Kulturarbeit auf dem Lande, aber wie? (1960)
Bereits mit der Annahme des ersten Fünfjahrplanes wurde die Aufgabe gestellt, das Niveau des Landes auf das der Stadt zu bringen. Damit war eine Aufgabe gestellt, durch die es galt, Veränderungen auf dem Lande herbeizuführen, um auch im Ergebnis sagen zu können: Haben wir diese Aufgabe schon gelöst, oder wo sind wir zurzeit angelangt und welche Maßnahmen gilt es zu treffen, die Ziele des Siebenjahrplanes auch auf dem Gebiet der Kultur, insbesondere der kulturellen Massenarbeit, zu verwirklichen.
Vor Jahren gab es in den Dörfern sehr viel Chöre und Musikgruppen, zum Teil auch Laienspielgruppen. Auch hatten sich im Laufe der Jahre Zirkel der Kunst und Literatur gebildet: Aber wenn heute einmal überprüft wird, was davon noch vorhanden ist, so wird man die Feststellung machen, dass viele Gruppen und Arbeitsgemeinschaften eingegangen sind oder sich aufgelöst haben.
In dieser Zeit wurden leider auch viele Ortsgruppen des Deutschen Kulturbundes in unserem Kreis aufgelöst. Heute wird der Bildung und Entwicklung der Ortsgruppen des Deutschen Kulturbundes wieder größte Aufmerksamkeit geschenkt. Wir werden niemals unsere Aufgaben lösen können, wenn wir unsere Intelligenz von unseren Werktätigen trennen, sondern sie müssen sich gegenseitig ergänzen, damit in gegenseitiger Befruchtung der beste Weg zur Lösung der Aufgaben gegangen wird. Dies muss vor allen Dingen in der Arbeit auf dem Lande richtig eingeschätzt und beachtet werden.
Dass die Kulturarbeit auf dem Lande weitaus schwieriger ist als in der Stadt, ist nur darauf zurückzuführen, dass auf dem Lande die Voraussetzungen in Bezug auf Einrichtungen sehr unterschiedlich sind. Wenn zum Beispiel die Kreislichtspiele heute schon zweimal in der Woche in einer Gemeinde spielen, so ist dies ein wesentlicher Erfolg. Sieht man sich aber die Stätten an, wo die Filmveranstaltungen durchgeführt werden, so muss doch noch in vielen Gemeinden vieles verändert werden.
Aber hier fehlt die Koordinierung der Mittel, welche wohl in gesellschaftlichen Organisationen vorhanden sind, aber nicht für den Zweck verwendet werden, für den sie bestimmt sind. Im Mittelpunkt stehen die Maschinen- und Traktoren-Stationen, die das Bindeglied zwischen Arbeiter und Bauern darstellen. Weiterhin sind es die BHG, der Konsum-Verband usw. Die ersten Versuche um die Kulturarbeit auf dem Lande zu unterstützen, war die Schaffung von Außenstellen für Kultur bei den MTS. Dabei fehlt es aber daran, mit den im Bereich vorhandenen Menschen wirkungsvoll zu arbeiten, ich denke dabei an die Bildung eines Kulturbeirates bei jeder MTS. Die Unterstützung dieser Arbeit beginnt schon bei den Stationen selbst. Der Außenstellenleiter erhält nur ganz wenig Hilfe von den Leitungen der Stationen. Dies drückt sich bereits bei der Bereitstellung von Fahrzeugen für den Außenstellenleiter aus. Man überlässt seine Arbeit völlig dem Selbstlauf.
So ist es auch nicht anders im Kreisgebiet selbst gewesen. Ich sage deshalb gewesen, weil ich hoffe, dass aufgrund der Kulturkonferenz im Kreisgebiet, eine Wendung durch die Bildung eines Zentralen Klubrates eintreten wird.
Wenn die gesellschaftlichen Organisationen gemeinsam eine gute Anleitung geben können, so ist mit einer besseren kulturellen Entwicklung auf dem Lande zu rechnen. In jeder Gemeinde sind Kräfte vorhanden, die auf irgendeinem Gebiet der kulturellen Massenarbeit tätig sind. Es gilt doch nur, die Kräfte durch gute Anleitung zu unterstützen. In verschiedenen Gemeinden haben sich Dorfklubs gebildet und als wissenschaftliches Zentrum Dorfakademien entwickelt. Jetzt muss es Aufgabe des
Zentralen Klubs sein, über die Außenstellen für Kultur bei den MTS ihre sozialistische Hilfe und Unterstützung zu geben.
Wie ich bereits erwähnte, gibt es auf dem Lande noch einige Kulturgruppen, die sich trotz mangelnder Anleitung erhalten haben.
Wodurch war dies möglich?
In einigen Gemeinden haben sich die Gemeindevertretungen und ihre ständigen Kommissionen ernsthaft mit der kulturellen Entwicklung auseinandergesetzt. Unterstützt wurde diese Arbeit durch die vorhandenen Ortsgruppen des Deutschen Kulturbundes.
Auch in unserer Gemeinde wurde auf Grund der guten Zusammenarbeit zwischen der ständigen Kommission der Gemeindevertretung und der Ortsleitung des Deutschen Kulturbundes sowie des Rates der Gemeinde ein Dorfklub gebildet. Desgleichen wurde auch eine Dorfakademie eingerichtet.
Erstmalig trat die Leitung des Dorfklubs mit den Dorffestspielen vom 1. bis 7. Oktober 1959, anlässlich des 10. Jahrestages der Gründung der DDR, an die Öffentlichkeit.
Die Dorfakademie begann das erste Semester im Dezember 1959 und führt es bis April dieses Jahres in einer gemischten Vortragsfolge durch. Mitglieder des Rates der Dorfakademie haben sich dabei selbst als Referenten mit zur Verfügung gestellt. Bisher sind es 31 eingetragene Hörer, die sich aus Mitgliedern der sozialistischen Brigaden vom VEB Gildemann, Genossenschaftsbauern, Angestellten usw. zusammensetzen.
Die Leitung des Dorfklubs hat für das Jahr 1960 zwei Höhepunkte festgelegt.
1. Vom 1. bis 8. Mai 1960 eine Festspielwoche und
2. vom 1. bis 7. Oktober 1960 Dorffestspiele durchzuführen.
Weiterhin hat sie dem Rat der Dorfakademie empfohlen, für die Monate Oktober, November und Dezember das zweite Semester mit vier Lehrstühlen vorzubereiten und zwar:
- a) Lehrstuhl für Bauern
- b) Lehrstuhl für Jugend und Technik
- c) Lehrstuhl für Landwirtschaft
- d) Lehrstuhl für Kunst - Literatur - 'Wissenschaft
Die Vorschläge, im 2. Semester vier Lehrstühle einzurichten, machten die teilnehmenden Hörer des 1. Semesters sowie die Mitglieder der Dorfklubleitung.
Als weitere Aufgaben widmet sich die Dorfklubleitung der Entwicklung von Arbeitsgemeinschaften und Volkskunstgruppen. Gleichzeitig legt sie für den kommenden Monat den Veranstaltungsplan fest.
- Folgende Arbeitsgemeinschaften bestehen:
- Arbeitsgemeinschaft Natur- und Heimatfreunde
- Arbeitsgemeinschaft Philatelie
- Arbeitsgemeinschaft Musik
- Arbeitsgemeinschaft Laienspiel
Im FDGB-Ferienheim besteht die Volkskunstgruppe Chor und Tanz.
Den Gruppen Musik sowie Laienspiel fehlt es an geeignetem Material, um sich weiter entwickeln zu können. Hier wäre es angebracht, wenn das Bezirkshaus für Volkskunst in Erfurt operativer den bestehenden Gruppen helfen würde.
Vor allen Dingen soll man sich mehr auf die schöpferischen Menschen in den Gemeinden stützen und ihnen Anregungen zu neuem Schaffen geben.
Aus den bisherigen Erfahrungen und entsprechend den kurzen Darlegungen können folgende Schlussfolgerungen gezogen werden, um die Kulturarbeit auf dem Lande zu verbessern:
1. Die Gemeindevertretungen mit ihren ständigen Kommissionen und den vorhandenen Kräften müssen ständig über die Kulturarbeit in ihren Bereichen orientiert sein und Maßnahmen festlegen, die der weiteren Entwicklung dieses Aufgabengebietes im Zusammenhang mit allen zu lösenden Aufgaben dienen.
2. Die zentralen Einrichtungen und gesellschaftlichen Organe im Kreis haben gemeinsam unter Einschätzung des genauen Entwicklungsstandes jeder einzelnen Gemeinde die Aufgabenstellung zu erarbeiten, um den Gemeinden durch gute Hinweise über die Außenstellen für Kultur mit ihren Beiräten in ihrer Entwicklung zu helfen.
3. Der zentrale Klubrat im Kreis muss unter den Leitungen der in den Gemeinden befindlichen kulturellen Einrichtungen vierteljährlich den Erfahrungsaustausch durchführen, um neue Erfahrungswerte zu sammeln und für die eigene Arbeit zur besseren Leitungstätigkeit zu verwenden.
Wenn nur diese drei Punkte in der Arbeit Beachtung finden, wird sich uns im Ergebnis auf dem Gebiete der Kulturarbeit stets eine Weiterentwicklung aufzeigen und damit die Lösung aller Aufgaben sichern.
Alexander Münch, Lengenfeld unterm Stein
(Quelle: „Mühlhäuser Warte“, Ausgabe 1960/04, S. 51-54)