Die Verwandlung des Weihnachtsbaumes

Es war einmal und das ist schon urig lange her, da ging vor dem Weihnachtsfest ein mit einer dicken Jacke bekleideter Mann, umgürtet mit einem Strick, an dem ein kleines Beil hing, in den Wald. Über Nacht hatte es geschneit und er stampfte durch den kniehohen Schnee. Hinter ihm sprang sein Töchterchen und versuchte immer seine Fußspuren zu erwischen. Mitunter fiel es in den kniehohen Schnee. Wie gut, dass es dem Wetter entsprechend warm angezogen war. Jedoch manchmal war es dem Kinde zu warm, denn es musste viel mehr kleine Schritte machen als der Vater große.

Oft lief ein aufgescheuchtes Reh vor ihnen über den Weg, oder ein Hase, der in nächster Nähe einen Haken schlug. Der Mann ging immer weiter, vorbei am Buchenwald, der Lichtung und er näherte sich dem Tannenplan. Hier im Tannenwald gab es viele Tannenbäume. Doch es schien, als fände er das richtige Weihnachtsbäumchen nicht und als sähe er den Wald vor lauter Bäumen auch nicht. Das kleine Mädchen fragte in einem fort, warum er nicht dieses oder jenes Bäumchen wolle. Manches mal blieb es auch vor einem stehen und rief:
„Vater schau mal, hier ist ein ganz hübsches!“ Der Vater, ein etwas wortkarger Mann schüttelte seinen Kopf und schritt suchend immer weiter. Dem kleinen Mädchen taten die Füße schon gehörig weh und es wünschte sich sehr, dass er endlich stehen blieb, um sich eins von denen, die es hier in Hülle und Fülle gab, abzuschlagen und mitzunehmen. Endlich bückte er sich und schlug eins ab. Dann klemmte er es unter den Arm und marschierte zufrieden in Richtung Heimat. Es wurde schon ein wenig dämmrig. Da dem kleinen Mädchen die Füße schon wehtaten, setzte er es einfach auf seine Schultern, wobei es sich ein wenig duckte und den Vater fragte, ob sie denn nicht bald zuhause wären. Dieser nickte. Das kleine Mädchen wusste genau, so war es jedes Jahr.

Und es wusste auch, der Vater holte immer den Nagelbohrer und bohrte Löcher in den Stamm, kürzte danach den Weihnachtsbaum unten und nahm die daran verbliebenen Zweige und schob sie mit leichtem Drehen in die gebohrten Löcher. Dann erst begann er mit dem Schmücken des Weihnachtsbaumes.

In jedem Jahr suchte er nämlich ein dürftig gewachsenes Bäumchen, dem die Natur es nicht gegeben, zu einer stattlichen Tanne heran zu wachsen. Als dann die Jahre vergingen und aus dem kleinen Mädchen eine Frau geworden war, da war das Beschaffen und Schmücken des Weihnachtsbaumes die Arbeit ihres Mannes.

Als sie ihn das erste Mal mit dem Christbaum in der Hand sah, sagte sie doch tatsächlich zu ihm, sie werde ihm gleich den Nagelbohrer bringen. „Wofür denn“, hatte er gefragt. „Für die Zweige, die du in die gebohrten Löcher dann stecken musst.“

Er aber behauptete, doch wirklich einen schönen Baum extra ausgesucht zu haben.
Und die Frau dachte bei sich, dass es sicherlich am besten sei, wenn sie jetzt schweigen würde aber vielleicht würde sie später einmal die Geschichte vom verkrüppelten Weihnachtsbaum schreiben, der durch eine Verschönerungskur alljährlich zum schmucken Vorzeigebaum wurde.