Die Kanonenbahn - Teil 11: Der Entenbergtunnel

Vom Haltepunkt Großbartloff aus führt die Strecke in reichlichen Windungen immer am Hang entlang hinab bis zum 5. Tunnel, dem Entenberg-Tunnel. Zunächst aber treffen wir zwischen km 26,3 und km 26,55 an der dem Berghang zugewandten Seite eine 250 m lange Stützmauer an, die verhindern soll, dass der Berghang auf die Gleise rutscht.

Bei km 27,3, vor dem Eintritt der Strecke in einen ca. 300 m langen Grabeneinschnitt, in dem die Felsen an beiden Seiten der Strecke bis zu einer Höhe von ca. 30 bis 40 m emporragen und beim Bau mit Sicherheit nicht nur mit Hacke und Schaufel, sondern auch mit Sprengstoff gearbeitet wurde, finden wir an der dem Tal zugewandten Seite die Überreste eines Gebäudes, das ein Streckenposten gewesen sein könnte. Das würde Sinn machen, denn hier fallen jedes Jahr eine große Anzahl Felsbrocken vor allem auf das ehemalige Gleis für die Bergfahrt.

Nach dem Einschnitt folgt nochmals eine nur ca. 20 m lange Stützmauer, dann sehen wir schon bei km 27,8 den nächsten Bahnübergang, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob dieser bis 1921 nicht auch mit einem Schrankenposten versehen war, denn ein geebneter Platz links hinter dem Bahnübergang in Richtung Entenberg-Tunnel ist heute noch vorhanden.

Bei km 27,78, also am Bahnübergang nahe dem Entenberg-Tunnel und dem Posten Schneider, wurde am 31.8.1912 der Rottenführer Jacob Montag aus Geismar von einem Kleinwagen überfahren und getötet (von einem Bahnfahrzeug oder einem Auto?). Er wurde 43 Jahre alt und hinterließ Frau und 6 Kinder im Alter zwischen 4 Monaten und 12 Jahren.

Der Entenberg-Tunnel beginnt bei km 27,931, endet bei km 28,219, hat eine Länge von nur 288 m, besitzt ein Gefälle von 1:101 und befindet sich in einer mittleren Höhenlage von 303 m über NN. Das Tunnelgewölbe besteht am Südportal auf einer Länge von 30 m aus Buntsandstein, ansonsten aus Kalkstein. Der Tunnel besteht aus einer einzigen Krümmung und wurde im Jahre 1878 komplett errichtet, das entspricht einer Bauzeit von nur ca. 3 Monaten.

Anlässlich der Fertigstellung des Entenberg-Tunnels am 4. April 1878 wurde für die Einweihungsfeier extra eine Festschrift angefertigt, die auch die Lieder, die während der Feier gesungen wurden, enthielt. Die Überdeckung beträgt nur ca. 30 m Gebirge. Die Baukosten des Entenberg-Tunnels betrugen 334.017 Mark, wovon für die Portale lediglich 10.000 Mark entfielen, das bedeutet einen Preis von 1.159,78 Mark für den laufenden Meter Tunnel. Dieser wurde wegen ständigem Steinschlag an der Nordseite im Jahre 1915 um 7 m verlängert, wobei das Portal vollkommen neu in Betonbauweise errichtet wurde.

Am unteren Ausgang des Tunnels befinden sich noch links in unserer Fahrtrichtung die Grundmauern von einem Streckenposten sowie auf der gegenüberliegenden Seite die kärglichen Überreste des dazugehörigen Wohnhauses. Der Posten fungierte gleichzeitig als Streckenläufer, wie die historische Aufnahme zeigt, denn das Quergleis dürfte für das Schienenfahrrad bestimmt gewesen sein.

Die Obstbäume des zum Grundstück gehörigen Schrebergartens blühen und tragen auch heute noch in jedem Jahr, wenn auch der eigentliche Garten schon längst verschwunden ist. Etwa bei km 28,35 befindet sich eine Unterführung mit einem Holzabfuhrweg, der den Posten auf Umwegen mit dem Ort Lengenfeld unterm Stein verbindet.

Hermann Josef Friske