Wilhelm Ripke: Einreisebestimmungen in die 5-km-Sperrzone im Eichsfeld (1962)

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Als Helmut v. Hartrott im Sommer 1945 aus der Nazigewahrsam, das er sich durch seine politische Andersgläubigkeit zugezogen hatte, mit seiner Schwägerin zusammen nach Bischofstein kam und wir die Freude hatten, sie einige Tage bei uns aufzunehmen, brachte er auch einen Teil seiner Möbel mit, von denen einige besondere Schmuckstücke den Treppenflur des sogenannten alten Schlosses

zieren. Ob er sie jemals wiedersehen wird, erscheint einstweilen bei der Grenzabriegelung sehr fraglich.

In Helmuts Weihnachtsbrief findet immer wieder seine Hoffnung bewegten und bewegenden Ausdruck, ob es ihm nicht doch bald möglich sein wird, Bischofstein wiederzusehen. Leider muss ich ihn darin herb enttäuschen und da es häufig vorkommt, dass auch andere Bischofsteiner Kameraden sich dieser Annahme hingeben, sind die hier folgenden Mitteilungen für alle wissenswert:

1. Einreisegenehmigungen in die 5-km-Sperrzone gibt es weder für Bewohner der Bundesrepublik noch für Ausländer. Auch Bürger der DDR erhalten diese Erlaubnis nur in seltenen Ausnahmefällen zum Besuch von Verwandten ersten Grades (siehe meine Eintragung über Friedel).

2. Eine Aufenthaltsgenehmigung zum Besuche von Verwandten ersten Grades, die in der DDR, aber nicht in der Sperrzone beheimatet sind, wird auf Antrag seitens der Verwandten erteilt.

3. Bewohnern der Bundesrepublik kann tageweise der Besuch von Ostberlin gestattet werden (vgl. meine Eintragung bei Frau Natorp).

4. Wir können jederzeit alle Teile der DDR, mit Ausnahme der Sperrzonen, bereisen. […]


Dr. Wilhelm Ripke
(Quelle: „Bischofsteiner Chronik“, Weihnachten 1962, S. 8 – 9)