten 120 Männer und 4 Frauen in auswärtigen Zuckerfabriken, 16 Männer an anderen auswärtigen Arbeitsstätten. Das waren 9,6 Prozent der Gesamtbevölkerung! Außerdem lebten noch 33 Männer und 7 Frauen vom Hausiergewerbe.

– Lengenfeld ist heute ein schmuckes Dorf, das sogar eine eigene Dorfzeitung hat und vielen Urlaubern auf dem Bischofstein Erholung bietet.

Walter Prochaska
(Quelle: „Eichsfelder Heimatborn“ Nr. 50 vom 12. Dezember 1959)