Im warmen eichsfeldischen Mantel

Das schönste Stück der alten Tracht des Eichsfelders war der runde Kattunmantel, innen gefüttert mit Rasch oder Flanell. Nach Walter Prochaska hat ein solcher Mantel um die Mitte des vorigen Jahrhunderts drei Taler gekostet (eine Kuh 19 Taler). Noch heute hängt manch schönes Stück in den Schränken, wird wohl verwahrt oder hüllt das Kleine ein auf dem Arm der Oma. — Diesem alten, ehrwürdigen Mantel hat einst ein Eichsfelder Kind ein Loblied gesungen. Es soll nicht vergessen-sein und deshalb mag es hier folgen.

Josef Rindermann


Eine bleiche Mutter
mit selig träumendem Blick
trägt ihr schlummerndes Kind
im warmen eichsfeldischen Mantel.

Fest ruhet das Menschlein am Herzen der Mutter.
Mehr als des Mantels Flanell und Kattun
wärmt es der Mantel der Liebe, der zärtlichen, opferstarken.

All so trugen eichsfeldische Mütter
große Söhne groß
im warmen eichsfeldischen Mantel.

Große Söhne mit Kindesgemüt,
ob in der Ferne sie weilen,
ob sie sogar die Meeresflut trennt von der Heimat.

Sie ruhen so gerne, die wandermüden,
die arbeitsbelasteten aus
im warmen eichsfeldischen Mantel,
denn die Erinnerung schlägt
über die weinende Seele,
über die Sorgen des Alltags
und über die Bosheit der Menschen.

Brüder, Schwestern in Heimatgauen,
Brüder zerstreut in der Fremde,
lasst euch bergen
im warmen eichsfeldischen Mantel,
im Mantel der Liebe zur Heimat!

Werdet groß darin, wie einst
im Mantel der Mutter,
im warmen eichsfeldischen Mantel.

Josef Kaufmann