Die Kanonenbahn - Teil 9: Küllstedter Tunnel und Mühlbergtunnel I

Bereits am 27. Mai 1904 gab es den ersten Wassereinbruch im Tunnel. Nach einem Gewitter mit wolkenbruchartigem Niederschlag kam es zu einem Wassereinbruch im Tunnelgewölbe, wobei ein gerade den Tunnel durchfahrender Personenzug von oben bis unten mit Geröll und Schlamm überzogen wurde. Am 26. Februar 1906 begann mit dem ersten Spatenstich die Erweiterung des Küllstedter Tunnels auf das neue Normmaß für zweigleisigen Betrieb und gleichzeitig wurde mit dem Bau des zweiten Gleises zwischen Küllstedt und Schwebda begonnen.

Die landespolizeiliche Abnahme des zweiten Gleises erfolgte schließlich am 3. April und der zweigleisige Betrieb begann am 4. April 1907. Nach einem Gewitter im Februar 1916 gab es den nächsten Wassereinbruch im Tunnel. Die Strecke musste daraufhin für einige Zeit gesperrt werden. Bereits am 16. Januar 1918 kam der nächste Wasserschaden im Tunnel, der dabei bis zu einer Höhe von 1,50 m überflutet wurde. Daraufhin musste der Frühzug aus Leinefelde im Bahnhof Küllstedt stehen bleiben. Für die Dauer der Überflutung wurde ein Pendelverkehr zwischen Leinefelde und Küllstedt sowie zwischen Eschwege und Effelder eingerichtet. Die Strecke Effelder-Küllstedt musste zu Fuß zurückgelegt werden.

Die Überdeckung des Tunnels besteht aus bis zu 50 m starkem Felsgestein. Im Tunnel erfolgt stets ein starker Wasser-einlauf in wechselnden Mengen, so dass sich die am Südportal nach starken Regenfällen ausströmenden Wassermassen manchmal recht bedrohlich anhören. Der Küllstedter Tunnel sowie die talabwärts folgenden Tunnel wurden in den 50er Jahren letztmalig einer gründlichen Sanierung unterzogen und müssten, sollten sie dauerhaft begehbar sein, auch in der heutigen Zeit nochmals saniert werden.

Ab dem Küllstedt-Tunnel geht es steil bergab (ich bin die Strecke im Jahre 1995 vom Haltepunkt Effelder her die 6 km bergauf bis zum Küllstedter Tunnel abgelaufen und bin dabei ganz schön ins Schwitzen gekommen, wie muss es dann erst den Dampfloks ergangen sein?) bis zum Mühlenberg-Tunnel I, der sich mit seinen nur 155 m Länge zwischen km 23,531 bis km 23,686 befindet und somit direkt dem Haltepunkt Effelder vorgelagert ist. Bei km 21,52 gab es bis ca. 1921 einen beschrankten Wegübergang, bei dem im Rahmen des Rückbaus der Strecke die Schranken ausgebaut wurden.

Zwischen dem Küllstedter Tunnel und Effelder befinden sich ansonsten nur zwei nennenswerte Bauten: die kleine Brücke einer Wegunterführung bei km 22,4, von der ein Seitengeländer schon arg ramponiert ist, da ein Baum darüber gefallen war, und die Straßenunterführung der Landstraße zwischen Effelder und dem Luttergrund. Außerdem gibt es zwischen dem Küllstedt-Tunnel und dem Mühlenberg-Tunnel I noch zwei tiefe Einschnitte bei km 23,2 und km 22,8, bei deren Bau jede Menge Fels abgeräumt werden musste. Die Einschnitte sind mit hoch aufgemauerten Stützmauern versehen.

Der Mühlenberg-Tunnel I war dank seiner Kürze der billigste aller Tunnelbauten entlang des Kanonenbahn-Abschnitts und wurde erst im Jahre 1879 erbaut. Er kostete „nur“ 204.000 Mark, wovon allein 15 000 Mark auf die Portale entfielen, das sind 1316,13 Mark für den laufenden Meter. Dieser Tunnel besaß eine Besonderheit.

Durch die nur schwer zu befahrenden Zufahrtswege wurden für das Tunnelgewölbe keine Sandstein-Quader, sondern Ziegelsteine und Sandstein-Werksteine verwendet. Das Gefälle im Tunnel beträgt 1:105 und die mittlere Höhenlage 350,50 m über NN. In Anbetracht der nur 15 m hohen Deckschicht hätte man auch einen Einschnitt ausgraben können, dieses wäre aber teurer gekommen. Der Mühlenberg I ist der einzige Tunnel, der vollkommen gerade ist.

Hermann Josef Friske