Burg Stein bei Lengenfeld

Vergleicht man die wenigen alten Urkunden, die sagenhaften Überlieferungen, so wie die noch vorhandenen Ruderas mit den immer weniger werdenden Mauerresten und Veränderungen im Gelände der Burg und Stadt zum Stein – nun auch noch mit der schon beschriebenen Grenzregulierungskarte von 1583, so kommt man zu folgenden Erkenntnissen:

Hus zum Steyn – castrum dictum Steyn – mit oppidum Sten, das sind die ältesten Namen für die nach Wolf schon vor 1150 erbauten „Burg und Stadt zum Stein. Die Stadt zum Stein wird 1420 das letzte Mal urkundlich genannt und zählt zu den vielen Wüstungen des Eichsfeldes.

Was ist nun von dieser alten Burg und Stadt außer Urkunden und Sagen „sichtbar und beweisführend“ übrig geblieben? Diese Feststellung ist heimatgeschichtlich unbedingt nötig, da die Steine der Burg und Stadt Stein sämtlich zu Tal gebracht und zu neuen Bauten verwendet worden sind (man vergleiche hierzu „Unser Eichsfeld“, Jahrgang 33, Seite 86, L. Rummel „Verschleppte Steine“), Der Zahn der Zeit wird auch die letzten Mauerreste bald verschwinden lassen und sogar die Burggeländeformen so verändern, dass die Nachwelt nichts mehr finden kann.

Auf dem Burgberg befindet sich das ca. 35 Ar fassende Gelände der eigentlichen Burg Stein. Die Gesamtlänge beträgt 140 Meter, die Breite der breitesten Stelle nur 40 Meter. Der Burggraben ist in diese Maße nicht einbezogen. An der schmalen Stelle beim urkundlich erwähnten „Malzhus“ ist der Felsen nur 19 m breit. Das Gelände steigt vom Südwesten nach Osten ca. 15 m. Die Burg war daher in das untere, das „nidderste Hus“ und die höher gelegene „Oberburg“ geschieden. Auf dem weit ins Friedatal stoßenden Südwest-Felsen des niddersten Huses befindet sich noch die Rudera mit Mauerresten des im Durchmesser 4 m starken Südwestsöllers.

Der Felsen ist auf der Ostseite mit heute noch sichtbarem Mauerwerk verstärkt. Es hat auch den Anschein, als ob es einen Nebenbau des Südwestturmes getragen hätte. Mit diesem „niddersten Hus“ bis an das Malzhaus waren 1420 die von Ereshusen belehnt und 1476 beim Ableben des letzten Ereshusen die von Hanstein. Vom äußersten Ende des Sudwestturmes sind es 45 m bis zum Malzhus. Von diesem Malz- oder Brauhaus, welches 8 m 70 cm lang und 5,50 m breit war, sind die Kellergewölbe und Mauerreste noch vorhanden. Dort sind auch noch Mauerreste eines Gebäudes zu sehen, welches 7,50 m breit gewesen sein muss; seine Länge ist nicht mehr festzustellen.

In dem ansteigenden Zwischengelände bis zur Oberburg finden sich auf 65 m Länge keine Mauerreste mehr, aber das Erdreich ist durchsetzt mit Dachziegelbrocken. Man findet halbe Ziegeln, an denen man noch die alte Deckweise „Mönch und Nonne“ feststellen kann. Erst an der breitesten Stelle des Geländes stoßen wir auf die Mauerreste des Haupt- oder Amtsgebäudes, welches nicht längslaufend des Berges, sondern querlaufend gebaut war.

Dreißig Meter davon entfernt finden wir auf der höchsten Stelle der Oberburg die Rudera des Ostturmes. Der Eckfels dieses Turmes ragt 10 m aus dem sehr breiten Halsgraben am Ostende der oberen Burg empor. Dieser Turm, so wie er gestanden hat, ermöglichte die Übersicht über sämtliche Eingänge zur Unter- und Oberburg. Man kann sie als eine sehr fest und gut angelegte Burg bezeichnen. Alle hier angegebenen Maße sowie die noch vorhandenen Mauerreste sind 1950 von Josef Richwien und mir festgestellt und in einem von Richwien gezeichneten Grundriss 1:150 in unsere Ortschronik aufgenommen worden, damit diese Angaben so wenigstens unserer Heimatgeschichte erhalten bleiben.

„Stadt Stein“
Von der genannten breitesten Stelle des Halsgrabens am Ostturm lief ein Graben, von einer Mauer begleitet, südlich bergabwärts, dann scharf westlich abbiegend wieder nördlich aufwärts führend, bis unter den Felsen des Südwestturmes. Dieser Graben und diese Mauer, von der 1950 noch Reste zu sehen waren, schlossen die Stadt Stein ein. Es ist das Gelände, in welchem sich heute der Friedhof von Bischofstein befindet. Es steigt nordwestlich terrassenförmig an bis unter die Burgfelsen. Das Erdreich ist ebenfalls mit vielen alten Ziegelbrocken durchsetzt. In jüngster Zeit wurde noch eine Herdstelle und daneben Mauerwerk festgestellt.

Auf einer der oberen Terrassen soll die Kapelle „St. Georgi“gestanden haben. Noch zu Lebzeiten Wolfs hat der „jetzige“ kurfürstliche Amtmann Holzborn die Rudera und Trümmer der Kirche entdeckt und das Mauerwerk bei 4 Schuh hoch über der Erde aufgraben lassen (Wolf-Löffler S. 139.). Heute, nachdem durch die ehemalige Schule Bischofstein noch Einebnungen vorgenommen wurden, ist leider nicht mehr festzustellen, wo die Kapelle gestanden hat.

Auf der Karte von 1583 ist sie nicht mehr verzeichnet. Sie war zerstört. Die Äcker am Frauenstein waren der Kapelle St. Georgi zinspflichtig (Aloys Höppner „Amt Bischofstein“). Sie ist nach Anfertigung der Karte zwischen 1583 und 1611 wieder aufgebaut worden.

Am 11. Mai 1611 weihte der Weihbischof Cornelius Gobelius die St. Georgskapelle auf der Burg Bischofstein „auf den alten Titel“ (Wolf C. d. A. H. S. 42). Im 30-jährigen Kriege wurden Burg und Kapelle arg zerstört, aber dann noch zu Amtshandlungen benutzt (Aufzeichnungen im Kirchenbuch von Lengenfeld).

Nach 1708 dienten Burg und Kapelle nur noch dem Abbruch. Von ihren Steinen wurde das Barockschloss Bischofstein in den Jahren 1740 bis 1748 erbaut (heute FDGB-Erholungsheim).

Lambert Rummel
(Quelle: Eichsfelder Heimatborn, Ausgabe vom 06.08.1955)