In memorian: Lambert Rummel - Ein Nachruf aus der Mühlhäuser Warte (1962)

Am 7. Dezember 1961 verschied der Natur- und Heimatforscher Lambert Rummel im Alter von 84 Jahren. Die Ortsgruppe Lengenfeld unterm Stein des Deutschen Kulturbundes hat damit einen ihrer besten Mitarbeiter verloren.

Am 7. Juni 1877 wurde Lambert Rummel in Worbis geboren. Nach dem Besuch der Volksschule erlernte er das Bäckerhandwerk. Sein Lebensweg brachte ihn über verschiedene Wohnstätten nach Lengenfeld unterm Stein, wo er als Bäckermeister seine zweite Heimat fand.

Uns ist Herr Lambert Rummel durch seine naturwissenschaftliche Arbeit, besonders auf dem Gebiet der Entomologie, bekannt geworden.

Das erforderliche Wissen hat er sich als Autodidakt erarbeitet. Seine Forschertätigkeit begann mit der Beobachtung heimischer Insekten, insbesondere der Nützlinge und Schädlinge, und wurde fortgesetzt durch die Aufstellung umfangreicher biologischer Sammlungen.

Gleichzeitig bemühte er sich um die Züchtung neuer Schmetterlingsformen durch Ausschluß der freien Zuchtwahl und durch Auslese. Als Versuchsobjekt wählte er einen Buchenspinner aus, den Nagelfleck (Aglia-tau). Nach fünfjähriger sorgfältiger Auslese erzielte er eine Änderung der Farbe von rotgelb bis zum totalen schwarz. Diese Umformung erwies sich als eine erbliche Mutation. Sie hat damals in der Fachwelt großes Aufsehen erregt und wurde von ihr anerkannt. Die neue Form des Nagelfleck wurde nach Rummel benannt und erhielt die Bezeichnung: Aglia tau extrema Rummel.

Ferner versuchte er festzustellen, ob und wie weit sich Temperaturänderungen auf die Neuformung von Schmetterlingen auswirken. Auch diese Forschungsergebnisse wurden von der Wissenschaft anerkannt. Sie fanden z. B. in dem Werk „Die Großschmetterlinge Mitteldeutschlands“ von Dr. H. Bergmann, Band 3, Urania-Verlag Jena 1953 ihren Niederschlag und ihre Auswertung. Auch in dem Lehrbuch für Biologie, 8. Schuljahr Grundschule, Ausgabe 1953, waren Abbildungen dieser Umformungen aufgenommen worden.

Während seiner langjährigen Forschertätigkeit hat Herr Rummel umfangreiche entomologische und biologische Sammlungen zusammengestellt, auch Dioramen, die besonders Schulen als Anschauungsmaterial dienen. Zum Beweis sollen folgende Empfänger auf gezählt werden:
 

  • 1. Das Heimatmuseum in Heiligenstadt
  • 2. Die Oberschule in Lengenfeld unterm Stein
  • 3. Die Oberschule in Worbis (Geburtsort Rummels)
  • 4. Das FDGB-Erholungsheim Bischofstein in Lengenfeld unterm Stein
  • 5. Das Philetische Museum der Universität Jena im Jahre 1957


Herr Rummel war nicht nur experimentell als Forscher, sondern auch literarisch tätig. Seine Veröffentlichungen erstredeten sich nicht nur auf die Entomologie, sondern auch auf Geologie, Geschichte und Biologie der heimatlichen Landschaft. Er verfolgte ständig das Ziel, die Bevölkerung über die Nützlinge und Schädlinge und über den Naturschutz aufzuklären. Seine Veröffentlichungen erschienen in den Zeitungen „Das Volk“, „Thüringer Tageblatt“ und in der „Mühlhäuser Warte“. Auch in dem vom Rat des Kreises Heiligenstadt herausgegebenen „Heimatbuch des Eichsfeldes“ ist  er mit zwei Aufsätzen vertreten.

In jahrelanger Arbeit hat er eine urkundlich belegte Chronik der Gemeinde Lengenfeld unterm Stein und der Burg Stein geschrieben.

Als im Jahre 1948 in dem hiesigen Schloß Bischofstein ein FDGB-Erholungsheim eingerichtet wurde, hielt Herr Rummel für die Feriengäste laufend wissenschaftliche und heimatkundliche Vorträge aller Art und übernahm ehrenamtlich die Führung der Gäste durch interessante Gebiete des Eichsfeldes. Außerdem hat er dem Erholungsheim zwei von ihm entworfene Querschnitte durch das Erosionstal der „Frieda“ und durch den Keuper graben bei der Gemeinde Hildebrandshausen gestiftet. – Er betreute ebenso jahrelang die auswärtigen Pioniere und Schüler, die in der Oberschule ihre Ferienspiele durchführten.

Vor 1945 war Herr Rummel bereits zehn Jahre lang Mitglied des Vereins für Naturschutz und Denkmalspflege. 1950 wurde er von der Landesstelle für Vor- und Frühgeschichte als ehrenamtlicher Fundpfleger für den Bereich Lengenfeld unterm Stein und Umgebung gewonnen und eingesetzt. Sein

Verdienst ist es, daß im Jahre 1955 bei einem Neubau Abdrücke im Kornedsandstein als Fußabdrücke von Vorläufern der Dinosaurier erkannt und sichergestellt werden konnten. Es waren dies die ersten Funde dieser Art auf dem Eichsfelde.

Außer dieser Tätigkeit arbeitete Herr Rummel bis kurz vor seinem Ableben trotz seines hohen Alters noch als phänologischer Beobachter für den meteorologischen Dienst.

Bei der Gründung der Ortsgruppe des Deutschen Kulturbundes in Lengenfeld unterm Stein übernahm Herr Rummel aufgrund des Vertrauens der Mitglieder den Vorsitz. Für seine Verdienste im kulturellen Aufbau wurde er 1956 und 1957 mit der Aufbaunadel in Gold ausgezeichnet. Bei der Volkswahl am 16. November 1957 wurde er, durch den Deutschen Kulturbund als Kandidat nominiert, in die Gemeindevertretung gewählt.

Seine Sammlungen und wissenschaftlichen Forschungsergebnisse stellte er ständig der Gesellschaft zur Verfügung; er sorgte für die Belehrung der Bevölkerung.

Die Masse seiner Schmetterlingssammlung hat Herr Rummel 1961 dem Heimatmuseum Worbis geschenkt.

Im Vordergrund seiner Arbeit stand der Kampf um die Erhaltung des Friedens und der demokratischen Wiedervereinigung Deutschlands. Sein Wirken und Schaffen galt immer dem werktätigen Menschen.

Die Ortsgruppe des Deutschen Kulturbundes in Lengenfeld unterm Stein wird diesen aktiven Mitarbeiter durch weitere gute Arbeit würdigen und in steter Erinnerung behalten.


Deutscher Kulturbund
Ortsgruppe Lengenfeld unterm Stein
(Quelle: „Mühlhäuser Warte“, Ausgabe 1962/02)