Die Kanonenbahn - Teil 18: Frieda-Viadukt & Frieda-Tunnel
Der Frieda-Viadukt folgt bei km 38,82 bis 38,91, der mit seiner Länge von 98,70 m und einer Höhe von 25,70 m zu den herausragenden Bauwerken der Bahn zählte und in einer Höhe von etwa 192 m über NN lag. Der Frieda-Viadukt wurde ursprünglich wie der Lengenfelder Viadukt mit einer Fischbauch-Trägerkonstruktion bestückt, die jedoch, ähnlich wie auch in Lengenfeld, schwere bauliche und konstruktionsbedingte Mängel aufwies, so dass sich im Sommer des Jahres 1932 im Friedatal die größte Baustelle entlang der Kanonenbahn zwischen Leinefelde und Malsfeld befand.
Die Frieda-Brücke wurde auf Kasten-Träger umgestellt. Bei der Belastungsprobe, die am 7. August 1932 stattfand, entgleisten die zwei aneinander gekoppelten Loks der Baureihe 58 (Preußische G 12) etwa 100 m unterhalb der Brücke in Richtung Tunnel. Der Tender rutschte dabei seitlich die Trasse hinunter. Die beiden Loks waren für das Gleismaterial einfach zu schwer gewesen, denn die Gleise haben sich durch die ungewohnte Achslast verschoben.
Zunächst noch zweigleisig ausgebaut und auch befahren, wurde die Brücke jedoch zu Beginn des 2. Weltkriegs auf eingleisige Betriebsführung umgestellt und die Träger des zweiten Gleises noch während des Krieges wieder ausgebaut. Nach der Sprengung der Brücke am 3. April 1945 lag sie noch bis in die 70er Jahre hinein in sich zusammengesunken und in 3 Teile zerborsten im Frieda-Tal, bis die Trümmer schließlich beseitigt wurden.
Auf den wenigen Metern bis zum Frieda-Tunnel, der auch Dachsberg-Tunnel genannt wurde, standen in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg abgestellte Schadwaggons, von denen ein letztes Exemplar – nicht mehr rollfähig – noch bis zum Abräumen der Gleise in den 80er Jahren dort stand. Nach 1945 hatte man vom Hülfensberg aus eine gute Einsicht auf die gesprengte Frieda-Brücke und die Reststrecke bis zum Tunnel.
Von hier aus waren auch die abgestellten Waggons noch gut zu erkennen. Ende der 70er Jahre stellte die Firma Friedola den Antrag zum Bau eines Gleis-Anschlusses für den Betrieb in Frieda. Da es keine Möglichkeit gab, das Werk von der Treffurter Bahn her anzuschließen (man hätte die stark befahrene B 249 überqueren müssen), sollte dieses über die Kanonenbahn geschehen. Der Verkehr sollte über den Frieda-Tunnel geleitet werden und anschließend über eine noch zu bauende Rampe ins Friedatal hinein bis zum Werk geführt werden.
Das Projekt scheiterte an den zu hohen Baukosten, denn der Frieda-Tunnel hätte erst saniert werden müssen. Der Frieda-Tunnel ist 1066 m lang und beginnt bei km 39,352. Seine mittlere Höhe beträgt ca. 180 m über NN und das Westportal steht bei km 40,418. Der Tunnel diente der Deutschen Bundesbahn zwischen 1947 und 1984 als kälte- bzw. wärmetechnische Versuchsstation und wurde schließlich ab Ende Oktober 1989 noch während der Wende verfüllt.
Bei km 40,82, unmittelbar vor dem Bahnhof Schwebda, wird die Strecke von der Landstraße nach Kella gekreuzt, die mit einer 3-gleisigen Brücke überquert wurde (1. Gleis nach Treffurt, 2. Gleis Kanonenbahn, 3. Gleis Kanonenbahn bzw. nach Heiligenstadt). Die Brücke wurde beim Rückbau der Strecke nach Wanfried um das Jahr 2000 abgebaut, nur die beiden Seitenwände stehen noch und engen den Verkehrsfluss bis heute stark ein. Hinter der Brücke stand etwa nach 15 Metern linkerhand das Stellwerk „SO“. Das Stellwerk wurde im Jahre 1914 beim Bau der Heiligenstädter Bahn errichtet und bereits im Jahre 1958 wieder abgebrochen.
Der Bahnhof Schwebda wird schließlich bei km 41,27 erreicht, der im Jahre 1880 in einer Höhe von 170 m über NN errichtet wurde. Ab Mitte der 80er Jahre wurden Güterwaggons, die am Bahnhof Schwebda und auch in Eschwege und dem Kanonenbahnteil vom Bahnhof Eschwege-West abgestellt standen, an die Reichsbahn der DDR verkauft. Diese hat die Waggons in jenen Jahren dringend benötigt, um dem Güterverkehr des Landes ausreichend und kostengünstig genügend Waggons bereitstellen zu können, denn eigene Neubau-Kapazitäten waren in der DDR nur ungenügend vorhanden.
Auf dem Streckenabschnitt zwischen Geismar und Schwebda standen bis zur Stilllegung einst noch die alten Kilometersteine, die keine aufgemalten Kilometerangaben trugen, sondern mit einem aufgesteckten emaillierten Blechschild versehen waren, die wohl noch aus der Zeit um 1920 stammten. Im Jahre 1921 bestand die Zugauslastung täglich aus etwa 80-110 Personen, aufgeteilt auf 3 Zugpaare.
Es gab Bestrebungen, ein viertes Zugpaar täglich auf der Strecke einzuführen, dieses wurde jedoch vom Reichsbahn-Zentralamt abgelehnt, weil die tägliche Zugauslastung danach noch dürftiger ausgefallen wäre. Zunächst als Hauptbahn errichtet, erhielt die Kanonenbahn wahrscheinlich ab 1. Sept. 1922 den Nebenbahncharakter. Der Streckenabschnitt zwischen Küllstedt und Schwebda enthält 6 Tunnel, die eine Gesamtlänge von 3580 m besitzen und sich auf schwierigstem Gelände befinden.
Abschließend ist zu sagen, dass der Eichsfeld-Teil der Kanonenbahn einen Umweg von 17,8 km gegenüber der Luftlinie macht, das bedeutet einen Umwegskoeffizient von 62 %. Trotz allem ist der Kanonenbahn-Abschnitt übers Eichsfeld der landschaftlich wohl schönste, wenn auch vom Gelände her schwierigste Teil der Strecke zwischen Leinefelde und Treysa.
Hermann Josef Friske