Lengenfelder „Wanerwark“
Unsere Großeltern erzählten uns noch folgende Wanergeschichten:
Das Waldmännchen
Die Furcht der Bauern, am 2. Januar nicht in den Wald zu fahren aus Angst vor dem Waldmännchen, soll folgenden Ursprung haben:
In den 12 heiligen Tagen und Nächten der Germanen, die um ihr Julfest lagen, war der 2. Januar der Tag, wo in Wald und Feld die Arbeit ruhen sollte. Das Feld, besonders aber der Wald, waren den Germanen heilig. Wer am Waldmännchenstag die Ruhe in Feld und Wald störte, hatte die Rache der Waldgeister, Waldmännchen, Gnomen und Zwerge zu fürchten. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts war hier die Sitte, dass kein Lengenfelder Bauer in den Wald fuhr, um nicht Schaden zu erleiden an Achsen, Rad und Deichsel, an Leib und Leben von Mensch und Tier.
Der wilde Jäger
Wenn es in den Winternächten in den Wäldern stürmte und brauste, erzählten uns die Vorfahren, das wäre die wilde Jagd, die mit Pferden und Hunden durch die Lüfte brauste. Dies ist wohl ebenfalls auf den germanischen Götterglauben vom Wotan zurückzuführen.
Der Schnapphanjesmann
Unsere Vorfahren erzählten vom Schnapphannjesmann und Schlapphannjesmann:
Nach dem 30jährigen Kriege wurde ein Landsknecht, genannt Schnapphahn, vom Bischofsteiner Vogt erwischt, als er in eine Schafherde einbrechen wollte, und hat ihn auf der Stelle tot geschlagen. Seinen Leichnam habe er mit dem Fuß auf Effelderschen Grund gestoßen und dabei gesagt: "Begrabt den Ramsack auf eurem Grunde". (Seit dieser Zeit heißen die Effelderschen "Ramsäcke".)
Sie begruben den Leichnam bei einer Buche, die am Waldausgang nach Effelder links am Wege stand. Danach hieß die Buche: Schnapphannjesbuche.
Vom Schlapphannjesmann wird Folgendes erzählt:
In der Nähe dieser Buche befinden sich Hecken, welche im Volksmunde "Spinnhecken" genannt werden. Beim Passieren dieser Stelle soll sich etwas Schweres auf die Schultern der Passanten legen. Diesen Druck soll ein Mann ausüben, der sich von den Passanten schleppen lässt. Er weicht nicht eher, bis man das Dorf, entweder Lengenfeld oder Effelder, erreicht.
Daher der Name Schlepphannjes - Schlapphannjes.
Der Siebenackersmann/(Zehnackersmann)
Der Sieben- oder Zehnackersmann war ein Bauer, der durch Grenzsteinversetzen oder Abackern der Landfurchen vom Nachbarn seinen Landbesitz vergrößerte. Zur Strafe dafür musste er nach seinem Tode diese Ländereien des Nachts umwandern, weil er wegen seiner Untat im Grabe keine Ruhe finden konnte.
Irrwische und Irrlichter
Irrlichter waren leuchtende Sumpfgase auf den Wiesen an der Schwarzen Brücke und der Drecksbrücke. Irrwische waren im Wald im Wald zu sehen. In Wirklichkeit waren es faulende Stamm-Enden von abgesägten Bäumen, die Glummer– oder Glimmerklötze genannt wurden.
Der Wasseresel
Über den Wasseresel sind auf unsere Rundfragen keine Antworten eingegangen.
Wir können nur annehmen, dass es eine Warnung der Mütter an ihre Kinder war: „Geet nit sö nohe ans Wasser, sonst kriet üch dr Wasseresel!“ Aber auch alte Knaben, die in der Schänke ihren Geist mit Branntwein benebelt hatten, werden des Nachts beim Heimgange dem Wasseresel begegnet sein. In früherer Zeit floss nämlich die Frieda ohne eigenes Flussbett durch die Dorfstraße (etwa bis 1795). Man musste von einem größeren Stein zum anderen springen, um in die Häuser zu kommen. Da wird ja wohl die Morgenbegrüßung manchmal gelautet haben: „Hätt dich da dr Wasseresel bin’n Beinen gehatt, dü Damel, dü Süffkopp, geh dach err anheimen, dann kräiste kenne nassen Beine und Hosenboddn.
Das Wanerwark
war ein Mittel, sich selbst und andere Leute gruselig und fürchtend zu machen. Es wurde die Hauptunterhaltung bei den Spinnstuben und geselligen Zusammenkünften.
(Quelle: Lengenfelder Echo, Nr. 1/1958)