Osterbräuche aus der alten Zeit
Zur Palmweihe am Sonntage vor Ostern verwandte man Weidenruten mit blühenden Kätzchen. Bei schweren Gewittern wurden Stückchen davon ins Herdfeuer geworfen. Geweihte "Palmen", in Kreuzesform ans Scheunentor genagelt, gaben der Bitte um Gottes Segen über Haus und Hof symbolischen Ausdruck. Auch an Maria Lichtmess und in der Sterbestunde holte man die geweihten "Palmen" herbei. Am Gründonnerstage gab es Grünkohl (Wirsing) zum Mittagessen. An diesem Tage ließen Pfarrer und Lehrer die Ostereier einsammeln. Es handelte sich dabei um einen alten Zins, der bis zum Beginn des 2. Weltkrieges erhoben wurde. Am Karsamstagmorgen vor Beginn des Gottesdienstes wurde auf dem Kirchplatze ein Osterfeuer angesteckt und von morschen Grabkreuzen und altem Kirchengerümpel gespeist. Die Kinder nahmen von der Kohle mit nach Hause und machten damit Kreuze an die Stalltüren. Man hoffte, das Gehöft samt Menschen und Vieh in diesem Jahre gegen alles Unheil gefeit zu sehen, namentlich gegen Blitzgefahr. Bei schweren Gewittern legte man ein Stückchen der Kohle ins Herdfeuer. An weit sichtbaren Stellen der Feldflur brannten am Abend vor Ostern ebenfalls Feuer, zu denen die Schuljungen wochenlang vorher Holz gesammelt hatten. Die Anwesenden sangen religiöse Lieder, zu denen auch: "Großer Gott wir loben dich" gehörte. Am 1. Ostertage erhielten die Kinder von Eltern und Taufpaten Ostereier geschenkt, die mit Zwiebelschalen, schwarzem Kaffee oder grüner Saat gefärbt waren. Die Schulanfänger erhielten von ihren Taufpaten eine Schultafel und einen Anzug, bzw. ein Kleid geschenkt. Am 2. Ostertage fand in früheren Zeiten alljährlich im Rahmen einer feierlichen Prozession der Flurritt statt. Anschließend wurde den reitenden Teilnehmern auf Kosten der Kirchenkasse ein Trunk gespendet. So heißt es z.B. in der Kirchenrechnung von 1595: "Den Flurreutern uff den Ostermontag zum Drinken geschenkt. 18 Schneebgr."
Zur Geschichte des Flurreitens ist zu bemerken: 1666 führte die Äbtissin Klara Zwingmann auf Teistungenburg den alten Brauch wieder ein, der während der Nöte des 30jährigen Krieges unterblieben war. -Die Kirchenordnung von 1669, die das Reiten in den Prozessionen verbot, lässt immerhin auf eine alte, fest eingewurzelte Gewohnheit schließen. 1713 versuchte Bickenriede, und 1717 Dingelstädt und Silberhausen, den alten Brauch wieder einzuführen.
In der Eingabe der Bickenrieder heißt es: "... daß jedes Jahr uff dem hl. Ostermontag eine Prozession zu Pferd und unstrafbar erlaubt gewesen. Sie hätten jedesmal mit Betten und Singen ihre Andacht verrichtet und so wohl effektuiert, daß unsere lieben Früchten jedes Mal conserviert worden sind." Da sie aber seit 20 Jahren verboten, hätten "allerlei Mißwachs als auch schwere Ungewitter" ihrem Felde großen Schaden zugefügt.
Die Mainzer Kanzlei war schon so volksfremd geworden und in der Aufklärung erstarrt, dass sie das Gesuch überhaupt nicht verstand und die Rückfrage stellte, was es denn mit dieser Pferdeprozession für eine Bewandtnis habe. Die Heiligenstädter Stadthalterei empfahl darauf entschiedene Ablehnung; sie ging sogar noch weiter und empfahl die Unterdrückung der Osterfeuer im ganzen Land "wegen der dabey vorgehenden Leichtfertigkeit".
Am 3. Ostertage zogen Burschen und Mädchen auf den Diemberg (Dünberg) in die "Gänsedallen", um sich bei einem Fässchen Bier mit Tanzen und Singen zu vergnügen. Vielleicht ist dieser Brauch der Ausklang einer alten Frühlingsfeier.