Die Kanonenbahn - Teil 22: Der Frieda-Tunnel & der Viadukt bis 1945

In der Zeit zwischen den Weltkriegen begann man bei der Reichsbahn an die Kosten zu denken. Aus diesem Grund wurde im Jahre 1928 ein Verbrennungs-Benzol-Triebwagen aus der Serie VT 756 Kassel in Eschwege stationiert, von der überhaupt nur 2 Exemplare gebaut worden sind. Dieser Triebwagen wurde in den verkehrsarmen Zeiten überwiegend auf den Strecken Eschwege-Schwebda-Ershausen und Eschwege-Schwebda-Treffurt eingesetzt.

Der Triebwagen wurde bei dem verheerenden Luftangriff auf den Eschweger Bahnhof am 22. Februar 1945 so stark beschädigt, dass er im Jahre 1946 ausgemustert und anschließend verschrottet wurde. Im Jahre 1927 benötigte ein Personenzug für die 41,7 km zwischen Schwebda und Leinefelde bei 7 Haltestellen eine Stunde und 25 Minuten, der Zug war also ein echter Bummelzug, zum Teil aber bedingt durch den schwierigen Trassenverlauf, denn es musste an den Steigungen vielfach auch mit Schublok gefahren werden. Am Bahnhof Schwebda und im Stellwerk leisteten im Jahre 1928 insgesamt 6 Beamte ihren Dienst.

Nach lang anhaltenden Niederschlägen stürzte der Frieda-Tunnel durch einen Wassereinbruch am 21.07.1929 auf einer Länge von 50 Metern ein. Daher wurde der Tunnel bis zum 1. Oktober des gleichen Jahres gesperrt. Die Reisenden wurden während dieser Zeit im Schienenersatzverkehr befördert. Im Jahre 1932 wurden am Frieda-Viadukt umfangreiche Sanierungsarbeiten durchgeführt.

Die alten Fischbauch-Träger aus dem Jahre 1878 wurden durch Stahlträger in Kastenform ersetzt, da diese erhebliche Konstruktions-Mängel aufwiesen. Bei der Belastungsprobe des erneuerten Frieda-Viadukts im gleichen Jahr entgleisten 100 m in Richtung Bahnhof Schwebda die Lok 58.2002 und eine zweite angekoppelte Lok. Eine dieser Loks legte sich quer zu den Gleisen, daher wurde der Zugverkehr auf der Strecke bis zu deren Bergung komplett gesperrt. Lokführer Förster aus Eschwege war einer der Unglückswürmer, die an dem Unfall beteiligt waren.

Während des 2. Weltkriegs wurde der 2-gleisige Überbau des Viadukts nur noch 1-gleisig befahren und die Abzweigstelle Frieda, die sich etwa 300 m hinter dem Frieda-Viadukt in Richtung Geismar befand, wieder eingerichtet und anschließend ein Überbau des Viadukts ausgebaut. Im Laufe des Jahres 1944 wurde die Hauptverwaltung der Reichsbahn-Direktion Berlin wegen der zunehmenden Bombardierung der Reichshauptstadt in ein Barackenlager verlegt, das im Kellaer Tal oberhalb der Kanonenbahn errichtet wurde. Der Sonderzug von Reichsverkehrsminister Dr. Julius Dorpmüller, der mit einer mit Tarnfarben versehenen Lok bespannt war, stand im Bahnhof Schwebda an der letzten Weiche vor dem Frieda-Tunnel ständig unter Dampf und wurde stets von leichter Flak gesichert.

Einer der Lokführer war Heinrich Schädel aus Eschwege. Der Zug wurde stark durch Vierlingsflak gesichert und bei Fliegeralarm stets in den Friedatunnel gezogen. Gegen Kriegsende, Anfang 1945, soll der Zug einmal von amerikanischen Jagdbombern überrascht worden sein. Die Vierlingsflak schoss daraufhin Dauerfeuer, damit der Zug sicher den Friedatunnel erreichen konnte. Zum Glück blieb dem Abzweigbahnhof Schwebda ein ähnliches Schicksal wie dem Bahnhof Waldkappel erspart, denn er wurde nie bombardiert, sondern nur mit Bordkanonen der Tiefflieger beschossen, da war es Glück, dass zu diesem Zeitpunkt gerade kein Munitionszug auf dem Bahnhof stand!

Mitte Februar 1945 ging vom Bahnhof Heiligenstadt ein Sondertransport des Oberkommandos der Wehrmacht in Richtung Schwebda ab. Nach Angaben des Bundestags-Abgeordneten Gerhard Reddemann soll dieser Zug 27 Großkisten mit dem legendären Bernsteinzimmer sowie weitere Kunstschätzen aus Königsberg und Danzig enthalten haben und von Feld-Gendarmerie schwer bewacht worden sein.

Er soll in den Friedatunnel geleitet worden sein, wo sich die Spuren aber verlieren. Ob der Zug über Schwebda weitergeleitet oder dem Zug von Dr. Dorpmüller angehängt wurde, der sich zwischen dem 26. und 31. März 1945 über die Nord-Süd-Strecke wahrscheinlich in Richtung Bayern absetzte, oder ob der Zug für längere Zeit im Friedatunnel stand und danach von den Amerikanern übernommen wurde, wird wohl nicht mehr zu klären sein. Vielleicht leitete man diesen Zug aber auch über Leinefelde und die Kanonenbahn in Richtung Schwebda und er wurde schon vorher in Lengenfeld/Stein entladen, denn es gibt auch Hinweise auf Auslagerung von Kunstschätzen in dieser Gegend bis in den Raum Treffurt hinein, wo sich Privatpersonen Kunstgegenstände unter den Nagel gerissen haben, die sie an bestimmten Stellen in der Umgebung gefunden hatten, denn es sind in den letzten Jahren in diesem Umkreis immer wieder Kunstgegenstände entdeckt worden, die man schon seit langer Zeit hier vermutet und bei den Versuch Ihrer Veräußerung beschlagnahmt hatte.

Hermann Josef Friske