Vom Hülfensberg
In alten Zeiten, als unsere Vorfahren noch in heiligen Hainen, an Quellen und auf den Höhen der Berge ihre Götter verehrten, war der Stuffenberg, so hieß der Hülfensberg bis ins 14. Jahrhundert hinein, eine germanische Kult- und Opferstätte. Dieser inmitten bewaldeter Höhenzüge aufragende Berg bietet eine herrliche Aussicht nach allen Seiten. Er ist uraltes Siedlungsgebiet. Davon zeugen eine vorgeschichtliche Wallburg und ein heute noch teilweise erhaltener Wallgraben. Hier verehrten die Germanen wahrscheinlich ihren Wettergott Donar. Diese Vermutung wird bestätigt durch die große Menge Asche, die man 1890 beim Bau des jetzigen Chores der Wallfahrtskirche in einem Bergspalt zwischen Chor und Kirche entdeckte. Ob es sich dabei um Opferasche oder Totenasche gehandelt hat, bleibt ungeklärt. Mit Vorliebe begruben unsere germanischen Vorfahren ihre Toten in der Nähe der Götter, ein Brauch, an den die alten christlichen Friedhöfe unmittelbar neben den Gotteshäusern erinnern. Später ist aus der heidnischen Kulturstätte eine christliche geworden. Das war durchaus nichts Ungewöhnliches. Denn gern erbauten die christlichen Glaubensboten der Frühzeit gerade dort Kirchen und Kapellen, wo vordem germanische Götter verehrt wurden. Auf dieses Weise sollte den Neubekehrten der Besuch der gewohnten Stätten nicht genommen werden, zum andern aber wollte man die Ohnmacht der alten Götter beweisen. So erhielt sicher auch der Hülfensberg in sehr früher Zeit schon ein Gotteshaus und dieses wurde die erste Pfarrkirche für die Gegend. Gleichzeitig aber wurde die Höhe des Berges auch Begräbnisplatz für die umliegenden Dörfer. Eine Wall- oder Fliehburg blieb der Hülfensberg auch im Mittelalter. In kriegerischen Zeiten fanden die Bewohner der Nachbardörfer hier Schutz gegen Überfälle und Plünderungen. So ist es vorgekommen, dass die Bewohner ganzer Dörfer Jahre hindurch auf dem Berge wohnten, wenn ihre Häuser durch Kriegseinwirkungen zerstört worden waren. Es ist daher verständlich, wenn eine solche Vergangenheit die Fantasie der umwohnenden Bevölkerung zu vielerlei und verschiedenartigen Geschichten anregte. Hinzu kommt, dass der Vorstellung des Volkes der hl. Bonifatius auf dem Berge die Donar-Eiche gefällt und das erste Gotteshaus gegründet haben soll. Grund genug, seine Person in der eichsfeldischen Geschichte zu "verankern" und ihm in vielen Legenden und Sagen ein Denkmal zu setzen. Aber auch die Orte der Umgebung haben ihre Geschichten, die an langen Winterabenden erzählt wurden. Sie sollen sich an das Erzählgut um den Hülfensberg anschließen und mit diesem zusammen als Sagengut des Südeichsfeldes verstanden werden.