Der Viadukt von Lengenfeld

Das Wahrzeichen des Taldorfes Lengenfeld unterm Stein ist der weit das Dorf überspannende Eisenbahnviadukt. Dieser Viadukt ist über 125 Jahre alt. Was führte zu seiner Errichtung?

– Bereits 1875 wurde mit dem Unterbau begonnen. Es galt, das Fundament, die 7 Brückenpfeiler und die beiden Brückenköpfe in Angriff zu nehmen. Die Mauerarbeiten am Viadukt wurden im Juni 1877 begonnen und im Herbst 1878 beendet. Für die Pfeiler mit einem Fußumfang von je 18 Metern wurden die sehr harten Muschelkalksteine aus den Eigenrieder und Strüther Brüchen angefahren. Dazu schafften sich damals mehrere Fuhrunternehmer ein zweites und auch ein drittes Pferd an.

Im Bereich des Baugeländes mussten 11 Wohn- und Wirtschaftsgebäude abgebrochen werden. Die zum Bau herangezogenen ausländischen Arbeiter (vor allem Italiener) waren in Baracken auf dem nahen Bischofstein untergebracht. Es halfen auch einige einheimische Saisonarbeiter. Die umfangreichen Bauarbeiten, die im August 1879 vollendet werden konnten, waren teilweise recht schwierig – wegen des felsigen und hügeligen Geländes.

Mehrere Bergeinschnitte, Bergrücken und Tunnel mussten bewältigt werden und schafften mancherlei Probleme. Die Brücke hat eine Höhe von 28,5 Metern und zieht sich in einer Länge von 260 Metern über Lengenfeld hin. Die Eisenteile des Tragwerkes und des Oberbaues stammen aus Ruhr-Werkstätten. Ein altes Lengenfelder Tagebuch, das vom Bauern und Ziegeleibesitzer Joseph Hahn von 1832-1881 geführt wurde, übermittelt, wann die erste Testfahrt auf dem Viadukt vollzogen wurde: „Den 8. September 1879 ist der Eisenbahnzug mit der Lokomotive das erste Mal mit Sand auf der Eisenbahnbrücke über das Dorf gefahren.“

Der Beweggrund zum Bau des Viaduktes lag einmal in strategischen Erwägungen, da nach dem Deutsch-Franzöischen Krieg (1870-1871) die neu gewonnen Gebiete schnell erreichbar sein sollten. Zu diesem Zweck wurde die so genannte „Kanonenbahn“, ursprünglich aus militärischen Gründen, errichtet, Zum anderen sollte das damals noch sehr weitmaschige Eisenbahnnetz mit der Verbindung Leinefelde/Hessen eine weitere Verbesserung erfahren. Als in den Apriltagen 1945 ein Pionierkommando den Viadukt sprengen wollte, setzte sich der damalige Bürgermeister Franz Müller in kluger Verhandlungstaktik dafür ein, dass man davon abließ und somit größeres Unheil für das Dorf und das Friedatal verhindert wurde.

Quelle: Eichsfelder Heimatstimmen, Heft 11/November 1984

Anmerkung:
Als Teil der Eichsfelder Kanonenbahn wird der Lengenfelder Eisenbahnviadukt heutzutage touristisch genutzt und u.a. mit Fahrraddraisinen befahren.