Was bedeutet Bischofstein für das Obereichsfeld?
Mancher von denen, für die Bischofstein Heimat geworden ist, wird sich verwundert fragen, welcher Zusammenhang zwischen Bischofstein und dem Eichsfeld soll denn da bestehen? Wir kannten doch nur die Lengenfelder, haben uns vertragen oder auch nicht vertragen, wie es eben jeder Einzelne damals verstand. Mit den Lengenfelder Jungens vertragen wir uns auch heute noch nur „mehr oder weniger“. Noch heute gießen manche von uns ihnen kalten Kaffee auf die Mütze, wenn sie die unermüdliche Elektrizitätsmaschine durch das Fenster betrachten, und noch heute schmeißen sie uns dafür die Fenster ein. Das ist also immer noch wie früher.
Fortschritte sind aber doch zu verzeichnen. Eine Segelflugmodellgruppe, der Herr Pillhatsch und Gerd Hinder mit Meisterschaft vorstehen, ist aufgemacht worden. Die ältesten und neuesten Rezepte für Flugzeugbau werden ausgeprobt und hier arbeiten auch eine ganze Reihe Jungens aus dem Dorfe mit. Das Geld für das Material muss jeder selbst sich vom Taschengeld absparen. (Stiftungen werden nicht zurückgewiesen!)
Freitags erscheinen manchmal die mahnenden Gesichter von Rpk. und Herrn Hoffmann, die sich über den gewaltigen Lärm während der Arbeitsstunde beklagen, den 40 Lengenfelder Jungvolkjungens in der Turnhalle vollführen. So beginnen sich also Spuren der Zusammenarbeit mit dem Dorf abzuzeichnen.
Bei den Erwachsenen ist diese Zusammenarbeit leichter. Mehrere Male in der Woche sieht man einen rundlichen Herrn, den ein breites Amtswalterkovvel umschlingt, den Berg hinabtraben, das ist der Propagandaminister von Lengen-feld, der „dicke Belitz“. Vorträge über Vorgeschichte, Vorbereitungen von Festen sind seine Spezialität. Mit Würde und Verantwortungsbewusstsein gibt er den Primanern Anweisungen zur Anfertigung von Werbeplakaten für Parteiversammlungen, die dann von unserer HJ im Dorf angeschlagen werden.
An manchen Abenden verlässt ein donnerndes Motorrad unsere Feste, um unter der sicheren Hand Herrn Keublers nach Kella, Pfaffschwende oder Wiesenfeld zu fahren. Auf dem Sozius sitzt leicht verängstigt „Mäuschen“ mit einem großen Koffer, in dem das ganze chemische Labor verpackt ist. Beide halten dort oben in der „buckligen Welt“ Kurse über Luftschutz ab. Sie treffen dort häufig die Bischofsteiner Jungvolk- und Hitlerjugendführer, die ebenfalls ihre Fahrapparate bestiegen haben und wie jede Woche 15 bis 20 km gefahren sind, um in einem der Dörfer Dienst abzuhalten.
Noch ein anderes Paar tüchtiger Streiter für das Dritte Reich dürfen nicht vergessen werden, das sind die beiden SA-Männer von Bischofstein. Diensteifrig sind sie immer zur Stelle, wenn sie befohlen werden. Spezialisten sind sie auf dem Gebiet der Alteisensammlung. Mit vielem Hüh und Hott fuhren vor kurzem „Meister Runge“ und Herr „Zielstrebig“ mit einer gepumpten Kuh von Tür zu Tür und sammelten alte Betten, Sofafedern und Töpfe.
All diesen Bischofsteiner „Außenarbeitern“ wird ihre Mühe durch das große Entgegenkommen von „Erpeka“ (Abkürzung für den Internatsleiter Ripke) erleichtert. Für Vorträge gehen unsere Apparate ins Land, die Turnhalle und der Sportplatz stehen der HJ und KdF zur Verfügung, wo Herr und Frau Hoffmann die Lengenfelder etwas heftiger als sie es gewöhnt sind, bewegen. Für Unterkunft, Verpflegung, Stroh usw. bei Führerschulungen sorgt die „Siepka“. Im Sommer waren 28 erholungsbedürftige Jungs aus den Gothaer Flugzeugwerken hier oben. So könnte man vieles erzählen.
Bischofstein ist also sehr stark mit dem Eichsfeld verbunden. Ein großer Teil der politischen Arbeit für dies Gebiet wird hier geleistet und so konnten wir auch bei einem kurzen Besuch des Kreisleiters mit Berechtigung und Stolz darauf hinweisen, dass Bischofstein keine Insel ist, an der das Geschehen der Zeit aufhört, sondern dass wir aktiv am Aufbau im Eichsfeld beteiligt sind.
Heinz Borges
(Quelle: Bischofsteiner Chronik, unbekannter Jahrgang)