In memoriam: Walther Fuchs (1918 – 1995) - Eine Würdigung seiner ehemaligen Mitschüler des Internates Schloss Bischofstein

Am 21. September 1995 ging der Lebensweg eines Mannes zu Ende, der wie kein anderer mit Bischofstein verbunden war. Er hatte als Einziger das Idol unserer Jugend täglich vor Augen und erlebte seine Blütezeit und seinen Niedergang. In der Uni-Klinik in Göttingen verstarb Walther Fuchs im Alter von fast 77 Jahren.

Am 13.10. 1918 als Sohn des Lengenfelder Schuhmachermeisters August Fuchs geboren, besuchte er zunächst die Grundschule seines Heimatdorfes und war anschließend sieben Jahre lang (1931 – 1938) bis zum Abitur unser Mitschüler.

Dr. Ripke hat sich um die Ausbildung des vielseitig interessierten Jungen besondere Verdienste erworben.

Walther war, obwohl „Externer“, als guter hilfsbereiter Kumpel und hervorragender Sportler bei allen Bischofsteinern sehr beliebt.

Es folgte der übliche Weg junger Männer seiner Zeit: Reichsarbeitsdienst und Einberufung zu den Kradschützen in Langensalza. Obwohl nach einem schweren Verkehrsunfall nicht felddienstfähig, meldete er sich freiwillig zum Fronteinsatz. In Russland wurde er vielmals schwer verwundet. In verschiedenen Lazaretten wurde er wieder zusammengeflickt. Der Körper blieb übersät mit tiefen Narben, die rechte Hand musste durch eine Stützprothese geschient bleiben.

Am 14. Oktober 1944 konnte er seine Else zum Altar führen. Die frohsinnige Tochter des Lengenfelder Bahnhofsvorstehers Günther bot ihm eine glückliche Ehe, die durch die beiden Söhne Helmut und Günther gesegnet war.

Bei Kriegsende kehrte der hochdekorierte Leutnant, der zuletzt im Lazarett Eschwege behandelt wurde, in sein Heimatdorf zurück. Er erlebte die einrückenden Amerikaner und bald darauf die sowjetische Besetzung.

Die niedergehende, schließlich unüberwindliche Grenze quer durch das Vaterland bedeutete für die Menschen in der 5-km-Sperrzone eine bittere Abschirmung von allen Freunden und härteste Bedrängnisse und Nöte, die Walther später in der Dokumentation „Ein Dorf an der Grenze 1945 - 1989“ für die nächste Generation wachhielt.

1946 erhielt Walther eine Anstellung als Lehrer an der Oberschule in Lengenfeld. Er war ein begabter Pädagoge, der den ihn anvertrauten Kindern zu einem guten Allgemeinwissen verhalf.

Als Mitbegründer und langjähriger Vorsitzender des Lengenfelder Sportvereins förderte er auch die sportliche Ausbildung dieser Gemeinschaft. Allerdings kam der tiefgläubige Mann in große Schwierigkeiten mit der Schulbehörde, die von ihm eine Erziehung der Jugend in Richtung auf die atheistische Staatsideologie verlangte.

Er war schließlich froh, als man ihm 1972, unter Berücksichtigung seines Kriegsleidens Schwerhörigkeit, den Übergang in den Ruhestand genehmigte. Jetzt fand er Zeit, sich intensiver seinen Studien für die Gemeinde­ und Kirchenchronik Lengenfelds zu widmen.

Engen Kontakt hielt Walther immer mit Ripkes. Bei seinem Weggang 1963 vertraute ihm Dr. Ripke wichtige Akten wie alte Chroniken, Bilder und Zeugnisse früherer Schüler an. Trotz strenger Bestimmungen bezüglich von „Westkontakten“ blieb Walther weiterhin Mittler zwischen den Bischofsteinern in Ost und West.

1987 konnte er erstmals an unserem Treffen in Wanfried teilnehmen. Er brachte ein in seiner klaren Druckschrift in Wort und Farbbild prachtvoll gestaltetes Album „Aus der Chronik von Schloss Bischofstein 1947 – 1984“ mit, dem ein weiterer Bildband 1988 folgte.

Bei unserem ersten Treffen nach der Wende, 1990, das uns ein begeistertes Wiedersehen mit unserer alten Schule ermöglichte, gedachten wir auf dem kleinen Bergfriedhof dankbar, dass Walther und Else Fuchs dort jahrelang die einsamen Gräber gepflegt hatten. Am Festabend übergab Wolfgang v. Scharfenberg Walther die Goldene Ehrennadel für die Verdienste, die dieser sich für Bischofstein erworben hatte.

Anfang September 1995 besuchte Walther Fuchs wegen Luftbeschwerden das Sanatorium in Lenglern bei Göttingen. Bei einer intensiven Untersuchung stellten die Ärzte einen kleinen Lungentumor fest und empfahlen eine baldige Operation. Diese verlief erfolgreich und Frau Else konnte ihren Mann voll Zuversicht verlassen. Zwei Stunden später heimgekehrt, wurde ihr telefonisch mitgeteilt, dass Walther an Herz-Kreislauf-Versagen verstorben sei.

An der Beerdigung des beliebten Mannes nahm fast das ganze Dorf teil, von Bischofsteinern Wolfgang von Scharfenberg, Heinz Ehrenberg und Herbert Töpfer. Das Sterbeamt zelebrierte in der überfüllten Marienkirche in Lengenfeld gemeinsam mit dem Ortsgeistlichen Lothar Förster der aus Wesseling herbeigeeilte Pfarrer Lothar Maßberg.

Bevor der Sarg unter Teilnahme fast der ganzen Bevölkerung in die heimatliche Erde gesenkt wurde, hielt für die Bischofsteiner Wolfgang von Scharfenberg eine Gedenkansprache für den bescheidenen, liebenswerten Schulkameraden und legte einen Kranz mit den Bischofsteiner Farben nieder. Die Gemeinde hatte schon vorher ihrem Chronisten posthum die Ehrenbürger-Würde verliehen.

Walther Fuchs wird eine große Lücke hinterlassen, nicht nur für seine liebe Frau und die ganze Familie, der unsere herzliche Teilnahme gilt, sondern auch für die Menschen im Dorf.

Rührend war immer zu erleben, wie bei seinen Gängen die Kinder „Onkel Walther“ herzlich begrüßten. Auch die alten Bischofsteiner werden diesen stillen, stets hilfsbereiten Menschen sehr vermissen.

Das „Rundschreiben“ dankt dem Verstorbenen für die vielen wertvollen Beiträge zur Geschichte und der landschaftlichen Schönheit des Obereichsfeldes sowie für die Zusammenstellung der Gefallenen und Vermissten beider Kriege.

Autor: unbekannt
(Quelle: „Bischofsteiner Rundschreiben“, Weihnachten 1995, S. 11 – 12)