Der Hilfensberg – Eine historische Beschreibung aus dem Jahre 1888
Eine Stunde nördlich von Wannfried, vier Stunden südlich von Heiligenstadt, fünf Stunden westlich von Mühlhausen und drei Stunden östlich von Eschwege liegt der Hilfensberg, 1024 Pariser Fuß hoch. Dicht am Berge, und zwar nach allen vier Himmelsgegenden hin, liegen vier Dörfer: Geismar nördlich, Töpfer westlich, Bebendorf südlich und Döringsdorf östlich. Von allen diesen Ortschaften aus führen Pfade auf die Höhe, der beliebteste und daher am häufigsten besuchte ist der von Geismar aus. Er ist nicht nur der bequemste, sondern wird auch deshalb von den meisten Wallfahrern gewählt, weil an ihm, um die Wallfahrer, während sie den Berg hinansteigen, mit andächtigen Gedanken zu beschäftigen, Stationen errichtet sind, vor denen die Pilger ihre Andacht verrichten. Den Gedanken, diese Bildstöcke aufzuführen, faßte um das Jahr 1681 ein Jesuit, dessen Name nicht mehr bekannt ist, — die freiwilligen Gaben dazu aber flossen so spärlich, daß er in acht Jahren nur fünf derselben errichten lassen konnte. Als er starb, bat er den Pater Arnold Wallraff, welcher damals Landmissionar und ein sehr thätiger Mann war, das von ihm angefangene Werk zu vollenden. Wallraff versprach es dem Sterbenden und es gelang auch seinem Eifer, in zwei Jahren fünf neue Stationen errichten lassen zu können, zu deren Herstellung die Freifrau Isabelle Henriette von Nievenhenn, Gemahlin des Freiherrn von Nievenhenn, Generallieutenants und Commandanten von Göttingen, das Bedeutendste beigesteuert hatte. Sie war seit vielen Jahren von den heftigsten Kopfschmerzen geplagt gewesen, hatte dagegen Allerlei, aber ohne die geringste Linderung zu spüren, gebraucht und endlich gelobt, eine Wallfahrt nach dem Hilfensberge zu unternehmen. Im Jahre 1691 erfüllte sie ihr Gelübde, bestieg den Berg und verrichtete vor jeder Station mit Inbrunst ihre Andacht, und da nun schon auf der Rückreise ihr Uebel verschwand, so schickte sie schon nach drei Tagen dem Missionar zu Heiligenstadt nicht nur eine nicht unansehnliche Summe Geldes, welche zur Vollendung der Stationen verwendet werden sollte, sondern theilte auch zu Göttingen reichliche Almosen unter die Armen aus. Die noch fehlenden Stationen sind im Jahre 1773 durch die Fürsorge des Pfarrers Fühlrott aufgestellt worden.
Auf der nördlichen Seite des Berges befindet sich ein stets mit reinem klarem Wasser versehener Quell, welcher „der Hilfensbrunnen“ genannt wird und den man an Wallfahrtstagen beständig von Pilgern umlagert sieht. Wenn man von Döringsdorf aus die Höhe ersteigt, so trifft man links vom Wege den „Bonifaziusbrunnen“, welcher noch höher als der Hilfensbrunnen liegt, dessen Wasser aber mit dem des Hilfensbrunnen keinen Vergleich aushält. Nach langem und anstrengendem Steigen kommen wir endlich auf dem Gipfel des Berges an und erblicken nun eine mit Rasen bedeckte Hochfläche von etwa 500 Quadratruthen Umfang, auf deren nördlichem etwas erhöhtem Theile eine Kirche, eine Kapelle und ein zur Aufnahme der an Wallfahrtstagen hierher kommenden Geistlichen bestimmtes Haus stehen. Mit der größten Gespanntheit eilen wir der Kirche zu, finden uns aber sehr getäuscht, denn nach dem Rufe, welchen der Hilfensberg hat, glaubt man wenigstens eine schöne, große Kirche anzutreffen; die sämmtlichen Gebäude sind aber überaus einfach und zum Theil nur durch ihr hohes Alter merkwürdig. Erhübe sich hier eine von Meisterhänden aufgeführte gothische Kirche, es könnte kein schönerer Platz für eine solche gefunden werden, als der hiesige.
Der älteste Theil der Kirche ist die sogenannte Bonifaziuskapelle, welche mit der Kirche unter einem Dache steht und deren Chor bildet. Diese Bonifaziuskapelle hat – ein Zeichen ihres sehr hohen Alters – zwei überaus schmale Fensterchen, zwei Thüren und einen offenen Bogen, vor welchem das Volk, ehe die Kirche gebaut wurde, unter freiem Himmel stehend die Messe hörte.
Links neben einem Opferstocke steht das Bild der heiligen Märtyrin Wilgefortis, welche auch „die heilige Kümmernis“ und „die heilige Hilfe“ genannt wird. Sie wurde vor Alters in den Niederlanden, in der Normandie, in England, in der Schweiz und in Deutschland, namentlich in Westfalen, verehrt. Sie war die Tochter eines Königs von Portugal und von so ausgezeichneter Schönheit, daß sich ihr eigener Vater in sie verliebte. Da sie Tag und Nacht vor ihm keine Ruhe hatte und sich seiner auf keine Weise mehr zu erwehren vermochte, bat sie Gott inbrünstig, sie ihrem Vater widerwärtig zu machen und sie irgendwie zu verunstalten. Ihr Gebet wurde sogleich erhört, denn es wuchs ihr von Stunde an ein struppiger, häßlicher Bart, der ihr holdes Antlitz ganz und gar entstellte. Der ergrimmte Vater aber, als er das sah, gerieth in Wuth, ließ sie ergreifen, martern und endlich an's Kreuz schlagen. So die Legende.
Nach Inschriften forscht man an der Außenseite der Kirche vergeblich, man müßte denn die über der südlichen Thüre befindlichen Worte:
Jacobus Seboth Maler anno 1679
als eine solche betrachten.
Die Kirche, welche auf vier Pfeilern ruht und nach der Angabe des Pater Weißmüller eine Länge von 79 und eine Breite von 69 Nürnberger Werkschuhen hat, enthält fünf Altäre, nämlich den mit der Jahreszahl 1676 bezeichneten Hochaltar, vor welchem Messe gelesen wird, – den Bonifaziusaltar, welcher rechts neben dem Hochaltare steht und dessen Wappen und Inschrift
Christianus Hassiae Landgravius
1735, 26. Maji
den Stifter anzeigen, – den Johannisaltar links neben dem Hochaltar und den Josephs- und den Michaelsaltar in dem unteren Theile der Kirche.
Nicht weit vom Hochaltar sehen wir einen Reliquienkasten aufgestellt, an welchem die Namen mehrerer Märtyrer stehen, nämlich: S. Alexander Mar. — S. Constantia M. — S. Benedictus Mar. — S. Bonifacius. — S. Paulinus M. — S. Adrianus Mar. — S. Florus Mar. — S. Ursula Mar. An Wallfahrtstagen wird dieser Reliquienkasten mit um die Kirche getragen.
Der Taufstein stammt aus dem 17. Jahrhundert und führt die Inschrift: „Diesen Taufstein hat machen lassen Anno 1613 Ziligax Han zu g. Bartluff.“
An dem zweiten nördlichen Pfeiler lesen wir die Worte:
Hoc templum David Böddener monasterii Annarodae 18 decembris anno 1577 Praepositus pingi curavit mensibus aprilis, Julii, augusti, et septembris anno 1619.
Ein von schwarzem Marmor verfertigter Leichenstein deckt die Gebeine eines Prinzen Ernst von Hessen-Rheinfels, wie die Inschrift erzählt:
Ernestus Serenissimorum Principum Caroli Hassiae Rheinfels Landgravii et Alexandrinae Julianae natae Comitissae de Leiningen filius natus die 28. april. obiit die 23. Junii anno 1681 Wanfridae.
Bei der Kirche steht noch eine Kapelle, welche im Jahre 1716 erbaut worden ist. Der in derselben befindliche schöne Altar ist von dem Landgrafen Christian von Hessen gestiftet worden. Der Hauptwallfahrtstag ist der Montag nach Trinitatis, welcher „der Hilfenstag“ genannt wird. Drei Chronisten, welche zu Ende des 16. Jahrhunderts schrieben, nämlich Bange, Letzner und Spangenberg, sind die ersten, welche uns von dem Hilfensberge etwas berichten. Ihnen fast wörtlich nach erzählen ohne eigene Prüfung eine Menge Schriftsteller, namentlich Sagittar und Calvör. Sie Alle sagen uns theils mehr, theils weniger ausführlich Folgendes:
„Von Geißmar in Nieder-Hessen soll Bonifacius mit den Seinen über die Werra und auf den Stuffenberg gezogen sein. — Dieser Berg ist auf dem Eichsfeld zwischen Heiligenstadt und Eschwege und, wie Spangenberg schreibt, zwischen den beyden Berg-Häusern Gleichenstein und Bischoffsstein in der Junckern von Hanstein Gebiethe gelegen und heißet itzo St. Gehölffenberg. Darauf soll ein teuffelischer Götze gestanden sein, Stuffo genandt (weil man vielleicht an ihm, wenn es Noth gethan, sich stüven, das ist, stützen und halten sollen), welchen das benachbarte Volk, denen er wie ein Oraculum auf ihre Fragen Red' und Antwort gegeben, angebetet."
„Als aber dieses Bonifacio berichtet worden, ist er mit etlichen Christen auf den Berg gestiegen, am Sonntag Septuagesima wider diesen Götzen gepredigt, Gott angerufen und dadurch den Teufel im Namen Christi gebothen, sich in den Abgrund der Höllen zu packen, darauf denn auch der böse Feind mit großem Geschrey und wüstem Gestank ausgefahren (wie die gemeine Rede gehet), den Berg gespalten und sich also verlohren. Daher dieselbige Spalt noch heutigen Tages das Stuvesloch oder Höhle heissen und zu Ungewitters Zeiten ein gewaltiger Dampf und Nebel herausgehen soll.“
An statt dieses Götzenhauses soll Bonifacius im J. 724 daselbst ein Capell gebaut und einen Priester dahin verordnet haben, der das Volk im christlichen Glauben unterwiese.
„Während die Capelle gebaut wurde, kam oft ein Mann gegangen, der fragte: was es denn geben sollte? — Die Zimmerleute antworteten immer: ei, eine Scheuer soll‘s geben! — Da ging er wieder seine Wege. — Zuletzt aber wurde die Kirche immer mehr fertig und der Altar aufgebaut und das Kreuz glücklich gesteckt. Wie nun der böse Feind – denn das war jener Mann – wieder kam und das alles sehen mußte, ergrimmte er und fuhr aus oben durch den Giebel, und das Loch, das er da gemacht, ist noch bis auf den heutigen Tag zu sehen und kann nimmer zugebaut werden. Auch ist er inwendig in den Berg gefahren und suchte die Kirche zu zertrümmern, es war aber eitel und vergebens.“
„Das umgestürzte Bild des Götzen Stuffo haben aber seine Verehrer genommen und zu Mühlhausen in Thüringen hinter die Orgel in der Dominikaner- oder Prediger-Kirchen am Steinwege, welche Anno 1589 abgebrannt und noch wüste steht, gesetzet. Als aber Thomas Müntzer, gewesener Prediger zu Allstädt in Thüringen, in dem sogenannten Bauernkriege zu Mühlhausen, durch Beistand des unruhigen Pöbels in Geistlichen und Weltlichen Sachen herrschte, so ließ er diese vermeinte Antiquität aus der Kirche werfen und zerschlagen. Anno 1525."
Nachdem man das eben Erzählte 299 Jahre lang auf Treue und Glauben angenommen hatte, trat der um die Geschichte des Eichsfeldes so sehr verdiente Kanonikus Wolf auf und suchte zu beweisen, daß Bonifazius auf dem Hilfensberge keinen Götzen Stuffo habe stürzen können, da es nie einen Abgott dieses Namens gegeben habe.
Ob Wolf und andere neuere Schriftsteller, welche die einst stattgefundene Verehrung des Stuffo, des Krodo, der Lohra, Jecha u. s. w. leugnen, immer Recht haben, lassen wir dahin gestellt, denn anstatt die Angaben der Chronisten gehörig zu prüfen und an den Orten, wo jene Götter verehrt sein sollen, nach Spuren des ehemaligen Götzendienstes zu forschen, halten es viele sonst ehrenwerte Gelehrte für gerathener, die von den alten Chronisten erwähnten Götter für ersonnen und abgeschmackt zu erklären, und, wo man dies nicht thun konnte, dieselben, um ihrer nur recht bald los zu werden, für gallische oder slavische Gottheiten auszugeben; aber das hat Wolf bewiesen, daß Bonifazius keine Kirche auf unserem Berge erbaut haben kann.
„Des Bonifazius Reisegefährten und Zeitgenossen“, sagt er – „mußten ohne Zweifel am Besten wissen, wo er in Thüringen Kirchen erbaut habe; sie wissen aber nur von zweien, von einer zu Erfurt und von einer zu Ordruf. Die damaligen Umstände erlaubten auch dem heiligen Bonifazius nicht, noch anderswo in Thüringen Kirchen zu bauen, denn schon vor seiner Ankunft in dieses Land hatten die Sachsen und Thüringer Krieg mit einander geführt, wodurch das Land erbärmlich verwüstet worden und die Einwohner ganz verarmt waren und der leidige Krieg dauerte noch immer fort. Deswegen mußte sich Bonifazius oft in die ihm nahe gelegene Burg flüchten, welche man für Erfurt hält. Ueberdies war in dem an Nordthüringen grenzenden Theile von Südthüringen, wohin das Eichsfeld gehört, noch alles heidnisch. Es mußte erst eine beträchtliche Zahl Heiden zur christlichen Religion bekehrt sein, ehe man an Kirchenbauten denken konnte; sonst würden sie morgen niedergerissen haben, was die Christen heute aufgebaut hätten. Unter den Bekehrten mußten einige Große des Landes sein, die nicht nur den Platz und die Baukosten, sondern auch den Unterhalt der Kirche und des Geistlichen hergaben, wie dies zu Amöneburg und Ordruf der Fall war. Dann fehlte es dem heiligen Bonifazius an Priestern, die er bei den Kirchen hätte anstellen können, und dann wollte er auch durchaus keine Kirchen in der Nähe der heidnischen Sachsen bauen lassen, aus Furcht, sie möchten ihm bald niedergerissen werden. Aus dieser Ursache verwarf er den vom heiligen Sturmius 743 zum Klosterbau ausgesuchten Platz bei Hersfeld, und dieser mußte in dem Buchenwalde einen anderen Ort suchen da, wo jetzt Fulda steht. Wenn ihm nun 743 Hersfeld den Sachsen zu nahe lag, wie können wir glauben, daß er schon 724 eine Kirche auf den Stuffenberg gebaut habe, die ungleich näher, nur drei Meilen von den sächsischen Grenzen stand alle Tage geschleift werden konnte? Dieser Grund allein scheint mir wider die Bonifazius-Capelle entscheidend zu sein. Endlich wäre der Stuffenberg, wenn Bonifacius doch eine Kirche in der hiesigen Gegend hätte wollen und können bauen, der allerunschicklichste Platz dazu gewesen. Er ist sehr hoch, ragt über alle seine Nachbarn hervor, er war damals noch ganz Wald, fast unzugänglich, wohin die neuen Christen im Winter gar nicht und im Sommer nur mit großer Mühe kommen konnten, um Messe und Predigten zu hören und die heiligen Sakramente zu empfangen. Sollte hierauf der heilige Bonifazius keine Rücksicht genommen haben? Endlich ließen sich noch zwei Fragen stellen: erstens, warum hat man gar keine Spuren, daß die Bergkirche je eine Pfarrkirche gewesen sei? Zweitens, wo sind ihre Stiftungsgüter hingekommen? Endlich fragt sich auch noch, ob die ersten Kirchen des heiligen Bonifazius von Holz oder von Steinen gewesen sind. Wäre die Kirche auf dem Hilfensberge wirklich von Bonifazius um das Jahr 724 erbaut worden, so stände sie jetzt elfhundert und einige zwanzig Jahre und hätte aller Wuth der Winde und allen Stürmen des Wetters getrotzt, was gewiß Niemand glauben wird.“
Wider diese von Wolf angegebenen Gründe gegen den Volksglauben könnte man anführen, daß das in der Nähe des Berges gelegene Städtchen Wanfried von Winfried, wie Bonifazius eigentlich hieß, und der schon erwähnte Bonifaziusbrunnen, von Bonifazius den Namen erhalten; allein wir haben in Gegenden, in welche Bonifazius nachweislich niemals gekommen ist, so viele Berge, Felsen und Quellen, welche von ihm den Namen führen, daß sich daraus durchaus keine Folgerung ziehen läßt.
Eben so wenig läßt sich beweisen, daß Karl der Große die Veranlassung gegeben habe, daß der Berg, welcher fortwährend „der Staufenberg“ hieß, durch ihn „Hilfensberg“ genannt worden sei.
Als nämlich — erzählt Letzner — Anno 774 die Sachsen an der Werra bei Treffurt von Carlo Magno waren geschlagen worden, ist Carolus mit seinen Rittern und Hauptleuten auf den Stuffenberg, Mons Stullonis genannt, da vor weniger Zeit St. Bonifacius den heidnischen und Teufels Abgott verflucht und an die Stelle ein Oratorium, Gotteshäuslein und Capell gebaut hat, gezogen und daselbst Gott dem allmächtigen vor den Sieg und gnädige Ueberwindung herzlich gedankt bekannt und gesagt: Hier hat uns Gott und sonst Niemand geholfen. Das fürgeführte Kreuz daselbst gelassen und daneben ein reiches Opfer gethan und verordnet, daß man daselbst St. Bonifacius Capell erweitern und vergrößern sollt, wie auch nach Zeiten geschehen ist. Man hat auch nach dieser Zeit diesen Berg nicht mehr Stuffenberg, sondern St. Gehülfensberg geheißen, als er noch heißt.
Und dieweil Carolus M. nach geendigter Danksagung das Kreuz von dem Ritter Eitel Heisen genommen und der obgemeldeten Capelle verehrt und aufrichten lassen, hat man dasselbe in großen Ehren gehalten. So sind auch dabei, wie die Legenden halten, viele Wunder und Zeichen geschehen.“ Der alte Letzner erzählt Alles so ausführlich und genau, daß man auf den Gedanken geräth, er sei selbst zugegen gewesen und habe Alles mit eigenen Augen gesehen. Wenn er aber auch ganz speziell berichtet, daß der Ritter Heise, welcher das Kreuz Christi den Berg hinantrug, seit der Zeit Christi lignum Fortis genannt worden, woraus später der Name Karstlingerode entstanden sei, wenn er ferner erzählt, daß Karl der Große diesen Ritter mit dem Stufenberge und der Umgegend belehnt habe; — so ist doch schon längst seine ganze Erzählung für eine offenbare Fabel erklärt worden. — Karl der Große hat nämlich an der Werra niemals mit den Sachsen gekämpft und im J. 774 am wenigsten, denn damals stand er vor Pavia in Italien. Auch erzählt keiner seiner Lebensbeschreiber das Geringste davon, weil sie aber einstimmig berichten, daß Karl 783 bei dem Berge Osnegg nicht weit von Detmold in Westfalen über die Sachsen gesiegt habe, und daß von den dortigen ersten Christen zum Andenken an diesen Sieg auf einem Berge eine Capelle, sanctorum confessorum, erbaut worden sei, so wird es höchst wahrscheinlich, daß man jene Schlacht am Hilfensberge bei Detmold irrtümlich an unsern Berg verlegt habe.
Bis zum Jahre 1367 wird in allen Urkunden der Berg noch fortwährend Staufenberg, Stoufenberg und Stufenberg genannt, in späteren lateinischen Urkunden heißt er: „mons auxilii“, „mons auxiliaris“ oder „mons sancti salvatoris“, und in deutschen aus jener Zeit: „Sente Gehilffin-Berg, der Berg zu Sent Gehilfen.“ Der Name „Hilfensberg" ist sehr verschiedentlich erklärt worden. Die meisten leiten ihn von der heiligen Jungfrau Hilfe, der Wilgefortis, von welcher wir schon geredet haben, ab; — Andere von der Hilfe, welche schon viele unglückliche und presshafte Menschen durch Gebet und Opfer hier erlangten, Einige aber — und diese haben wahrscheinlich die richtige Ansicht — halten den deutschen Namen für eine Uebersetzung des lateinischen Sanctus Salvator, des Kirchenpatrons, da die in dieser Zeit (1360) erbaute Kirche dem Heilande gewidmet worden war.
Vor dem Jahre 1360 waren die Wallfahrten auf den Berg noch höchst unbedeutend, was man daraus schließen kann, daß die Stiftsgeistlichen zu Heiligenstadt im Jahre 1357 die Pfarrkirche zu Geismar mit der Kapelle auf dem Stuffenberge, worüber sie das Patronatrecht hatten, nur gegen eine andere Kirche an das Kloster Annarode vertauschten. Wäre schon damals ein starker Zulauf nach dem Berge gewesen und wäre daselbst reichlich geopfert worden, so würden die Stiftsgeistlichen die Kapelle gewiß nicht dem Kloster Annarode überlassen, sondern für sich selber behalten haben. Sie hätten ohne Zweifel einen Kanonikus nach Geismar gesetzt, welcher die so einträgliche Pfarrei hätte verwalten müssen, und die Kirche, welche bei häufigem Besuche viel zu enge gewesen sein würde, hätte man jedenfalls schon weit früher erweitert. Letzteres ist aber erst nach dem Jahre 1360 geschehen, wie eine Inschrift in der ehemaligen Karthause zu Erfurt mit folgenden Worten erzählt:
„Hie sehet an, wie diß Closter von erst uff kommen ist. In dem Jahr nach Christi Geburt MCCCLX was eine große Wallfahrt zu Sente Gehülffenberg bey Eschwe in Hessen, umb viel Wunderwerken willen, die da gescheen und viel von den Wallern groß Opfer dahin quam, das thete man in 3 Theil, das eine Theil dem Bischof, das andere dem Landherren, das dritte dem Pferner zu sente Gehülffen, und also bauete man da eine schöne Kirch, und der Pferner wurde reich und wohlhabendich mit viel Geld und Guts. Darnach ward der Pferner krank und machte sein Testament, dass der würdige Herr Johannes Ortinis ein Propst zu Dorle sollte sein Testamentarius seyn und all sein Gut in die Ehr Gottes zu seiner Seeligkeit wenden, wie er ihm vertrauet. So war derselbige Propst Er Johannes ein gottesforchtiger frommer Mann und erkanndte vor das best ein Carthaus zu stiften, und erwarb Laubde von dem Bischöfe zu Mainz, auch von dem Ehrsamen Rath zu Erffurt, bei Erfurt seine Meinung zu vollbringen.“
Die Einweihung der neuen Kirche geschah wahrscheinlich im Jahre 1367, wenigstens ertheilte der Mainzische Weihbischof Albrecht, ein Graf von Beichlingen, in diesem Jahre allen Denjenigen, welche sich, nach verrichteter Beichte, „gegen die Kirche unseres Heilandes Jesu Christi auf dem Stuffenberg und gegen die darin aufgerichteten Altäre wohlthätig erzeigen würden“, vierzig Tage Ablaß.
Mit dem eben Erzählten stimmt überein, was im Jahre 1429 vier alte Männer aussagten:
„Damals waren die von Keudel mit dem Kloster Annarode, welchem der Hilfensberg gehörte, und mit dem Kurfürstlichen Beamten auf dem Bischofsteine wegen des Stätte- und Faßgeldes in Streit gerathen. Diesen sollte der Domdechant Echter entscheiden. Er erkundigte sich bei vier alten Männern, deren jeder über achtzig Jahre, also bis zu 1349 zurück denken konnte, um den Ursprung des Streites. — Diese sagten aus: sie gedächten, daß bei der Wallfahrt an Pfingsten nicht eine Tonne Bier sei getrunken worden, und daß keine gebeuw uff St. Gehülffensberge forter stunde, dann die Capelle und opfferhaus und were zu der zeitt gut Friede in dem Lande, dass die Dorfe umb S. Gehülffensberg gebauwet und besatz weren, darnach queme die Fahrt von den Seeländern und besserte sich die Fahrt von Tage zu Tage, daß große Suchung dar geschehen, dass man Trank und Speise auff dem Berg führte, also machte sich es wider in einen Unfriede, dass die Dorffe umb S. Hülffensberge und andere in dem Lande verbrandt und verwüstet worden, also flohen die Ludichen ein Theil umb den Berg gesessen auff S. Hülffensberge umb Schutzes, Friedes und Gnade willen, und auch die Pilgrimen zu Beherbergen und ihr zu genießen, dass zu der Zeit, so durch Wohlthat übersehen wardt. Darnach also die Fahrt so groß und grob wart, unterstunden sich die Keudele von ihren Leuthen, die so hinauff geflohen waren, Faßgelt und Stettengelt zu haben, so wollten die Vögte vom Steine von meines gnedigen Herren von Meintz wegen auch das Faßgelt von Gerichtswegen von denselben Leuten haben, und wurden so die armen Leutte auff dem Berge von beiden Parteien von einem vor dem andern noch jährliches mit Gewalt gedrungen, dass sie das geben mussten, von solchen Rencken und Unwillen die Fahrt des Berges sehr abnahm und were die Lengede wüste worden. Ein solchs an meinen gnedigen Herrn von Meintz mit Clagreden gebracht war, also ward mein Herr Thumbdechant hieraus gesandt Anno zwanzig neun, der darumb verhörte die selbigen Ludolf von Gerterode, Apel Preuse, Legat von Kirchberg, Gerlach von Bardorff und andere alte glaubhafftige Lude und auch legende Urkundt. Nachdem also Er darin Kundtschaft und Brieffe fand, schied er das Gerichte S. Gehülffensberges zu meinem gnedigen Herrn von Meintz und den Eigenthumb S. Gehülffensberges dem Gotteshause und Jungfrauwen zu Annaroda und haben sich seint der Zeitt meines gnedigen Herren von Meintz Amptleuthe zum Strine zu dem Faßgelde und die Jungfrauwen zu den Stetten malch nach seiner Gerechtigkeit gehalten.“
Unter den eben erwähnten „Seeländern“ sind jedenfalls die Einwohner von Bremen zu verstehen, welche eifrige Verehrer des heiligen Helfers waren und schon im Jahre 1369 ihren Erzbischof um Ausstellung von dem Bilde der heiligen Hilfe baten, welches auch von demselben ohne Weiteres bewilligt wurde. Bemerkenswerth ist, daß von ihm zur Verehrung des heiligen Helfers und zu einer zu Ehren desselben abzuhaltenden Predigt in dem St. Georgen-Hospital der Montag nach Trinitatis, also derselbe Tag, welcher auf dem Eichsfelde „der Hilfenstag“ heißt, bestimmt wurde.
Vom Jahre 1430 an kamen Wallfahrer von Lübeck und es wurden derer in jedem Jahre mehr. Da nun 1443 der Zulauf nach dem Berge so groß war, daß wegen Mangel an Priestern nicht Alle, welche auf dem Berge erschienen waren, beichten konnten, so bat das Kloster Annarode den Bischof Ludwig von Turin, Legaten des Conciliums zu Basel, „hierin Vorsehung zu thun“, worauf denn derselbe auch verstattete, daß an den Wallfahrtstagen jedesmal drei Priester Beichte hören und, nach Befinden der Umstände, absolvieren sollten.
Im Jahre 1493 wohnte ein besonderer Pfarrer, Heinrich Eisenbeihl, und nach ihm noch mehrere andere Geistliche auf dem Hilfensberge, wohin auch die Gemeinde Töpfer eingepfarrt wurde.
Da um diese Zeit wiederum viele Zeichen und Wunder geschahen, so wurde der Zulauf immer größer und alle Diejenigen, welche auf dem Berge Hilfe gefunden hatten, ließen irgend eine Gabe des Dankes in der Kirche zurück, so daß dieselbe endlich mit kostbaren Kelchen, großen silbernen Monstranzen, funkelnden Meßgewändern, Heldenketten, Hals-, Arm- und Fußbändern, Zierrathen mancherlei Art, mit Stäben, Stelzen, Krücken und mit aus Wachs gebildeten Köpfen, Armen, Beinen, Füßen, Fingern und Zähnen, welche von Pilgern, namentlich aus dem Braunschweig'schen und Hildesheim'schen hieher verehrt worden waren, angefüllt, sie sind aber alle im dreißigjährigen Kriege entweder von den raubgierigen Soldaten mitgenommen worden oder auf andere Weise verloren gegangen.
Als Luther auftrat und gegen die Verehrung der Heiligen und gegen Prozessionen zu predigen ansang, nahmen die Wallfahrten bedeutend ab und selbst die Eichsfelder bestiegen den Hilfensberg wenigstens in Prozessionen nicht mehr, da die meisten in der Nähe des Berges gelegenen Pfarrstellen von lutherischen Patronatsherren mit lutherischen Predigern besetzt worden waren. Nachdem aber der Erzbischof Daniel im Jahre 1574 das Eichsfeld selbst besucht und gesehen hatte, was demselben Noth that, kamen auf seine Anordnung noch in demselben Jahre Jesuiten nach Heiligenstadt, welche das Volk durch Predigen und Katechisieren zur katholischen Religion zurückführen sollten. Am 18. Juni 1576 predigten sie zum ersten Male auf dem Hilfensberge und alle Eichsfelder, welche noch katholisch waren, liefen herbei, hörten die Predigt und beichteten.
Da die Jesuiten von jetzt ab an allen Wallfahrtstagen wieder auf dem Berge zu finden waren, der Erzbischof Daniel vierzehn evangelische Prediger aus vierzehn Dörfern ausweisen und an deren Stelle katholische einführen ließ, so kehrten bald viele Personen, ja 1577 die sämmtlichen Einwohner von fünf Dörfern zu ihrem alten Glauben zurück und die Wallfahrten nach dem Hilfensberge wurden mit jedem Jahre wieder glänzender, besonders da die Jesuiten, unter dem Beistande der Geistlichen, die Prozessionen dahin so glänzend als möglich auszuführen suchten, und auch vom Papste Clemens VIII. einen Ablaß für alle Diejenigen erwarben, welche auf dem Berge beichten, kommunizieren und für die Angelegenheiten der katholischen Kirche beten würden.
Im Jahre 1624 waren so viele Pilger auf dem Hilfensberge, daß sechs Priester aus dem Collegium zu Heiligenstadt nicht im Stande waren, alle Diejenigen von den Anwesenden, welche es wünschten, Beichte zu hören, der dreißigjährige Krieg aber unterbrach die Wallfahrten wieder auf eine geraume Zeit.
Nachdem jedoch durch den im Jahre 1648 geschlossenen westfälischen Frieden der Krieg beendet und die Ruhe wieder hergestellt worden war, erwachte auch sogleich die Sehnsucht der Eichsfelder, den Hilfensberg wieder einmal zu besteigen.
Vor dem Hilfenstage des Jahres 1649 herrschte daher auf dem ganzen Eichsfelde eine große Bewegung und man sah die Wallfahrer von allen Seiten her dem Berge zuströmen. Besonders ließen es sich die Bewohner von Heiligenstadt angelegen sein, mit großem Glänze dahin zu ziehen, indem die Bürgerschaft, was bisher nicht geschehen war, in Prozession dahin zu gehen beschloß und zu diesem Zwecke eine neue Fahne anfertigen ließ. Um die Feierlichkeit des Auszuges noch zu erhöhen, begleitete man die Prozession mit dem Hochwürdigsten bis an die Liboriuskapelle, wo man sie mit dem Segen entließ und am Abend des folgenden Tages auf dieselbe Weise wieder empfing, welcher Gebrauch auch für die Folge beibehalten wurde.
Später wurde das Ansehen des Berges bei den Landleuten noch dadurch besonders erhöht, daß der Kurfürst Johann Philipp im Jahre 1667 selbst nach dem Eichsfelde kam und den Hilfensberg besuchte. Der Kurfürst fuhr nämlich am achten Mai von Heiligenstadt nach Geismar, übernachtete daselbst, ritt am anderen Morgen ganz früh auf die Höhe, beichtete, las Messe, theilte das heilige Abendmahl aus und hörte andächtig die Predigt mit an, welche der Jesuit Pater Müller hielt. Einige Jahre später kam auch der Fürst Joachim von Fulda nach dem Berge, verrichtete auf demselben seine Andacht und schenkte einen Theil vom Arme des heil. Bonifazius in die Kirche.
Die Besorgung des Gottesdienstes auf dem Hilfensberge, außer den Wallfahrtstagen, wurde auf folgende Weise angeordnet. Der Pfarrer zu Geismar mußte vom Palmsonntage an bis zum Feste Allerheiligen Amt und Predigt, wobei die Gemeinden Bebendorf und Döringsdorf erscheinen müssen, auf dem Berge selbst, im Winter aber und zwar von Allerheiligen bis Palmsonntag in der Kirche zu Döringsdorf Gottesdienst halten. Damit aber auch die Umwohner des Berges in der Woche zuweilen Gelegenheit haben möchten, auf dem Berge Messe zu hören, stiftete Landgraf Christian von Hessen-Rheinfels, geboren 1689, ein Sohn des Landgrafen Carl von Hessen-Rheinfels und der Landgräfin Juliane Alexandrine, geborene Gräfin von Leiningen-Dachsburg, welcher zu Eschwege residierte, „zu größerer Ehre und Glorie Gottes, den Lebendigen und Abgestorbenen zum besondern Trost . . . nach vorhererlangtem Consens und Genehmigung des löblichen jungfräulichen Klosters Annarode, welchem benannter Hilfensberg cum jure patronatus incorporirt ist“, drei Messen wöchentlich und verordnete dabei:
„dass von obenangeführten 150 heiligen Messen nach Hinaussetzung beyder obbesagten, drei durch den von dem hochlöblichen Closter Annarode eigenthums und zu allen Zeiten anzunehmenden Sacrificanten, im Fall aber, dass derselbe Krankheit oder anderer erheblichen Ursachen halber verhindert und davon abgehalten würde, durch einen andern substituierenden Priester auf seine Kosten, Glocken 9 Uhr gelesen, die Tage aber, wann solche wegen seiner Parochial-Geschäften wiederum halten kann und lesen will, jedesmahl nach Haltung der vorherigen verkündet, auch eine Viertelstunde vorher denen am Fuß des Hilfenbergs wohnenden ein Zeichen gegeben werden solle und zwar sollen solche heilige Messen: die erste für Ihre hochfürstliche Durchlaucht Herrn Landgrafen Christian zu Hessen-Rheinfels als Fundator zur Erlangung eines glückseligen Sterbestündleins und damit der barmherzige gütige Gott Höchstdieselben nach erfolgtem ihrem Ableben von der durch menschliche Schwachheit im Leben sich zugezogener Strafe desto ehender befreien und zu seiner immer währenden Anschauung aufnehmen möge. Die zweite zum Trost der Seele weiland Ihre hochfürstlichen Durchlaucht Julianae Alexandrinae des Durchlauchtigen Herrn Fundatoris abgelebten Frau Mutter gebohrnen Gräfinn von Leiningen-Dachsburg, oder so fern diese menschlicher Hülfe nicht mehr benötigt wäre, für die armen Seelen im Fegfeuer, so der Erlösung am nächsten sein. Die dritte für Ihre hochfürstlichen Durchlaucht die Frau Landgräfin Franziska Xaveria, gebohrne Fürstinn von Hohenlohe-Waldenburg-Bartenstein, Gemahlin des durchlauchtigsten Herrn Fundatoris zur schuldigen Danksagung derer von göttlicher Güte empfangenen vielfältigen Gnaden und Erhaltung einer glückseligen Sterbstund, nach Ihrer Ableben aber zur Beruhigung ihrer Seele, jedoch aber an keinem andern Ort, als auf den Hülfensberg an dem privilegirten Altar gehabten und desfalls so wenig um Dispensation nachgesuchet, als wenig solche contra mentem Serenissimi Fundatoris Statt und Platz ergreifen soll. Damit nun aber auch diese milde Stiftung zu ewigen Zeiten unverrückt befolgt werden möge, so haben Ihre hochsürstliche Durchlaucht gnädigst Fundator, die in das churfürstliche Maynzische Amt Bischofstein wirklich ausgeliehenen 3000 Rthlr. an die unter gedachtem Bischofstein gelegene Gemeinheit Lengensfeld gegen einen Hochdenselben ausgestellten und von ermeldetem Amte Bischofstein authentisirten Revers cum omni actione et jure hypothecae damit zediert und die darüber in Händen gehabte Original Obligationes dergestalt extradiret, daß ersagte Gemeinheit Lengensfeld von dato an und in perpetuum alljährlich 100 Rthlr. an das hochlöbliche Closter Annarode, dieses aber nach Verfließung eines jeden Jahres den zeitlichen Sacrificanten pro laboro deren wöchentlich zu lebenden drey heiligen Messen 50 Rthlr. abgeben, von den übrigen 50 Rthlr. aber nicht nur den nötigen Wein, Wachs, Hostien, und Paramenten verabreichen, sondern auch den Kirchendiener belohnen solle und wolle. Wohin mittelst Ihrer hochfürstlichen Durchlaucht an erforderlichen Paramenten ein schwarzes, ein rothes und ein weißes Meßgewand samt Zubehör, wie auch den benötigten Kelch und Paten, ohne dass ein solches mit der Zeit zur Consecration gezogen werden solle, bei Anfang dieser Fundation angeschaffet und an die Hülfensberger Kirche abgeben lassen. „Alles getreulich sonder Arglist und Gefährde.“
Landgraf Christian, der Stifter der oben erwähnten Messen, war ein solcher Verehrer des Hilfensberges, daß er Befehl gab, ihn nach seinem Tode auf der Höhe zu beerdigen. Als er daher am 21. Oktober 1755 auf seinem Schlosse zu Eschwege am Schlagflusse starb, wurde die Leiche am 29. Oktober von einer Compagnie hessischer Soldaten bis an die Eichsfeldische Grenze bei Döringsdorf begleitet, daselbst von einer Compagnie des Eichsfeldschen Landregiments in Empfang genommen, bis auf den Hilfensberg geführt und in einer gewölbten Gruft der Kirche beigesetzt.
Friedrich Clemens, Freiherr von Ledebur, Bischof von Paderborn, machte in der Pfingstwoche 1827, sowie Anton Holtgreven, Weihbischof von Paderborn, am 7. Oktober 1843 eine Wallfahrt nach dem Hilfensberge.
Im Jahre 1848 wurde auf dem Hilfensberge das 1100-jährige Jubiläum der Einführung des Christenthums durch den h. Bonifazius 14 Tage hindurch feierlich begangen. Am 4. Juni wurde das Fest durch den Bischof von Hildesheim, Jacob Wang, eröffnet; in der Mitte der Festtage hielt der Bischof von Fulda Hochamt und Predigt und die Schlußfeier hielt am 19. Juni Franz Drepper, Bischof von Paderborn. Gegen 40,000 Kommunikanten wurden gezählt.
Die Hauptfesttage auf dem Hilfensberge sind der Hilfenstag, die Tage des h. Bonifatius (5. Juni), des h. Johannes des Täufers (24. Juni) und des h. Michael (29. Sept.) An diesen Tagen kommen oft bei 20,000 Pilger zur Wallfahrt.
Aegidius Müller
(Quelle: Deutschlands Gnadenorte: deren Geschichte und Beschreibung nebst einem Anhang enthaltend die bedeutendsten ausländischen Gnadenorte der katholischen Welt von Aegidius Müller, Pfarrer und vielen Mitarbeitern. Köln am Rhein: Schaffstein & Co., 1888, S. 369 – 385)