In memoriam: Wilhelm Palesch (1932–2025): Seelsorger, Bauherr und Versöhner
Trauer um den verstorbenen Geistlichen in Thüringen und Russland
Über 60 Jahre hat Wilhelm Palesch Menschen zu freudigen, aber auch traurigen Anlässen begleitet und ihnen Segen und Trost gegeben. Am 8. November ist der Seelsorger in Küllstedt im Alter von 93 Jahren im 68. Jahr seines priesterlichen Dienstes gestorben. Sein abwechslungsreiches Leben war zunächst von Krieg, Flucht und Vertreibung, dann insbesondere durch karitative Dienste und Versöhnung unter den Völkern geprägt gewesen.
Am 27. Februar 1932 wurde Wilhelm Palesch in Malinová (Slowakei) geboren und wuchs mit seinen acht Geschwistern in recht ärmlichen Verhältnissen auf. Das damalige Dorf Zeche war bis 1945 von einer karpatendeutschen Bevölkerung geprägt, von der sich viele am Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligten. 1946 wurde der 14-jährige Wilhelm mit seinem Vater nach Bad Frankenhausen vertrieben, wo die Familie wieder zusammenfand. Als er in der Stadt am Kyffhäuser 1952 die Oberschule abschließen konnte, folgte das Theologiestudium in Erfurt. Am 21. Dezember 1957 wurde Palesch in „St. Severi“ zu Erfurt durch Weihbischof Joseph Freusberg zum Priester geweiht.
Als Kaplan wirkte er zunächst in den katholischen Pfarreien von Eisenach, Gotha und Mühlhausen. Im Jahr 1968 übernahm Wilhelm Palesch als Pfarrkurat die Kuratie Schlotheim. Ein Jahr später wurde er Pfarrer der Pfarrei „St. Elisabeth“ in Sondershausen. Diese würdigte ihn einmal als „Motor“ für zahlreiche bauliche Akrivitäten, die Kirchenrenovierung von 1976 bis 1981, die Erweiterung des Pfarr- und Gemeindehauses sowie die Aufwertung des Altersheimes „St. Hedwig“. Nicht weniger herausfordernd war Paleschs priesterliches Wirken von 1985 bis 1992 in den einstigen Grenzgemeinden Rüstungen, Wiesenfeld und Krombach im Eichsfeld.
Doch die wohl größte Herausforderung für den damals bereits 60-Jährigen folgte 1992 mit der Berufung in die russische Großstadt Tscheljabinsk am Ural, um dort den christlichen Glauben zu verkünden und mit Wolgadeutschen eine neue katholische Kirche mit Gemeindezentrum zu bauen. Zuvor besuchte er bereits einige Male die ehemaligen Sowjetrepubliken Usbekistan, Kasachstan und Tadschikistan. „Diese Menschen waren entwurzelt und heimatlos. Sie hatten alles verloren, aber ihren Glauben bewahrt. Was sie vermissten, waren ihre Kirchen, ihre Gemeinden, die Priester und die Eucharistiefeier“, erinnerte Pfarrer Palesch im Jahr 2011 gegenüber dem „Lengenfelder Echo“. Nachdem er am Kirmessonntag, den 24. Oktober 2010, sein erstes Hochamt in Lengenfeld gefeiert und sich vorgestellt hatte, berichtete er anschließend ausführlich in unserer Dorfzeitung über seine Mission im fernen Russland.
Während der Sowjetzeit hätten sich die Menschen zum gemeinsamen Gebet zuerst in Baracken, später in ihren Wohnungen versammelt. Aber das sei verboten gewesen, weil es sich um einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz handelte. Zudem sei man nicht als religiöse Vereinigung registriert gewesen. Sein Wirken in der russischen Millionenmetropole Tscheljabinsk habe ihm große Freude gemacht. „Am Glaubenszeugnis dieser Menschen konnte ich meinen eigenen Glauben aufrichten. Nach der langen Ära des Atheismus war in Russland ein Hunger nach Gott aufgebrochen. Zunehmend besuchten unseren deutschen Gottesdienst auch Menschen, die die deutsche Sprache nicht verstanden. Also mussten wir neben der deutschen Messe auch noch einen Gottesdienst in russischer Sprache ansetzen“, blickte der stets bescheiden, demütig und für sein hohes Alter noch erstaunlich fit wirkende Geistliche auf seine segensreiche Zeit in Russland zurück.
In Tscheljabinsk wollte er ursprünglich nur bis zu seinem Ruhestand 2007 bleiben, erinnerte Erfurts Weihbischof Reinhard Hauke in seinem Nachruf. Wilhelm Palesch beging damals in Russland sein goldenes Priesterjubiläum und wurde am 4. Juni 2007 durch Papst Benedikt XVI. zum Päpstlichen Ehrenprälat ernannt. Im Jahr 2010 kehrte er nach Deutschland zurück und wirkte als Ruhestandspfarrer noch in Lengenfeld/Stein sowie später im Pflegeheim „St. Vinzenz“ in Küllstedt.
Am 17. November geleitete eine große Trauergemeinde den verstorbenen Wilhelm Palesch zu seiner letzten Ruhestätte in Küllstedt. Auch viele Lengenfelder, Hildebrandshäuser und Faulunger sowie Christen aus umliegenden Orten sind dankbar, dass der Pfarrsenior einst so manche Lücke ausfüllte und Zuversicht in guten und schweren Zeiten vermittelte.
Reiner Schmalzl