Die Burg Bischofstein und ihre Bezeichnungen im Mittelalter
Die urkundlichen Schreibweisen für die Burg Bischofstein sind im Mittelalter Stein, Steyn, Sten, Steyne, stheyne, zum Steyn, zum Steyne, zu dem Steyn, zu dem Steyne und - in lateinischen Urkunden - lapis, lapide gewesen. Dem Urkundenleser von heute kann dies viel Misslichkeit mit sich bringen, denn in der näheren und weiteren Umgebung des Bischofsteins hat es mehrere Burgen und Klöster gegeben, die den gleichen Namen trugen. Es ist auf den Altenstein beim hessischen Allendorf (KÖNIG, KOLLMANN 1990) und auf den Altenstein und den Liebenstein bei Salzungen (PATZE, AUFGEBAUER 1989, S. 13 f. u. S. 36) zu verweisen.
Der Meiningische Altenstein trug später den Namen »Markgrafenstein«, denn er war im Unterschied zum Bischofstein thüringisch-landgräflich. Im eichsfeldischen Gebiet ist vor allem noch das Kloster Steine bei Nörten zu nennen (WOLF 1800). Die gleiche Bezeichnung für alle diese Burgen und Klöster hat bei den Historikern zuweilen zu Verwechslungen geführt, von denen Autoritäten wie WINTZINGERODA-KNORR (1903) durchaus nicht ausgenommen waren.
Trotz der diffizilen Bemühungen von FICK (1959) liegt die Anfangsgeschichte des Bischofsteins im Dunkel, das erst im 13. Jahrhundert aufzuhellen beginnt. Die älteste Urkundennachricht stammt aus dem Jahre 1269. Damals übertragen die Kanonissen zu Eschwege den Augustinerinnen zu Mühlhausen auf Bitten des Mühlhäuser Ritters Heinrich gen. Topelstein und seiner Verwandten die von diesem aufgelassenen vier Hufen Wald in Blankental neben dem Ort Gozrode (Wüstung nahe Bischofstein). Die Zeugen kommen aus der Umgebung des Bischofsteins; unter ihnen sind Siegfried, Pfarrer »in Lapide«, und dessen Bruder Hermann von Hertingerode (DOBENECKER IV, Nr. 418). Mit Lapide ist die »Stadt Stein« gemeint, die unterhalb der Burg lag, aber mit dem heutigen Ort Lengenfeld nicht identisch ist (PROCHASKA 1986, S. 313; AULEPP 1989, S. 180 f.).
»Ritter Hugo von Stein« ist mit seiner Familie der erste Personenkreis, der mit Bestimmtheit zum Bischofstein in Beziehung zu setzen ist. Hugo wird 1282 »advocatus in Lapide« genannt (OVERMANN 1926, Nr. 528). Er nennt sich neben »Ritter Hugo von Stein« auch »Hugo, Ritter gen. von Stein«. Seine Familie kann aus den Urkunden abgelesen werden: Seine Frau heißt Adelheid. Der Bruder Heinrich ist Scholaster am Marienstift in Erfurt (SONNTAG 1962, S. 186 ff., der ihn irrig auf den Liebenstein bezieht). Beide haben eine Schwester namens Jutta verh. von Nordhoven. Ihre Mutter ist Lukardis, und der Vater heißt gleichfalls Hugo. Jutta hat zwei Söhne; der eine trägt den Namen seines Onkels Heinrich. Der zweite ist Ulrich. Ulrich ist Kanoniker im Heilig Kreuz Stift zu Nordhausen. Vogt Hugo sowie die Familie Urkunden von 1282 bis 1294 über Güter in Bickenriede, Anrode, Ammern, Aue bei Eschwege sowie Rumerode bei Diedorf (OVERMANN 1926, Nr. 528, 682, 683, 700; FICK 1959, S. 30).
Am 18.7.1288 wird auf der Burg »Stein« eine aufschlussreiche Urkunde ausgestellt: Der »Verwalter des Schlosses Stein« Anno von Heimburg eignet dem Kloster Volkenroda eine Hufe zu »Weneverden« zu (sicherlich Wanfried, das 1338 »Wenfriden« genannt wird), welche der Ritter Reinhard gen. Consul von Flarchheim von seinem verstorbenen Oheim Anno zu Lehen hatte. Zeugen bei dieser Beurkundung sind neben Bruno von Weberstedt und Dietrich von Gottern der »Vogt Hugo« (DOBENECKER IV, Nr. 2919). Man kann davon ausgehen, daß es sich hierbei um den »advocatus in Lapide« handelt. Hugo ist demnach zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Vogt auf Bischofstein gewesen, obwohl er sich noch so nennt. Man kann diese Ungereimtheit so verstehen, das sein Vogtamt auf Bischofstein, das er nach OVERMANN (1926, Nr. 528) 1282 noch innegehabt hat, vor dem Zeitpunkt der Beurkundung im Jahre 1288 gelegen haben muss. Oder sind »Verwalter« und »Vogt« zwei verschiedene Ämter gewesen?
Die regionalen Ereignisse des 13. Jahrhunderts bringen wichtigen Aufschluss darüber, in wessen Hand der Bischofstein in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gewesen ist. Sie waren vor allem durch den thüringisch-hessischen Erbfolgestreit bestimmt, bei dem es um die Nachfolge des letzten Ludowingers Heinrich Raspe in der thüringischen Landgrafschaft ging. Um sie stritten der Markgraf Heinrich von Meißen und Sophie von Hessen (eine Tochter der heiligen Elisabeth). Bei den kriegerischen Auseinandersetzungen verbündete sich Sophie mit dem Herzog Albrecht von Braunschweig, mit dem sie sich familiär zweifach verband: Ihre Tochter Elisabeth heiratete 1254 Herzog Albrecht. Als diese 1261 starb, verheiratete sie 1263 ihren Sohn Heinrich mit der Schwester ihres Schwiegersohnes. Das Kriegsglück wog hin und her.
Am 27.10.1263 kam es zur Entscheidungsschlacht bei Beesenstedt nahe Wettin, die unglücklich für Albrecht ausging (ILGEN, VOGEL 1883, S. 352). Zusammen mit 600 Mann - WEGELE (1870, S. 35) schreibt »zwischen 200 bis 500« - geriet er in Gefangenschaft der Wettiner, von der er sich freikaufen mußte. Ende 1264 - bis dahin saß Albrecht gefangen - kam es zum Friedensschluß zwischen Braunschweig/Hessen und Meißen, über den keine Urkunde überliefert ist. Es ist aber aus zeitgenössischen Quellen bekannt, dass Albrecht 8000 Mark Lösegeld bezahlen und auf acht Plätze im Werratal verzichten musste, die der Meißner an Sophie von Hessen abtrat, die dafür ihrerseits auf alle Ansprüche in Thüringen verzichtete. Nach GROTEFEND/Rosenfeld (1929, Nr. 86) waren dies: Eschwege, Allendorf, Witzenhausen, Sontra, Arnstein, Bischofshausen, Altenstein und Fürstenstein. Die Plätze sind also dem Bischofstein unmittelbar benachbart. WEGELE (1870, S. 38) meint, Albrecht sei »vor Jahren durch Gewalt oder auf anderen Wegen« in ihren Besitz gelangt. Albrecht behauptete aber aus dem ehemaligen ludowingischen Besitz, so PATZE, SCHLESINGER 1974, S. 48, folgende Gebiete: die Stadt Münden, das Gebiet rechts der Oberweser, einen Teil des Kaufunger Waldes, das Gericht am Leineberg, die Mark Duderstadt und den (damals noch nicht so genannten) Bischofstein.
Entgegen der Meinung von PATZE, SCHLESINGER rührte der Bischofstein - wie wir gleich sehen werden - jedoch nicht vom thüringischen Landgrafen her. Aber es bleibt festzuhalten, daß er im Jahre 1264 im Besitze des Herzogs von Braunschweig gewesen ist. Wie wir außerdem annehmen dürfen, sind der Vogt Hugo von Stein und der Verwalter Anno von Heimburg Braunschweiger Ministerialbeamte gewesen.
Den endgültigen Beweis für diesen Schluss liefert eine Urkunde vom 31.10.1282, die WINTZINGERODA-KNORR (1903, S. 119) überliefert hat. In ihr bekennt Gottschalk von Plesse folgendes: Der Erzbischof Gerhard von Mainz (der von 1251 bis 1259 regierte) habe ihm das »castrum, quod dicitur Lapis« (Burg Bischofstein) mit seinen Zugehörungen zur Bewachung und Bewahrung für den Erzbischof und für das Mainzer Stift anvertraut. Nach dem Tode des Erzbischofs Gerhard (1259!) habe er das Schloss, von dem Herzog Albert von Braunschweig gezwungen, an diesen verkauft.
In der Urkunde heißt es weiter: Der Nachfolger Gerhards, Erzbischof Werner, (1259 - 1284) habe von ihm die Rückgabe des Schlosses gefordert und ihn sowie die Burgmänner der Burg aufgefordert, unter Aufbietung aller ihrer Kräfte den Wiedererwerb des Schlosses zu betreiben. Erzbischof Werner habe ihn und alle, mit deren Rat und Hilfe er die Veräußerung der Burg bewirkt hat, so lange exkommuniziert, bis das Schloss wieder in ihrer Gewalt sei. Da er mit seiner Rückgabe im Rückstande geblieben ist (1282!), habe der Erzbischof seine gesamte Herrschaft mit dem Interdikt belegt.
Gottschalk und seine Söhne Hermann, Otto und Gerhard haben sich, von dem Wunsche geleitet, in den Schoß der Mutter Kirche zurückzukehren und um die Gnade des Erzbischofs, seines Herrn, wiederzuerlangen, mit diesem in Freundschaft dahin geeinigt, dem Erzbischof mit allen ihren Kräften zur Wiedereroberung des Schlosses beizustehen. Gottschalk von Plesse schwört, die übernommenen Verbindlichkeiten zu erfüllen und bestellt außerdem als Bürgen Ritter Hermann von Hardenberg und Ludolf gen. von Plesse.
Mit anderen Worten, die Burg Bischofstein war um 1250 im Besitze des Mainzer Stifts - ein halbes Jahrhundert vor dem eigentlichen Eichsfeld, das erst 1294 an Mainz gekommen ist (FALK 1988). Ungewiss bleibt, wann, unter welchen Umständen und von wem Mainz die Burg erworben hatte. Sie ist um 1260 durch dubiösen Verkauf seitens des Mainzer Lehnsmannes in den Besitz des Braunschweiger Herzogs übergegangen. Wahrscheinlich ist dies auch der Grund dafür gewesen, dass dieser im Friedensvertrag von 1264 die Burg behalten durfte.
Eine Urkunde vom 27.11.1298 passt gut zu dieser Sachlage (Reg. EB v. Mainz I l, Nr. 558). In ihr geloben Landgraf Dietrich d.J. von Thüringen, Markgraf des Osterlandes und der Lausitz, und Graf Berthold von Henneberg, dem Erzbischof Gerhard von Mainz 1000 Mark Silber am Martinstag 1299 zu zahlen, falls es der Erzbischof bis zum 16.2.1299 erreichen sollte, dass der König Albrecht von seinen Ansprüchen auf die Herrschaft über Thüringen zurücktritt. Sie sollen aber die 1000 Mark nicht bezahlen müssen, wenn es ihnen gelingt, dem Erzbischof die »Burg Stein bei dem Nonnenkloster Zeit« auszuliefern.
In der eichsfeldischen Geschichtsschreibung ist diese Urkunde als Beweis gewertet worden, dass der Bischofstein zur damaligen Zeit landgräflich-thüringisch gewesen sei. Doch ist dies ein voreiliger Gedankenschluss gewesen. Denn nach der Formulierung »wenn es ihnen gelingt« ist die Auslieferung der Burg unsicher gewesen. Ihre Übertragung ist als eine Möglichkeit mit unsicherem Ausgang betrachtet worden. Genau dies ist der Grund für die Annahme, dass die Burg nicht in landgräflichen Händen gewesen ist. Wäre sie es gewesen, hätte man nicht so bedingt formulieren brauchen.
Die Urkunde zeigt also, dass 1298 der Erzbischof immer noch um die Rückgabe der Burg bemüht ist und der Landgraf aus eigener Not dazu seine Hilfe anbietet.
Der Urkundentext ist für uns aus einem weiteren Grund interessant. Der Schreiber ist um klare Identität der Burg bemüht, wenn er lokalisiert: »Burg Stein bei dem Nonnenkloster Zell«. Gemeint ist Kloster Zella, das seine Lage nur wenige Kilometer vom Bischofstein hat. Man hat einen überregional bekannten Ort benutzt, um eine Identifizierung sicherzustellen.
In der Chronologie ist nun einer Urkunde zu gedenken, die eine gewisse Schlüsselposition in der Geschichte des Bischofsteins einnimmt. Sie ist am 14.3.1305 »in Lapide« (Bischofstein) ausgestellt (HERQUET 1874, Nr. 559). Gefolgsleute des Herzogs Albrecht von Braunschweig und solche des thüringischen Landgrafen Albrecht schließen einen Waffenstillstand. Die Vermutung liegt nahe, dass sie in einem Krieg um die Burg Stein gestritten haben. Auf der Seite des Landgrafen verhandeln die Brüder Härtung und Heinrich von Erfa sowie die Brüder Albert und Ludwig von Wangenheim. Die Leute des Herzogs von Braunschweig verdienen unsere besondere Aufmerksamkeit. Es sind der Vogt Konrad Arnold (der Vogt auf dem Bischofstein gewesen sein dürfte), der Ritter Dietrich von Haldese, Johannes von Saldere und Hildebrand von Hardenberg. Hildebrand von Hardenberg ist die Schlüsselperson. In dieser Urkunde fungiert er als Gefolgsmann des Braunschweiger Herzogs. Als am 25.11.1326 der Erzbischof von Mainz den Bischofstein zum zweiten Male erwirbt, erweist sich derselbe Hildebrand - zusammen mit weiteren Hardenbergs - als Besitzer des Bischofstein, die die Burg dem Erzbischof verkaufen. Im Kaufvertrag ist von den Braunschweiger Herzögen keine Rede.
Aus diesem Sachverhalt ergibt sich folgende Annahme. Hildebrand von Hardenberg war Anhänger (Vasall) des Braunschweiger Herzogs, wie die Urkunde von 1305 ausweist. In dieser Eigenschaft muss er bald danach zusammen mit seinen Verwandten den Bischofstein vom Herzog als Lehen empfangen haben. Zwischenzeitlich hat er sein Vasallenverhältnis gewechselt. Denn in einer Urkunde vom 21.2.1321 werden Hildebrand und »Bernhard von Stein«, der ebenfalls ein Hardenberg ist, als »Mainzer Amtleute auf Rusteberg« bezeichnet (Reg. EB v. Mainz 11, Nr. 2244). In dieser Eigenschaft werden Hildebrand und Bernhard beauftragt, für das Mainzer Stift 170 Mark Silber von der Stadt Mühlhausen in Empfang zu nehmen. Beide standen also in Mainzer Diensten als sie Besitzer des Bischofsteins waren (weshalb sich Bernhard auch »von Stein« nennt). Das neue Dienst- und Vertrauensverhältnis zum Erzbischof und Erzbistum dürfte der Grund für den Verkauf der Burg an das Stift Mainz gewesen sein. Man wird annehmen dürfen, dass Mainz hier Politik gemacht hat. Das Stift hat seine Jahrzehnte währenden Bemühungen um Rückgabe der Burg mit der Wiederholung eines Kauftricks - nur mit umgekehrtem Vorzeichen -gekrönt, mit dem sie 65 Jahre vorher verloren gegangen war. Die in den späteren Urkunden belegten Händel und Überfälle der Braunschweiger Leute auf den Bischofstein beweisen, dass sich der Herzog mit dieser umgekehrten Transaktion lange Zeit nicht abfinden konnte.
Damit sind wir jedoch den Ereignissen vorausgeeilt. Das Mainzer Stift kauft am 25.11.1326 die Burg Bischofstein zum zweiten Male; wie festzuhalten bleibt nicht vom thüringischen Landgrafen und nicht vom Herzog von Braunschweig, sondern von den Rittern Hildebrand und Johann und dem Edelknecht Bernhard von Hardenberg (Reg. EB v. Mainz 11, Nr. 2761). Die Kaufsumme beträgt 2300 Mark Silber, von denen Hildebrand und Johann 1000, Bernhard 1300 Mark erhalten sollen. Die Verkäufer scheinen keine Brüder gewesen zu sein. Doch sind Burg und Stadt Stein nicht allein vom Verkauf betroffen. Vielmehr sind die Grafschaft (comitatus) und alle Dörfer, Gerechtsame, Gewässer und Wasserläufe, Fischereien und Jagden, Burgleute, Vasallen und Leute mit allem Zubehör einbegriffen. Das umgebende Landgebiet der Burg, das in mittelalterlichen Urkunden zuweilen »Windische Mark« bezeichnet wird, geht mit dem Kauf in das Eigentum des Erzbistums über. Das Güterverzeichnis von 1358 umschreibt das Gebiet mit allen seinen Dörfern und Wüstungen (VÖLKER 1930; FICK 1959, S. 53 ff.).
Die Umschreibung der Burg in der Urkunde ist für uns von besonderem Interesse: »castrum et oppidum Sten apud nemus Heyene« (= Burg und Stadt Stein in der Nähe des Hainichwaldes). Der Kanzleischreiber identifiziert die Lage der Burg mit Hilfe des überregional bekannten Hainichwaldgebietes. VÖLKER (1939, S. 106) und FICK (1959, S. 5) ziehen in Zweifel, dass damit der fast drei Fußstunden entfernte Hainich bei Diedorf und Heyerode gemeint sein könne. Sie verweisen dagegen auf Flurnamen wie »Hainzerain« und »Hage-Hede« sowie auf die Hagemühle bei Lengenfeld, die in der Urkunde angesprochen seien. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass dies nur örtlich bekannte Flurstücke sind, die bereits im nächsten bzw. übernächsten Dorf nicht mehr gekannt werden. Auch ist durchaus mit der Möglichkeit zu rechnen, die VÖLKER (1939) andeutet, daß im Mittelalter der Hainichwald stärker als heute in das Eichsfeld hineinreichte. Die Urkunde verlangt eine überregional bekannte Größe, so wie es auch in der Urkunde von 1298 des thüringischen Landgrafen mit der Bezugnahme auf das Koster Zella der Fall gewesen ist. Im Zusammenhang mit den komplizierten Zahlungsumständen des Kaufpreises wird die Umschreibung »castri Steyn apud nemus Hegene«, »prope nemus Hegene« noch zweimal 1327 und 1332 verwendet (Reg. EB v. Mainz 11, Nr. 2775 und I 2, Nr. 3203).
Der Preis von 2300 Mark für den Kauf von Burg und Grafschaft Stein bedeutete für das Erzstift eine außergewöhnliche finanzielle Belastung, die nur unter besonderem Einsatz bewältigt werden konnte. So hat der Erzbischof zu diesem Zweck dem gesamten Klerus von Thüringen ein »Subsidium maius« auferlegt. Die Anweisung erging am 30.12.1326 und war mit der Androhung kirchlicher Gewalt begleitet (Reg. EB v. Mainz I l, Nr. 2771; O VERMANN 1926, Nr. 1303). Kollektoren sind Dekan Rudolf und Kanoniker Hermann von Bibra vom Marienstift sowie Kanoniker Siegfried von Halle von St. Sever in Erfurt. Auch das privilegierte Kloster Reinhardsbrunn war zur Zahlung verpflichtet.
Bereits zehn Jahre nach Kauf der Burg vermerken die Urkunden einen neuen Stand der Entwicklung in der Region. Am 18.10.1336 nimmt der Vorsteher des Mainzer Stuhls Erzbischof Baldewin die Brüder Dietrich und Hermann von Heringen zu Mainzer »Erbeborgemannen des Slosszes unde Borg zcume Steyne uffe deme Eysffelde« (Reg. EB v. Mainz I 2, Nr. 3564), was am 15.5.1339 von Erzbischof Heinrich mit der gleichen Umschreibung - »Schloß und Burg ... Stein im Eichsfeld« - bestätigt wird (Reg. EB v. Mainz I 2, Nr. 4367). In der Folgezeit wird diese Formulierung regelmäßig gebraucht. Die Landesentwicklung des Mainzer Staats nimmt auf dem Eichsfeld ihren Lauf. Es wird hier zum ersten Male der Bischofstein »auf dem Eichsfeld« liegend bezeichnet, was zum Zeitpunkt des Kaufs der Burg 1326 und vorher, wie die früher zitierten Umschreibungen zur Lage der Burg beweisen, noch nicht der Fall war. Das Eichsfeld selber war 1294 mainzisch geworden (FALK 1988). Jetzt zieht der Kanzleischreiber Burg und Grafschaft Stein in das mainzisch-eichsfeldische Gebiet mit ein. Das mainzische Territorium »Eichsfeld« hatte damit eine wesentliche Erweiterung erfahren.
Eine aufschlussreiche Urkunde stellt Erzbischof Gerlach am 26.8.1367 in Heiligenstadt aus (Reg. EB v. Mainz II l, Nr. 2283). Er verleiht seinen Getreuen Otto und Johann von Ershausen und den Söhnen ihres verstorbenen Bruders Hermann als Erbburglehen »die unterste Burg« auf der Burg »zu dem Steyne«; dazu das Brauhaus sowie Flecken und Hofstatt, welche zwischen dem Malzhause und der vorgenannten untersten Burg liegen. Die »oberste Burg« und alle anderen Burgsitze und Bauten, die sie bisher auf dem »Stein« innehatten, haben sie dem Erzbischof wieder überlassen. Mit anderen Worten, erstmals erfahren wir hier, dass der Bischofstein in Wahrheit aus zwei Burgen bestanden hat. Es war eine Doppelburg wie manche andere Burgen in unserer Gegend. FICK (1959, S. 48), ein gebürtiger Lengenfelder, hat persönlich Messungen am Burggelände vorgenommen und eine Skizze über die Lage beider Teilburgen und der anderen Gebäude angefertigt - allerdings ohne diese Urkunde zu zitieren.
In der Lehnsgeschichte des Bischofsteins wird sehr häufig von der »halben« Burg gesprochen, deren Hälfte an verschiedene Lehnsinhaber verpfändet wurden. So ist 1339 erstmals von einer Hälfte der Burg Stein die Rede, die an den Edelknecht Heinrich von Hanstein vergeben wird (Reg. EB v. Mainz I 2, Nr. 4374). Allgemein bekannt ist die Verleihung der einen Burghälfte an Siegfried von Bültzingsleben, die am St. Georgstage 1380 erfolgte (FICK 1957, S. 20) und die 200 Jahre Besitz der Familie war, bis Kurfürst Daniel am 25.6.1574 den Bültzingslebenern die Pfandschaft über das halbe Schloß und Amt Bischofstein »auf- und abkünden« ließ (FICK 1957, S. 25). Die andere Hälfte war bereits im Jahre 1525 eingelöst worden. Bis zur Lösung des ganzen Hauses wurde diese Hälfte von den Vögten auf Rusteberg mitverwaltet. So nannten sich Cuntz Gutjahr (l539 - 1561) und Thomas Thunhose(1561 - 1574)»Vogt zu Rusteberg und Bischofstein«, wenn sie Amtshandlungen für die gelöste Hälfte vornahmen. Ab 1574 ist Philipp Falck Vogt (Amtmann) auf ganz Bischofstein (FICK 1957, S. 34).
Eine denkwürdige Urkunde stellt Erzbischof Gerlach am 3.2.1369 in Aschaffenburg aus. In ihr trägt die Burg Stein auf dem Eichsfeld zum ersten Male ihren heutigen Namen. Der Erzbischof bestimmt, dass im Nonnenkloster zu Anrode fortan am Dienstag nach der Pfingstoktave der Opferkasten auf dem Hülfensberg (»in monte s. Salvatoris«) bei der Burg »Byschofssteyn« durch den Propst des Klosters und die anderen Inhaber der Schlüssel geöffnet wird. Von dem dort gefundenen Geld soll jeder Konventualschwester ein Vierdung Silber über die herkömmliche Präbende hinaus gereicht werden (Reg. EB v. Mainz II l, Nr. 2514).
FICK (1959) kennt diese Urkunde nicht; für ihn erfolgt die Ersterwähnung des Namens Bischofstein im Jahr 1375 (S. 2 und 21 f.). Im Allgemeinen wird in der Eichsfeld-Literatur das Jahr 1409 als Ersterwähnung angenommen (z.B. bei PRO-CHASKA 1986, S. 312). Man bezieht sich dabei auf WINTZINGERODA-KNORR (1903, S. 130 f.), der eine Urkunde von WANGENHEIM (1857, Nr. 147) übernommen hat. In ihr übernimmt Erzbischof Johann Lutz von Wangenheim und seine Leibeserben als Burgmann »uff vunszin Slosze Bischoffstein« und weist ihm dafür eine jährliche Rente aus seinem Hofe zu Erfurt an.
Raymund Falk
(Quelle: Eichsfelder Heimatstimmen)
Quellen- und Literaturverzeichnis
- AULEPP, Rolf: Mittelalterliche Wüstungen im Eichsfelder Teil des Kreises Mühlhausen. 13. Burg Stein. 14. Wüstung Stadt zum Stein. - In: Eichsfelder Heimathefte 1989, S. 89 - 92 und 180 - 182.
- DOBENECKER, Otto: Regesta diplomatica necnon epistolaria historiae Thuringiae. Bd. IV/1267 - 1288. Jena: G. Fischer 1935.
- FALK, Raymund: Zur Entstehungsgeschichte des Mainzer Teilstaats Eichsfeld. - In: Eichsfelder Heimatstimmen 1988, H. 8, S. 380 - 386.
- FICK, Anton: Beiträge zur Geschichte des Kurmainzischen Amtes Bischofstein im Eichsfelde. Duderstadt: Selbstverl. 1957.
- FICK, Anton: Schloß Bischofstein im Eichsfelde. Duderstadt: Selbstverl. 1959.
- GROTEFEND, Otto; Felix Rosenfeld (Bearb.): Regesten der Landgrafen von Hessen. Erster Band 1247 - 1328. Marburg: N.G. Elwert 1929 (=Veröffentlichungen d. Hist. Kommission f. Hessen u. Waldeck. Bd. 6)
- HERQUET, Karl. (Bearb.): Urkundenbuch der ehemals freien Reichsstadt Mühlhausen i. Thür. Halle/S.: Verl. d. Waisenhauses 1874 (= Geschichts-quellen d. Provinz Sachsen. Bd. 3).
- ILGEN, Theodor; VOGEL, Rudolf: Kritische Bearbeitung und Darstellung der Geschichte des thüringisch-hessischen Erbfolgekrieges (1247 - 1264). In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 1883, N.F. 10, S. 151 - 380.
- KÖNIG, York-Egbert; KOLLMANN, Karl: Die Orte um den Altenstein - 45 Jahre thüringisch. - In: Eichsfelder Heimathefte 1990, 30, S. 125 - 127.
- OVERMANN, Alfred (Bearb.): Urkundenbuch der Erfurter Stifter und Klöster. Teil 1. Magdeburg: Selbstverl. d. Hist. Kommission 1926 (= Geschichtsquellen d. Prov. Sachsen u.d. Freistaates Anhalt).
- PATZE, Hans; AUFGEBAUER, Peter (Hrsg.): Thüringen. 2. Aufl. Stuttgart: A. Kröner 1989 (= Handbuch d. historischen Stätten Deutschlands. Bd. 9 = Kröners Taschenausgabe. Bd. 313).
- PATZE, Hans; SCHLESINGER, Walter (Hrsg.): Geschichte Thüringens. Bd. 2, Teil l: Hohes und spätes Mittelalter. Köln, Wien: Böhlau 1974 (= Mitteldeutsche Forschungen. Bd. 48, II, T. 1).
- PROCHASKA, Walter: Der Wüstungsvorgang auf dem Mittel- und Südeichsfelde. - In: Eichsfelder Heimtstimmen 1986, 30, S. 311 - 318.
- REGESTEN der Erzbischöfe von Mainz.
Abt. I Bd. l (1289 - 1328). Bearb. von Ernst Vogt. Leipzig 1913.
Abt. I Bd. 2 (1328 - 1353). Bearb. von Heinrich Otto. Darmstadt 1932 - 1935.
Abt. II Bd. l (1354 - 1371). Bearb. von Fritz Vigener. Leipzig 1914.
- SONNTAG, Franz Peter: Das Kollegiatstift St. Marien zu Erfurt von 1117 - 1400. Leipzig. St. Benno Verl. 1962 (= Erfurter Theologische Studien. Bd. 13).
- VÖLKER, Christoph: Das älteste Güterverzeichnis des Amtes Bischofstein aus dem Jahre 1358 (?). - In: Unser Eichsfeld 1930,25, S. 14 - 19; 42 - 48.
- VÖLKER, Christoph: Der Besitz der Burg Bischofstein um die Mitte des 14. Jahrhunderts. - In: Unser Eichsfeld 1939, 34, S. 102 - 116.
- WANGENHEIM, Friedrich H. A. v.: Regesten und Urkunden zur Geschichte des Geschlechts Wangenheim und seiner Besitzungen. 1. Sammlung. Hannover: F. Culemann 1857.
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- WINTZINGERODA-KNORR, Levin v.: Die Wüstungen des Eichsfeldes. Halle/S.: O. Hendel 1903 (= Geschichtsquellen d. Provinz Sachsen. Bd. 40).
- WOLF, Johann: Geschichte des ehemaligen Klosters Steine bei Nörten. Göttingen: J.G. Rosenbusch 1800.