Vermutungen zum Frauenstein von Aloys Höppner

3 Morgen Land in Flur Lengenfeld „beim Frauenstein“ zinsen der Georgs-Kapelle in Bischoffstein (Saalbuch S. 315). So heißen noch heute Grundstücke am Eingange des Bulschtals links an der Hageliete, wo einst der Stein stand, den um 1884 Pfarrer Großheim von Höppensems in der Keudelsgasse, um 50 Pfennige erstand und in die Kirchhofsmauer einsetzen ließ. Unter dem in frühgotischer Linienführung eingemeißelten Bilde des Gekreuzigten stehen Maria und Johannes, unten rechts und links je ein Wappenschild deuten auf das Grabmal einer Frau. Offenbar ist der Stein ein Fragment, die untere hälfte ist laut Aussage des Zimmermeisters Busse unter der Diele der alten Schmiede eingemauert. Eine Steinkugel von 60 cm. Durchmesser liegt noch auf dem anstoßenden Gehöfte (Fischer), lag bis etwa 1840 vor dem Frauenstein. Der Sage nach wurde das Fräubchen von England, als es mit drei Kutschen reiste und zur Sicherheit in der unansehnlichsten saß, an dieser Stelle vom Bischofsteiner Vogt mit silbernem Pfeil getroffen - Faulunger Fassung - nach einer anderen Version bei der unweit gelegenen Hagemühle vom Pferd geschossen und von der Frau Hagenmüller mit dem Waschbrett erschlagen - Wendehäuser Fassung - bezw. mit dem verwundeten Pferde zusammenbrechend, hier eingeholt und niedergemacht. Beim Frauenstein begann der oben erwähnte Burgweg, verlief durch Bulschtal, das Riet (Fahrenriet), Uhlenstein (Ulmenstein) im Bogen nach Osten ausholend bis zur Burg Stein.

Im Hessen wird das Fräubchen als Kindermörderin geschildert, in Geismar wird es bei der „halben Frau“ am Wege zur Entenmühle von Pferden gerissen, in Faulungen ist es eine Zella’sche Nonne, die fliehend die Klosterschranne hinabspringt; der Engländer wird in Döringsdorf am Hülfensberge ermordet. Der im ganzen Südeichsfelde und anstoßenden Hessen verbreiteten, allerorts abgetönten Sage muss ein historischer Kern zugrunde liegen. Man schloss auf den englichen König Richard Löwenherz, der, vom Kaiser geächtet, durch Mitteldeutschland flüchtet, oder auf den Winterkönig Friedrich von der Pfalz, dessen Frau eine englische Prinzessin war. Mehr Anhaltspunkte finden sich im 9. Jahrhundert, in dem Engländer, Skandinavier in hiesiger Gegend auftreten.

Die auf der Werra und Fulda vordingenden Normannen werden von den Sachsen unter Siegbert VI. und später um 850 von den Sachsen und Bayern geschlagen, zuweilen auch durch Tribut beschwichtigt. Die von Buttlar Schloss Buttlar gebaut und das Flüsschen Alster nach ihrer heimatlichen Alster genannt haben. Buchard von Buttlar habe die Burg Treffurt errichtet und ihn in Erinnerung an seine Abstammung den Naen Normannstein beigelegt. Die von Buttklar (noch anfällig am Fuße des Brandenfels beim Gestüt Altefeld im Ringgau, sich früher von Treffurt schreibend) waren ehedem Herzöge der Normanie. Bualthous war 1. Mundschenk König Heinrichs I. von England, daher „Boeteler“ Kellermeister genannt. (Vergl. D. Krügel, Geschichtliches und Sagenhaftes vom Brandenfels, Verlag Engelhardt-Eisenach.)

In jener Zeit waren Zerstörungszüge von Ausländern denkbar, auch bestand vor der Burg Stein eine Wallburganlage das „nyderste Hus“, Bild und Inschrift des Frauensteins sind jedoch aus späterer Zeit. Die Erwähnung des Hülfenbergdorfes gibt der Vermutung Raum, einer der vielen zum Stouffenberge pilgernden Seeländer (vielleicht aus dem Engernlande) sei hier ausgeraubt worden. Mit den im 13. und 14. Jahrh. einsetzenden Wallfahrten der Seeländer stände die Grabschrift in Einklang, auch die zahlreichen Wüstungen des Amtes Bischoffstein entstanden in dieser Zeit, ausgeschlossen ist jedoch, dass Ausländer im damaligen Deutschland solche Verheerungen, wie die Sage wahrhaben will, anrichten konnten.

Die staatlich bestellen Denkmalspfleger werden gebeten, gemeinsam mit den Ortsbehörden die zerstreuten Teile des Frauen-Grabmals zu sammeln und an den ursprünglichen, durch Nachgrabungen näher zu bestimmenden Standort zurückzuversetzen. Grund und Boden müssten unter staatlichen Schutz gestellt werden.

Aloys Höppner
(Quelle: "Amt Bischofstein – Südeichsfelder Land und Leute")