Der Teufel mit der Bohnenstange
Es gab einmal ein Ehepaar, welches nicht reich, jedoch recht glücklich miteinander verheiratet war. Schon alle seine Künste hatte das Teufelsvolk aufgeboten, und keine Macht der Welt und der Hölle hatte vermocht, das Ehepaar zu entzweien. Ganz im Gegenteil, es war fast, als wüchse nach jedem fehlgeschlagenen Versuch das Ehepaar noch fester und inniger zusammen.
Ja, und bei so etwas, wer kann's verdenken, da hat selbst ein sehr gewiefter Oberteufel seine Probleme. Denn es ist ja halt so, gerade das Gute brennt und juckt dem Bösen unter den Nägeln. Und er scheut weder Stege noch Wege, keinerlei Zeit und Anstrengung, um alles zu verderben und es hinab in den Schlamm zu ziehen! Da es ihm nun nicht gelang, versuchte er ein altbewährtes Mittel, sich einer anderen Person zu bedienen.
Wie er nun so hin und her grübelte, fiel ihm die Nachbarin der Eheleute ein. Er kannte sie schon lange und wusste, sie war bösartig, neidisch und recht geschwätzig, obwohl sie keinen einzigen Zahn mehr im Munde hatte. Und ihr Gewissen, das hatte schon gleich nach ihrer Geburt Schaden erlitten und war im Laufe der Zeit sogar fast abhanden gekommen! Vielleicht war es auch versäumt worden, ihr ein normales zu geben! Der armselige Rest, der davon noch existierte, glich einem abgenutzten, schmutzigen und durchlöcherten Scheuerlappen.
Er wusste genauestens Bescheid, wohin die Füße diese Frau trugen, und deshalb lehnte er eines schönen Tages seinen Körper, mit seinem besten Frack bekleidet und mit einem Zylinder auf dem Kopf, an die Dorflinde. Kurze Zeit später öffnete sich das gegenüber liegende Hoftor, und heraus trat die Nachbarin.
Als sie nun neugierig sich der Linde zu nähern versuchte, um sich den wunderlichen Mann dort zu betrachten, winkte er sie gleich zu sich heran. Sie kam auch sofort. Er tat nun recht freundlich und geheimnisvoll und befragte sie nach dem Ehepaar aus der Nachbarschaft.
„Ach", meinte sie, „wie sollen die schon sein." Schlecht seien die doch auch, die ganze Welt sei so. „So?" fragte der Teufel, und er war fürwahr erstaunt dabei. „Wo gibt's in der Welt was Gutes?", krächzte sie und reckte ihren hässlichen Kopf dicht an den des Teufels heran. Unwillkürlich zuckte der Teufel um einiges zurück. „Ha, vielleicht ist es bei denen mit der Treue auch nicht so weit her wie alle Leute denken?"
Bei diesem Ausspruch traf ihn ein schadenfroher und hämischer Blick aus ihren kleinen, schwarzen und stechenden Augen, worauf er sich ein wenig schüttelte! „Das war's!" Innerlich zufrieden grinste er über das ganze Gesicht, ging sofort auf diese ihre Redewendung ein und stellte ihr die Frage, ob sie denn das nicht den beiden mal beibringen könne, dass es bei ihnen untereinander mit der Treue nicht so ganz stimme.
Das täte sie mit größter Wonne, antwortete sie ihm, aber da es ihm anscheinend auch danach gelüste, diesem Ehepaar Zwistigkeiten zu bereiten, erbitte sie sich von ihm dafür ein Geschenk. Er sei ja, wenn sie ihn so betrachte, ein feiner und reicher Herr, welches er alsbald bejahte. „Welch ein ausgekochtes Biest", schwirrte es ihm durch den Kopf, „denn wie es scheint, kommt sie an Schlechtigkeit und Raffinesse noch ein gehöriges Stück vor mir." Nach ihrem Wunsch nun befragt, äußerte sie sich, sie wünsche sich ein paar neue, rote Schuhe, aber, bitte schön, welche vom Nobelsten und Feinsten! Worauf er beteuerte, diese Schuhe ihr zu übergeben, aber sie müsse, wie bei jedem ordentlichen Geschäft, eine Frist ansetzen, denn ohne Vereinbarung gäbe es auch keinerlei Bedingungen! „In einer Woche, um diese Zeit und Stunde, an diesem Platze", antwortete sie ihm, aber er solle dabei die Schuhe nicht vergessen!
Sogar ein Teufel gibt sich alle Mühe, sein Wort zu halten, und so stand er denn zum verabredeten Zeitpunkt pünktlich an Ort und Stelle. Zu seiner großen Freude hatte er schon vom Unfrieden, dem Zank und Streit im Nachbarhaus, vernommen und sich schon mehrmals kräftig die Hände gerieben. Aber zu ihr, da hielt er dann doch ob ihrer großen Schlechtigkeit einen gehörigen Abstand. Deshalb hatte er eine Bohnenstange mitgebracht, an welcher er das Paar nagelneue Schuhe vorn befestigte. Daran aufgespießt schob er sie zu ihr herüber und machte sich danach ohne jede Umschweife und Verzögerung sofort auf die Heimreise.
Anneliese Blacha