Der Monat November – Totengedenken (2002)

Wenn der „Goldene Oktober“ sich dem Ende zuneigt, nachdem wir Erntedankfest und Kirmes gefeiert haben, folgt bekanntlich der grau- und nebelverhangene Toten-Monat November. Der Monat November ist daher ein Monat, der das Gemütsdasein des Menschen stark für sich in Anspruch nimmt.

Allerheiligen, Allerseelen, Totensonntag, Volkstrauertag, das sind Gedenktage unserer beiden christlichen Kirchen sowie des Staates. Jedes Jahr aufs Neue, wenn die Herbststürme toben, die Blätter von den Bäumen fallen, die Vegetation in der Natur endet, die Tage recht trüb und kurz sind, werden wir modernen Menschen von heute etwas nachdenklich. Ja man denkt auch schon einmal an Tod und Sterben. Das Letztere wird ja allzu gern von uns Menschen verdrängt. Doch gehören Geburt und Tod seit eh und je zur Schöpfung und zum täglichen Leben.

Bereits vor der „Großen Kirmes“ ist emsiges Schaffen auf dem Friedhof, die Angehörigen kümmern sich um die Gräber ihrer Lieben, bepflanzen sie mit winterfesten Blumen und Stauden und decken sie vor Schnee und Frost mit Tannengrün ab.

In den folgenden Novembertagen kommen viele Menschen auf den Friedhof, stecken Kerzen und Lampen an und verweilen – ein stilles Gebet sprechend – an den Gräbern.

Am Abend von Allerheiligen und Allerseelen werden mit der ganzen Gemeinde Allerseelenandachten auf dem Friedhof gehalten. Es ist ein schöner Brauch, im stillen Gedenken oder im Gebet mit seinen lieben Verstorbenen verbunden zu sein. Man hält praktisch Zwiesprache und fühlt sich in Stille besonders nah verbunden.

Kaum im Laufe eines Jahres sieht man so viele Menschen auf dem Friedhof wie gerade jetzt an den kommenden Novembertagen. In diesen Tagen werden wir Menschen jedes Jahr erneut daran erinnert, dass wir alle – ob arm oder reich – diesen Weg einmal gehen müssen und niemand vor dem Tod gefeit ist.

Mancher unserer Verwandten, Freunde, Nachbarn, Schulkameraden, Arbeitskollegen und Bekannten stirbt viel zu früh. Wenn man in diesen Tagen durch die Grabreihen schreitet, waren es im verflossenen Jahr auch wieder Menschen, die uns sehr nahestanden und um die wir trauern. Und wenn man jeden noch persönlich kennt, der in diesen Gräbern ruht, dann hat man gewissermaßen bereits selbst ein Seniorenalter erreicht.

So fiel mir in diesen Tagen ein Klassenfoto aus dem Jahre 1936 in die Hand. Von 60 Schülern ist fast die Hälfte nicht mehr am Leben. Das machte mich schon etwas nachdenklich! So bewahrheitet sich: „Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde …“ (Matthäus 25,13)

Oft stellt man auch insgeheim fest, dass vor langen Jahren Verstorbene von uns damals jungen Menschen als sehr alt angesehen wurden. Schaut man aber heute auf den Grabstein nach dem erreichten Lebensalter, so erschreckt man oft mit der Feststellung: Gott, die waren an ihrem Todestag noch um Jahre jünger, als wir heute schon sind.

Von meiner Großmutter Wilhelmine vergesse ich daher folgende Worte nicht, die sie mir öfters mit auf den Weg gab: „Alte Leute müssen sterben, junge Leute können sterben.“ Diese Worte meiner Großmutter haben sich im Laufe meines Lebens – auch in meiner Familie – schon oft bestätigt.

Oft kommt Gevatter Tod ganz plötzlich und überraschend und mäht ganz junges, blühendes Leben danieder. Für uns Menschen oft unbegreiflich und kaum fassbar.

Und so werden wir im Totenmonat November vielen Menschen auf dem Friedhof begegnen, im würdigen und stillen Gedenken ihrer Verstorbenen.

Es sollte uns daher auch immer bewusst sein: Unser Friedhof ist die „letzte Ruhestätte“ für unsere Verstorbenen und daher können wir oft als letzten Gruß die Worte „Ruhe sauft – Ruhe In Frieden“ verwenden.

Und diese Ruhe sollte wirklich im Sinne des Wortes hier als Maxime gelten!

Ein Gedenken an unserem im Jahre 1999 restaurierten und wiedereingeweihten Kriegerdenkmal wäre sicher auch überlegens- und wünschenswert, immerhin haben in beiden Weltkriegen 194 Lengenfelder ihr junges Leben lassen müssen.

Besonders viele ältere Menschen haben den Wunsch zum Ausdruck gebracht.


Willi Tasch
(Quelle: Lengenfelder Echo, November-Ausgabe 2002, S. 4)


PS: Von interessierten Bürgern wurden in letzter Zeit oft die Fragen gestellt:

1. Gedenkt man in nächster Zeit, ein Grabfeld für Familiengräber (Doppelgräber) zu schaffen?

2.  Ist es überlegenswert, ein Grabfeld für Urnengräber bereit zu halten?

3. Welche Grabreihen werden demnächst nach 30-jähriger Liegezeit geräumt?

4. Kann man im nächsten Jahr mit einer Wasserentnahme stelle in der Nähe der Leichenhalle rechnen?

Für eine Antwort hier im „Lengenfelder Echo“ wären viele Lengenfelder Bürger dankbar, meint Ihr Willi Tasch.