Uff dr Kluft bebber dr Fülung (Gedicht, 1933)

Sitz ich oben uff dr Kluft,
se-ihe ungen mine Häimte,
ebbern Hissern Dammerluft,
as mich‘s sö, als wann ich träimte. –


Verzig Johre sin wie wagk,
un mi Vaoter het si Jungen
haargefuhrt uffs salbe Flack,
wiest am‘s Vaoterhüüs dort ungen.


Kerchen, Schulen un de Bricken
un de Nappershisser all,
Lingeniewer, Ze-ihbornslicken
un wie‘s Wasser fleeßt derchs Daol.


Baje rings un Faid un Holz!
's waor vaam Ke-ind wie Offenbaorung,
‘s fühlte waos wie Häimaotstolz,
sach sin Häimte in Verklarung.


Un jetzt singt un schuucht das Junge,
– klung‘s nit wie ä Larchenlied?

„Mutter! Mutter!“ reeft a nunger …
Dach se heert‘s nit. ‘s äs zü wiet. –


Werr wie äinst ver verzig Johren
se-ih ich all de Herrlichkäit.
Abber ich gück träumverloren,
‘s griff mich aon wie Ewigkäit.


„Vaoter! Mutter! kimmt mich‘s Reden …
– Heeren‘s nit, es äs zü wiet,
schloofen laingst im Kerchhofsfreeden,
uns trennt Ewigkäit un Ziet.


Heinrich Triebetröst (Dr. Christoph Völker)
(Quelle: (Aus: „Eichsfelder Volksblatt“, Jahrgang 1933)

 


Worterklärungen

  • Kluft ist die südliche Felswand des Steins, unter der Faulungen liegt.
  • Lingeniewer (Lindenufer) und Ziehborn heißen zwei Ortsteile in Faulungen.
  • Ze-ihbornslicken ist eine Weglücke im Zaun am Ziehborn.