Erdgeschichtlicher Aufbau des oberen Friedatals (1945)

Im Mittelalter der Erde bildete sich als erste und unterste Gesteinsschicht der mittlere Buntsandstein. Derselbe tritt am Schafhof, unter dem Kirchberg, am Heinrain und bei der Hagemühle sichtbar zu Tage. Er schließt nach oben ab mit dem unregelmäßig geschichteten, fleischroten, kieselsäurehaltigen und festeren Karniolsandstein, wie er im Steinbruch westlich des Bahnhofs steht. Im Gegensatz zu diesem bildeten sich auch kieselsäurearme und lose Schichten. Eselsweg - Bilstal.

Als zweite Schicht erscheint der obere Sandstein, Röt genannt. Dieser macht den Hauptbestandteil unserer Äcker aus. Er bildet die sanft ansteigenden Talhänge, ist feinkörniger als der mittlere Buntsandstein, und von violetter bis braunroter Farbe sind seine Lettern. Sie sind toniger, lassen daher das Wasser nicht leicht durch und bilden den Anlaß zu reicher Quellbildung in unserer Flur (Quellenhorizont). Die Rötschichten enthalten große Gipsnester am Nordosthang des Dünberges und am Südhang des Walberbühls. Roter Eisenoxyd verleiht dem Buntsandstein seine vorherrschend rote Farbe. Seine oberen Grenzen sind in unserer Flur schwer festzustellen, weil sie vom Gehängeschutt des Muschelkalks meist überschüttet sind.

Das schlammige Muschelkalkmeer überflutete den Röt und hinterließ darauf eine dünne Schicht Dolomit. Es bildete den unteren Wellenkalk der Steilhänge am Burgberg, am Stein, Ibenkopf, an der Schranne und der großen Kuppe, darauf eine Schicht festerer Bänke, die mit Versteinerungen eines Armfüßlers durchsetzt sind und darauf wieder eine schwächere Schicht oberen Wellenkalkes. Unterer und oberer Wellenkalk zusammen bilden den unteren Muschelkalk. Dieser schließt ab mit der Schaumkalkschicht (Mehlstein), in der man Schalen und Reste eines Blattkiemers findet.

In der zweiten Periode setzte das Muschelkalkmeer den mittleren Muschelkalk auf (verstürzte Reste im Rösebachtal und auf dem Entenberg).

Dem mittleren Muschelkalk folgen die Schichten des oberen Muschelkalkes (auch nur im Rösebachtal und am Entenberg). In diesen Schichten stößt man auch die Versteinerungen der Seelilie, deren ausgewitterte und auchsgewaschene Glieder im Acker unserer Flur zahlreich anzutreffen sind. Der Volksmund nennt sie Wichtelgeld oder Bonefatiuspfennige. Den oberen Schichten des oberen Muschelkalkes gehören die Ammonshörner an.

Nach Versandung des Muschelkalkmeeres bildeten sich Moore. Pflanzen traten auf, vertorften, und es bildete sich der Keuper, auch Pflanzensandstein genannt (Schlag und Birken). Die Keuperschicht ist mit bunten Mergeln durchsetzt. Jura und Kreide setzten ihre Gesteinsschichten auf unserer Flur ab.

Aus diesen Gesteinsschichten des Erdmittelalters:

Buntsandstein, Muschelkalk, Keuper, Jura und Kreide formten gewaltige Naturkräfte der Erdneuzeit unsere Flur mit ihren Höhen, Tälern, Quellen und Bächen. Infolge starken Druckes durch Erdbeben wurden alle Schichten im ganzen verschoben. Es entstanden Hohlräume in der Erdkruste. In diese verstürzten die Gesteinsschichten. Es bildeten sich Grabenversenkungen (Rösebachtal und unteres Friedatal mit Entenberg). Im Rösebachtal verstürzten die Schichten des Keupers, oberen und unteren Muks, bis zur Höhe des oberen Bundsandsteines und entgingen so der Abtragung. Die das Erdbeben begleitenden Niederschläge und Überschwemmungen wuschen die jüngeren und daher weicheren Gesteinsschichten (Kreide, Jura, Keuper, oberer und unterer Muschelkalk) von unserer Flur und führten sie fort bis auf dem Schaumkalk. Alle unsere Flur umgebenden Höhen (Burgberg, Walberbühl, Hanstein, Schranne, Dünberg) tragen Gipfel aus Schaumkalk. Das poröse, rissige Kalkgestein nahm eine Menge Wasser in sich auf, leitete es bis auf die tonigen Rötletten und gab ihm von hier aus den Weg als Quelle frei. Die Quellen schwollen durch Niederschläge zu reißenden Gebirgsbächen an. Diese wuschen die weicheren Schichten aus bis in den mittleren Buntsandstein und schufen so unsere Heimattäler: das Friedatal, Faulungertal mit den Heinrichtstälern, den Spreuwinkel, das Effeldertal und das Bilstal. In der Talsohle boten die härteren Bänke das Karniolsandsteines der Wirkung des Wassers mehr Widerstand. Sie blieben als Riegel oder kleinere Talsperren stehen. Das von ihnen gehemmte Wasser mußte davor zurückbleiben und bildete Kolke und Sümpfe (Riesetümpel und Mitteldorf).

Die Frieda entspringt 395 m über dem Meeresspiegel, fließt erst in südwestlicher Richtung und nimmt zuerst die Wasser der Buchbornsquelle, dann das Rohrwasser des Faulungertales auf, fließt dann nordwestlich, erhält Zuflug durch das Blankentalswasser aus den Quellen des Köhler- und Forzbornes, dann des Loch-, Hasen- und Rinnchbornes, im Unterdorf durch die Wasser des Erbsbornes und nimmt unter dem Dorf den Rösebach auf. Die Quellen des unteren Friedatales am unteren linken Gehänge (Tiebelsnase) und die Quelle der Engelswiese liegen nicht im Quellenhorizont. Sie sind vielmehr tektonischen Ursprungs und liegen in den verworfenen Schichten der Grabenversenkung.

Durch den Klimawechsel der Eiszeit wurde die Verwitterung des Gesteins beschleunigt. Die stehengebliebenen Kalkgesteine stürzten zu Gehängeschutter an den Bergen und zu Schuttkegeln auf dem Buntsandstein zusammen (Brandköppchen, Heinrichtstal, Spreuwinkel, Dünberg, Pfarrköppchen, Weinberg). Das Kalkgestein bekam Risse und Spalten. Es entstanden Höhlen (an der Spindelsburg, Menschenhöhle auf dem Dünberg, Nonnenhöhle am Burgberg, Hunnelöcher am Wagental). Unterirdische Wasserkräfte wuschen den leichtlöslichen Gips aus dem Buntsandstein heraus. Es entstanden Hohlräume. Darüberliegendes Gestein stürzte nach. Es kam zur Bildung der Erdfälle im Röt (am Nordosthang des Dünberges und Südhang des Walberbühls). Es kamen Zwischeneiszeiten mit wärmerem und trockenem Klima. Die offenliegenden Gesteinsschichten verwitterten und verlehnen mehr und mehr. Es entsteht allmählich Boden, an den oberen Hängen aus dem Muschelkalk der leichte, sehr wasserdurchlässige und abführbare Hasselboden, auch dem weicheren Rötgestein und seinen tonigen Letten der schwere Boden unserer Flur. Dieser ist daher in feuchten Jahren sehr naß, in trockenen aber bald mit tiefklaffenden Rissen ausgedörrt. Infolge der verschiedenen Lettenfärbung nimmt er alle möglichen Farben an, vom tonigen Weiß bis zum violetten Rot.

Begünstigt durch das warme und trockene Klima zogen die Pflanzen in unsere Flur ein. Es entstanden Steppenheiden. Die Hänge und Höhen bewaldeten sich mit Wachholder, Föhren und Eiben. Die Eigen gaben dem Ibenkopf und Ibengraben ihre Namen. Heute noch findet man sie dort in allen Entwicklungsstufen, vom winzigen Sämling bis zum stolzen Baum. Sie stehen unter Naturschutz.

Es wurde wieder kälter. Die Höhe vergletscherte. Die Schmelzwässer der zweiten Eiszeit führten Schotter- und Grandmassen von den Hängen zu Tal und füllten Kolke des Friedatales mit Grand und Schotter. Das Mitteldorf steht auf Schotter und  Grand, der in Buntsandsteinbecken liegt. Die Quellen und Bächer unserer Flur führten viel aufgelösten kohlesauren Kalk mit sich und setzten diesen in Form von Mergel oder Tuff an den Bachläufen ab. So kam es zur Bildung des Süßwassermergels an der Tiebelsnase, Stockswiese und im Blankental. Wasser und Wind führten die feinsten Teilchen der Verwitterungskrume fort und setzten sie an geschützten Stellen unserer Flur wieder ab. Es entstanden so die Lehm und Lößschichten des unteren Rösebachtales und vor dem Schlage.

Als es wieder wärmer wurde, breiteten sich in unserer Flur mehr und mehr die Laubbäume aus: Haseln, Rüstern und Ahorn, besonders aber die Eichen, an den Bächen aber Erlen und Weiden. Die heutige Tierwelt wanderte ein. Gewitter und Niederschläge schwemmten die Verwitterungskrume der Hänge stellenweise zu Tal und setzten diese auf die Grandschichten der Talkolke. Beim Bau der Badeanstalt konnte man auf 5 m Tiefe unregelmäßig starke Schichten dieses Einschwemmungsbodens nach Farbe geordnet einsehen. Die Kolke füllten sich, als letzter der Riesetümpel, in welchem noch im vorigen Jahrhundert ganze Weidenstämme verschwanden. (Er wurde erst 1915 durch den jetzigen Besitzer Gottfried Witzel endgültig zugeschüttet.) Es entstanden morastige, feuchte Wiesen mit Sümpfen auf der Talsohle. In dieser Zeit lebte der Elch noch in unserer Flur. Eine Elchgeweihstange wurde 1890 beim Ausschachten eines Kellers in der Grandschicht des Mitteldorfes gefunden. (Jetzt im Museum der Forstakademie in Eberswalde.)

Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Werkzeuge von Menschen, ein Steinmeißel, gefunden am Betzelberg unter dem Dünberg, jetzt im Museum in Halle a. S. und ein durchbohrtes Steinbeil, gefunden im Blankentalswasser, jetzt im Heimatmuseum zu Heiligenstadt (s. Abb. im Anhang). An Hand dieser Funde können wir annehmen, daß unsere Flur schon damals besiedelt war (Kelten und Germanen).

Wieder Klimasturz, es wird kalt und feucht. Die Laubbäume, Buchen, breiten sich immer mehr und mehr aus. Auch kan es an den Hängen zur Bildung der jüngeren Moore, wovon noch Reste in unserer Flur erhalten sind, der „schwarze Tich“ und das „Tichhölzchen“. In diese Zeit fällt auch das Eindringen der Germanen, der Beginn des Ackerbaues und die Einführung des Getreides.


Christi Geburt
Mit der Annäherung des Klimas an das heutige schreitet die Ausbreitung des Urwaldes weiter fort. Deutschland wird gänzlich germanisiert. Aus dieser Zeit scheinen die Wall- und Fliehburgen zu stammen, „die Sieboldsburg“ und „Spindelburg“. Nach A. Höppner „Schwebdaer - Keudelschen Archivstudien“ lassen die „Tiebelsnase (v. Tiobald) und die „Tiebalskutte“ schließen, daß hier frühe germanische Siedlungen bestanden haben.

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Darauf scheinen die Flurnamen „Arnstell“, (von Armen-, Harmen- Herrführer) „Heinrichstal“ (von Heinrich), „Sieboldsburg“ (von Siebold), „Hasenborn“  (Asen- oder Götterborn), „Erbsborn“ (Arpesborn), und „Walperbühl“ hinzuweisen sowie die hier noch Anfang des 20. Jahrhunderts anzutreffende Sitte, nach der kein Lengenfelder Bauer am 2. Januar (Waldmännchenstag) in den Wald zu fahren wagte aus Angst, an Achsen, Rad und Deichsel, Leib und Leben von Mensch und Tier Schaden erleiden zu können. Das Feld, besonders aber der Wald waren den Germanen heilig. Der Waldmännchenstag liegt in der Reihe der zwölf heiligen Tage und Nächte unserer Vorfahren. Wer an diesem Tage die Ruhe in Feld und Wald störte, hatte die Rache der Waldgeister, Waldmännchen, Waldschrate, Gnomen und Zwerge zu fürchten.

700
Nach Joh. Wolfs „Politische Geschichte des Eichsfeldes“ erreichte im 8. Jahrhundert die Ausbreitung des Urwaldes ihren Höhepunkt. Es begann die Entstehung von Dörfern. Nach A. Höppners „Schloß b. Stein“ stand um diese Zeit am Osthang der Keudelskuppe das Dorf Vorenroth mit seiner Grenze Voremal, im heutigen Volksmund Fakental genannt. In dieser Zeit vollzieht sich die Christianisierung des Eichsfeldes. Aus ihr stammen nach A. Höppner die auf den Kirchentitel der Petruskapelle auf dem Hülfensberge zurückgehenden Flurnamen „Petersgrund“ und „Petershölzchen“. Nach den Königsurkunden des 10. Jahrhunderts gehöhrte unsere Flur zur Germarmark. Diesem Gau standen als Gaugrafen vor:

  • 974: Wigger
  • 994: Siggo
  • 1001: Wigger
  • 1035: Luteger
  • 1071: Ruoker
  • 1095: dessen unmündiger Sohn Ruoker


Lambert Rummel
(Quelle: „Chronik Lengenfelds und Bischofsteins“, 1945)