Eine Ofenplatte in Lengenfeld unterm Stein (1981)
Walter Rassow erwähnt in seinem Buch „Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Heiligenstadt“ Ofenplatten in Unterstein und Pfaffschwende. Vom Hause Unterstein schreibt er: Ein reicher alter Rennaissanceofen. Die vier eisernen Platten stellen dar: 1. Kreuzigungsgruppe mit Inschrift: Sieh das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt. 2. und 3. je eine Reihe Heiliger nebeneinander. 4. Die Szene des reichen Mannes bei Tisch mit dem armen Lazarus. Von Pfaffschwende heißt es: Bei einem Straßenübergang im Dorf ist eine alte Ofenplatte verwendet, die den verlorenen Sohn darstellt.
In Lengenfeld u. St. sind zwei Ofenplatten aus dem Backhaus von Dr. Gries mit der Taufe Jesu und in Kloster Zella am Rosengarten eine Ofenplatte mit dem betenden Christus im Ölgarten.
Auf der Ofenplatte in Lengenfeld sehen wir Christus im Jordan stehend, wie ihn Johannes tauft. Auf einem Schriftband rechts unten stehen die Worte: Johannes tauft Christus. Ein Engel hält das Gewand Christi, hinter Johannes stehend. Auf der linken Seite knien die 3 Apostel am anderen Ufer des Jordan. In der Mitte über Christus ist der Hl. Geist in Gestalt einer Taube dargestellt, darüber Gott Vater mit der Krone. Auf einem Schriftband stehen die Worte: „Dies ist mein geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören und ihm folgen!“ Er sagt diese Worte der ganzen Welt, die wohl in den zwei Städten rechts und links oben versinnbildet ist.
Auf der Ofenplatte in Kloster Zella sehen wir oben rechts, wie Christus den Jüngern vor dem Abendmahl die Füße wäscht: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr tut, wie ich getan habe.“ Unten links kniet Christus betend im Ölgarten: „Vater, wenn es möglich ist, lass diesen Kelch an mir vorübergehen, aber nicht mein Wille geschehe, sondern der deine!“ Rechts unten schlafen die drei Jünger Petrus, Jakobus und Johannes. In der Mitte kommt Judas der Verräter mit den Schergen. Oben links bringen zwei Engel schon das Kreuz der Erlösung.
Auf einer eigenen Platte unter dieser Ölberg-Ofen-Platte sind zwei Ritter beim Ritterspiel und Ritterkampf dargestellt.
Im Hause spielte der Ofen eine große Rolle und war in mancher Familie ein Prunkstück, ein kunstvolles Denkmal. Mit besonderer Freude hing man am Ofen, der im Winter die Sonne des Sommers ersetzt und Wärme spendet, in dessen Nähe Erinnerungen wach wurden und Geschichten erzählt wurden. Laut wird das Lob des Ofens gesungen. In dem Lied: „Auf, du junger Wandersmann“ heißt es z. B.: „Mancher hinterm Ofen sitzt und gar fein die Ohren spitzt.“ Im Eichsfelder Lied „Die vier Jahreszeiten auf dem Eichsfeld“ heißt es: „Im Winter ist’s auf dem Eichsfeld so herrlich, so schön, wenn sich alle hinterm Ofen mollig fühlen …“
In Herders Lexikon heißt es: „Im 16. Jahrhundert kommen die eisernen Öfen mit gußeisernen, meist verzierten Platten auf.“
Als Bilder für gusseiserne Ofenplatten waren Motive beliebt wie die Hochzeit zu Kana (der Ofen steht ja in der Stube mit dem Familienmahl), – das Elisäuswunder, bei dem sich das Öl und Mehl reichlich vermehrt, der reiche Prasser und der arme Lazarus als Mahnung zur Nächstenliebe, aber auch als Mahnung das Jüngste Gericht.
Schon vor der Mitte des 16. Jahrhunderts berichtet der große Mineraloge Georg Agrikola von der Herstellung eiserner Öfen im Erzgebirge, aber auch im Thüringer Wald und Harz gab es Eisen- und Erzgewinnung. Zunächst gab es wohl hauptsächlich eiserne Ofenplatten mit Darstellungen aus der hl. Schrift, Helden wie Samson, David, die 3 Jünglinge im Feuerofen und Heiligendarstellungen. Später kommen dann erst die weltlichen Darstellungen auf, wie z. B. Wappen. Leider wurden im Laufe der Zeit viele schöne Ofenplatten als Gehwegplatten oder Kanaldeckel benutzt, andere wurden besser am Haus als Wandschmuck angebracht.
H.-J. Siebrand
(Quelle: Eichsfelder Heimatstimmen 25 (1981), S. 550-551)