Der Bischofsteiner Bergfriedhof

Lageplan des Bischofsteiner Bergfriedhofs

Am 20. Februar 1843 richtete der Gutsbesitzer Wilhelm Müller auf Schloß Bischofstein mit Genehmigung des Landratamtes in Heiligenstadt 400 Meter nordwestlich des Schlosses auf dem Plateau am Südwesthang des Schloßberges einen privaten Friedhof ein, der eine Gesamtfläche von 96 m² umfaßte. Damit hatten er und seine Mitarbeiter die Erlaubnis erhalten, ihre Toten hier und nicht auf dem der katholischen Kirchengemeinde in Lengenfeld unterm Stein gehörenden Friedhof in der Goldgasse zur letzten Ruhe zu betten.

Am Eingang diese neuen Begräbnisplatzes wurde zur gleichen Zeit ein steinernes Kreuz mit Korpus erbaut, dessen Grundstein die Jahreszahl 1843 trug:

Am 22. Februar 1843 wurde dieser neue Friedhof von dem evangelischen Ortspfarrer Johann Christoph Kaempf aus Großtöpfer eingeweiht. Am gleichen Tage wurde als erster Tote Alexander August Müller, Sohn des Gutsbesitzers Wilhelm Müller, im Alter von 7 Monaten dort beerdigt.

Über dieses besondere Ereignis hat der Lengenfelder Einwohner Joseph Hahn in seinem Tagebuch geschrieben:
„Im Jahre 1843, den 22. Februar hat der Gutsbesitzer Wilhelm Müller auf Bischofstein in Lengenfeld einen neuen Kirchhof am Schloßberge lassen machen und sogleich vom Töpferschen Pastor lassen einweihen. Und an diesem Tage ist ein kleiner Knabe von ihm das allererste dahin begraben worden.“

Seit dieser Zeit sind auf diesem Friedhof folgende Personen beerdigt worden:

1. Alexander August Müller
geb.: 20.07.1842 in Bischofstein
Vater: Oeconom Wilhelm Müller auf Bischofstein
Mutter: Johanna, geb. Klinkerfuß
gest.: 19.02.1843 in Bischofstein
beerdigt: 22.02.1843

2. Johanna Müller, geb. Klinkerfuß
Ehefrau des Gutsbesitzers Wilhelm Müller
gest.: 13.12.1858 in Bischofstein
Alter: 45 Jahre 2 Monate 4 Tage
beerdigt: 17.12.1858

3. Jacob König, Knecht auf Bischofstein, ledig
gest.: 13.01.1875 in Bischofstein
Alter: 71 Jahre
beerdigt: 15.01.1875

4. Christoph Karl Müller
Sohn des Gutsbesitzers Hermann Müller
geb.: 28.06.1876 in Bischofstein
gest.: 17.03.1877 in Bischofstein
beerdigt: 21.03.1877

5. Berta Müller, geb. Trebing
Ehefrau des Gutsbesitzers Hermann Müller
auf Bischofstein
geb.: 03.08.1853
gest.: 21.07.1884 in Bischofstein
beerdigt: 24.07.1884

6. Ernst Hermann Müller, Rentier
Gutsbesitzer auf Bischofstein bis 1907
geb.: 21.01.1844 in Bischofstein
als Sohn des Gutsbesitzers Wilhelm Müller
gest.: 06.06.1913 in Wanfried
beerdigt: 08.06.1913 als Erbbegräbnis auf dem Bischofsteiner Friedhof am Schlossberg durch den Pfarrer Siebert aus Wanfried

Am 15. Oktober 1907 kaufte Herr Dr. Gustav Marseille Schloß Bischofstein einschließlich der Ländereien in einer Größe von 28 ha 6 a mit 2 Pferden, 2 Esel, 10 Milchkühen und 30 Stück Federvieh, um darin eine private Internatsschule einzurichten. Bereits am 18. Januar 1908 konnte nach größeren, notwendig durchgeführten Innenausbauarbeiten diese Schule als Typ einer Oberrealschule mit 35 Schülern, von denen vier Schüler mit aus der Internatsschule Haubinda kamen, eröffnet werden.

Da dieser von dem ehemaligen Gutsbesitzer Wilhelm Müller im Jahre 1843 eingerichtete Friedhof mittlerweile zu klein geworden war, aber von den Bewohnern Bischofsteins als Begräbnisplatz weiterhin genutzt werden sollte, ließ Dr. Marseille denselben um 9,50 Meter in nordwestlicher Richtung erweitern. Als sein Schwiegervater Eduard Vowinkel, der am 20. November 1916 gestorben war, am 24. November 1916 dort beerdigt wurde, weihte gleichzeitig der evangelische Pfarrer aus Großtöpfer Wilhelm Blumenthal diesen neuen Teil des Friedhofes ein.

In dieser Zeit wurden von 1916 bis 1965 folgende Personen auf dem Bischofsteiner Bergfriedhof beerdigt:

1. Eduard Vowinkel
Bankdirektor, jetzt Privatmann
geb.: 10.07.1847 in Oelzenhausen
gest.: 20.11.1916 in Eschwege
beerdigt: 28.11.1916

2. Dr. Gustav Marseille
Direktor der Erziehungsschule Schloß Bischofstein
geb.: 20.08.1865 in Homberg / Hessen
gest.: 06.11.1917 in Bischofstein
beerdigt: 10.11.1917

3. Auguste Vowinkel, geb. Pieper
Witwe des verstorbenen Bankdirektors Eduard Vowinkel
geb.: 04.08.1851 in Düsseldorf
gest.: 06.05.1918 in Bischofstein
beerdigt: 09.05.1918

4. Wolfgang Marseille
Sohn des + Direktors Dr. Gustav Marseille
geb.: 21.12.1905 in Puttbus / Rügen
gest.: 30.04.1918 in Eschwege
beerdigt: 03.05.1918

5. Ernst Marseille
Sohn des + Direktors Dr. Gustav Marseille
geb.: 19.11.1902 in Puttbus / Rügen
gest.: 05.10.1918 in Posen
beerdigt: 24.10.1918
Ernst Marseille ertrank bei einer Bootsfahrt.

6. Klaus Natorp
Sohn des Zeichenlehrers Friedrich Natorp und
seiner Ehefrau Hilde, geb. Erbe
geb.: 10.06.1922 in Eschwege / Werra
gest.: 10.07.1922 in Göttingen / Klinik
beerdigt: 12.07.1922

7. Arthur Prüger
Zeichenlehrer auf Bischofstein
geb.: 01.11.1862
gest.: 16.06.1923 in Bischofstein
beerdigt: 18.06.1923

8. Ella Prüger
Ehefrau des + Zeichenlehrers Arthur Prüger
gest.: 02.07.1940 in Bischofstein
Alter: 69 Jahre 6 Monate 25 Tage
beerdigt: 06.07.1940

9. Arthur Bonus
Evangelischer Pfarrer und Schriftsteller
1923 bis 1941 in Bischofstein
geb.: 21.01.1864 in Neu-Prussy/Westpreußen

gest.: 09.04.1941 in Bischofstein
beerdigt: 14.04.1941

10. Hans Hermann Schulz
Sohn des Reichsbankoberinspektors Hermann Schulz
und seiner Ehefrau Elisabeth, geborene Turzetto
Schüler in Bischofstein von 1944 bis 1945
geb.: 05.04.1934 in Kaiserslautern
gest.: 18.04.1945 im Krankenhaus Lengenfeld u./Stein
infolge einer Handgranatensplitterverletzung
Beim gemeinsamen Brennessel-Sammeln für die Küche fand ein Schüler eine Handgranate, die er ahnungslos abzog. Trotz der Warnschreie seiner Mitschüler wurde Hans Hermann Schulz von Splittern in der Brust getroffen, die seinen Tod zur Folge hatten.
Beerdigung: 20. April 1945 auf dem Bischofsteiner Bergfriedhof

11. Angelika von Knorr
Tochter des Professors und Direktors der staatlichen Musikschule in Heidelberg
geb.: 18.12.1944 in Detmold
gest.: 28.05.1945 in Ershausen
beerdigt: 31.05.1945

12. Martha Linnenkugel, geb. Nöldner
Sie übernahm am 29. Mai 1948 als erste Heimleiterin das an diesem Tag eingeweihte Ferienheim Bischofstein.
geb.: 10.07.1884 in Remda, Kreis Weimar
gest.: 05.02.1950 in Heiligenstadt
beerdigt: 08.02.1950

13. Beate Bonus, geb. Jeep
Malerin und Schriftstellerin
Ehefrau des + Pfarrers und Schriftstellers Arthur Bonus
geb.: 28.10.1865 in Konstanz / Bodensee
1923 - 1941 Schloß Bischofstein
1941 - 1952 Lengenfeld u./Stein, Bahnhofstraße
1952 - 1954 Kloster Zella
gest.: 22.02.1954 in Kloster Zella
beerdigt: 26.02.1954 neben der Grabstelle ihres + Ehegatten

Mit Frau Beate Bonus wurde die Urne ihrer Tochter Helga Bonus, geboren am 17.12.1897, die am 23.09.1923 in Berlin gestorben war, im selben Grab auf dem Bischofsteiner Bergfriedhof beigesetzt.

14. Hedwig Ripke, geborene Vowinkel
Ehefrau des Dr. Wilhelm Ripke (und zuvor Ehefrau des Internatsgründers Dr. Gustav Marseille)
geb.: 10.07.1881 in Düsseldorf
gest.: 10.04.1954 in Bischofstein
beerdigt: 14.04.1954

15. Dr. phil. Wilhelm Ripke
geb.: 23.02.1886 in Dorpat/Estland

01.02.1919: Lehrer in Schloß Bischofstein
1920 - 1936: Direktor der Schule Schloß Bischofstein
13.09.1963: Umsiedlung in die Bundesrepublik
gest.: 05.03.1965 in Hannover
Trauerfeier: 10.03.1965, 15:15 Uhr in der Kapelle des Seelhorster Friedhofes in Hannover
Beerdigung: 29. April 1965 auf dem Bischofsteiner Bergfriedhof an der Seite seiner verstorbenen Gattin Hedwig Ripke, geborene Vohwinkel.

16. Carlos Delgado y Roses
Schüler der Oberrealschule Schloß Bischofstein
Vater: Juan Delgado y Roses
Kriegshafenkommandant in Palma de Mallorca
geb.: 04.11.1906 in Palma de Mallorca
gest.: 27.02.1922 in Göttingen
beerdigt: 20.03.1922 auf dem Bischofsteiner Bergfriedhof
Obwohl der Verstorbene in einen verzinkten Sarg gebettet worden war, wurde bei den derzeitigen politischen Verhältnissen kurz nach dem I. Weltkrieg eine Überführung nach Spanien von den staatlichen Stellen nicht gestattet. Erst im Jahre 1933 erreichten die aus Spanien angereisten Mutter und Schwester von den staatlichen Behörden eine Teil-Exhumierung, die der Bischofsteiner Hausarzt Dr. Ernst Scharf durchführte. In einer besonders angefertigten Spezialurne wurden dann die sterblichen Überreste nach Palma de Mallorca überführt.

Ein ebenfalls sehr trauriges Ereignis auf Schloss Bischofstein im Nachkriegsmonat Mai 1945 soll an dieser Stelle festgehalten werden: Im März 1945 rückten die amerikanischen Truppen immer näher an Mitteldeutschland heran. Der Geschützdonner an der Westfront war bereits deutlich zu hören. Um einem Großteil der Internatsschüler die Heimreise noch zu ermöglichen, wurde mit der Zeugnisausgabe am 23. März 1945 die Schule Schloss Bischofstein geschlossen. Unter den zurückbleibenden Schülern war auch:

Manfred Hanspach
Sohn des Oberleutnants Walter Hanspach, Düsseldorf
geb.: 11.05.1928 in Essen
Schüler in Bischofstein von 1942 bis 1945
gest.: 15.05.1945 in Lengenfeld u./Stein, Krankenhaus
Todesursache: Akute Blinddarmentzündung mit Darmdurchbruch
Beerdigung: 18. Mai 1945 auf dem Friedhof in Lengenfeld u./Stein durch den Ortsgeistlichen Pfarrer Johannes Krebs
Unter großer Anteilnahme der noch anwesenden Bischofsteiner Schüler - darunter auch Herr und Frau Dr. Ripke - und sehr vieler Lengenfelder Einwohner wurde Manfred Hanspach eine Woche nach seinem siebzehnten Geburtstag fern seiner Heimat beerdigt.


Es ist so bitter,
Augen weinen zu sehen
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Beim ersten Schülertreffen nach der „Wende“ vom 7. bis 9. September 1990 auf Schloss Bischofstein fand am 9. September eine besondere Gedenkstunde mit Kranzniederlegung auf dem Bischofsteiner Bergfriedhof statt.

Zum Gedenken an die 31 Bischofsteiner, die im I. Weltkrieg von 1914 - 1918 gefallen sind und zum Gedenken an die 118 Bischofsteiner, die im II. Weltkrieg von 1939 - 1945 ihr Leben lassen mussten, wurde auf Initiative von Wilhelm Scheffer (1928 - 1936 auf Bischofstein) von allen noch lebenden ehemaligen Bischofsteiner Schülern ein Ehrenmal gestiftet und im Oktober 1991 auf dem Bischofsteiner Bergfriedhof errichtet.

Beim zweiten Schülertreffen nach der „Wende“, das vom 11. bis 13. September 1992 in Eschwege, Lengenfeld u./Stein und auf Schloß Bischofstein stattfand, wurde dieses Ehrenmal im Beisein von 142 ehemaligen Bischofsteinern am Sonntag, dem 13. September 1992 um 11:30 Uhr von dem Pfarrer Jürgen Mahrenholz, der selbst von 1939 - 1941 Bischofsteiner Schüler war, offiziell eingeweiht. Der älteste anwesende ehemalige Bischofsteiner Schüler Karl-August von Massenbach (geb. 24.11.1906, in Bischofstein von 1919 - 1924) dankte nochmals ganz herzlichst allen, die den Aufbau dieses Gedenksteines ermöglicht hatten. Einen ganz besonderen Dank richtete er aber an Wilhelm Scheffer, der selbstlos eine Bronzeplatte für die im II. Weltkrieg gefallenen und vermissten Soldaten gestiftet hatte und an Wolfgang von Scharfenberg, der den Aufbau dieses Ehrenmals organisiert und geleitet hatte.

Als am Abschluss dieser Feier das Lied vom „Guten Kameraden“ erklang, schickte die Mittagssonne ihre Strahlen auf das Ehrenmal, als wollte sie ebenfalls ihren Dank sagen.

Inschriften auf den Gedenktafeln

ZUM GEDENKEN
AN DIE BISCHOFSTEINER,
DIE IN DER ZEIT
VON 1939 - 1945
IHR LEBEN LIESSEN

FÜR DAS VATERLAND
FIELEN IM I. WELTKRIEG
1914 - 1918
31 BISCHOFSTEINER

Im Leben gemeinsam - im Tode vereint: Grabstätte der Bischofsteiner Familie

Arthur Prüger
*01.11.1862
+16.06.1923

Dr. Wilhelm Ripke
*23.02.1886
+05.03.1965

Hedwig Ripke
*10.07.1881
+10.04.1954

Eduard Vowinkel
*10.07.1847
+20.11.1916

Auguste Vowinkel
*04.08.1851
+06.05.1918

Dr. Gustav Marseille
*20.08.1865
+06.11.1917

Ernst Marseille
*19.11.1902
+05.10.1918

Wolfgang Marseille
*21.12.1905
+30.04.1918

Ihr glücklichen Augen,
Was je ihr gesehen,
Es sei wie es wolle,
Es war doch so schön!

Ich hatt’ einen Kameraden einen bessern find’st du nit.

Walther Fuchs (Lengenfelder Ortschronist und externer Schüler auf Schloss Bischofstein)
Lengenfeld unterm Stein, den 20. März 1993

 

Nachtrag

Nach der Errichtung des Ehrenmals im September 1992 verfiel das Gelände zunehmend in einen Dornröschenschlaf und der alte Bergfriedhof wurde nur noch sporadisch gepflegt und von Gestrüpp befreit.

Am 4. November des Jahres 2022 gründete sich der Lengenfelder Heimat- und Kulturverein e. V., der es sich zum vorrangigen Ziel gemacht hat, den alten Bergfriedhof dauerhaft für die Nachwelt zu erhalten. Die gesamte Projektierung erfolgte in enger Absprache und mit der Unterstützung durch die Eigentümer und Pächter des Schlosses Bischofstein.

Kontinuierliche Arbeitseinsätze unter der Leitung des Initiators Stefan Mähler haben seitdem zu einer massiven Aufwertung des Areals geführt, indem Bäume gefällt, Büsche und Hecken beseitigt und die einzelnen Grabstellen umfassend gesäubert wurden.

Darüber hinaus konnte ein steinernes Kreuz, welches sich einst am östlichen Rand des Begräbnisplatzes befand, jedoch seit vielen Jahrzehnten verschollen ist, durch den Lengenfelder Steinmetz Thomas Weiland rekonstruiert und neu errichtet werden. Dasselbe wurde unter den Augen vieler Besucher am 10.09.2023 zum Tage des offenen Denkmals geweiht.

Oliver Krebs (2023)
Ortschronist von Lengenfeld unterm Stein