Brauchtum um das Osterfeuer
Der alte Brauch, Osterfeuer auf Bergen oder an anderen geeigneten Plätzen anzuzünden, mag wohl bis weit in die älteste Zeit zurückgehen. Symbolik dabei ist der Sieg des Lebens über den Tod. Es lag in der Naturreligion unserer Vorfahren tief begründet, zu Beginn des Frühlings, den sie nach den vielen trüben Wintertagen besonders jubelnd begrüßten, auf die ihren Gottheiten geweihten Berge zu steigen, um mit den zum nächtlichen Himmel empor lodernden Flammenstößen für Licht und neues Leben zu danken. Im langen Zug kehrten sie mit den noch glimmenden Holzscheiten von den Höhen in ihre Häuser zurück, um das Herdfeuer neu zu entzünden.
Freilich hat sich die Charakteristik des Osterfeuers im Laufe der Zeit gewandelt. Die christliche Religion feiert Christus als den Auferstandenen, als den aus dem Grabe entstiegenen Sieger. Deswegen wurde früher auch vielerorts das Osterfeuer beim Anzünden aus einem Stein geschlagen. Lange vorher hat die Jugend den Holzstoß in der Nähe der Kirche oder auf dem Friedhof aufgebaut.
In katholischen Gegenden geht heute die Entzündung und Weihe des Osterfeuers den Feierlichkeiten der Osternacht voraus, und meistens begnügt man sich schon mit einem kleineren Feuer. An ihm entzündet der Geistliche das Osterlicht, welches dann in die noch im Dunkeln liegende Kirche getragen wird. Viele Gläubige entzünden dann daran ihre Osterkerzen. So ist es heute.
Früher waren mit den Bergfeuern noch mancherlei Sitten verbunden. Nach dem Absingen von Oster- und Auferstehungsliedern ließ man z. B. im Untereichsfeld zuweilen unter dem Jubel des jungen Volkes eine brennende Teertonne den Berg hinabrollen. War das Feuer bis auf kleine Reste niedergebrannt, so wurde die Asche in alle vier Winde gestreut. Sie sollte den Feldern Fruchtbarkeit bringen und das Ungeziefer fernhalten.
In den Dörfern Fuhrbach, Ecklingerode, Brehme u.a. zog früher die Jugend paarweise in geordneter Reihe auf die Anhöhe. Sie trugen in den Händen Stangen, die oben mit Stroh umwickelt und mit Teer bestrichen waren. Oben angekommen, wurde ein Fackelreigen auf dem Berg gehalten, was in der Dunkelheit ein eigenartig schönes Bild gewesen ist.
In den Dörfern um die Burg Hanstein war auch das „Feuerspringen“ der Burschen und Mädchen üblich. Dabei spielte auch der Aberglaube eine Rolle, denn wer dabei hinfiel, musste im nächsten Jahr sterben. In anderen Orten, z. B. in Wingerode, herrschte der Glaube, je höher man durchs Osterfeuer sprang, desto höher der Flachs wuchs (vgl. Wüstefeld, Eichsfelder Volksleben).
Man warf mancherorts im Ohmgebirge auch Strohpuppen und Pferdeschädel in das Feuer, um damit die Verbrennung des Judas anzudeuten. Dieses können auch noch Bräuche aus altheidnischer Zeit sein.
Da auch die Erwachsenen regelmäßig am Osterfeuer teilnahmen, kamen Ausschreitungen nur selten vor. Trotzdem wurde das Abbrennen von Osterfeuern wiederholt durch die kurfürstliche Regierung des Eichsfeldes verboten, so 1714 bei einer Strafe von 10 Gulden. Man begründete es damit, „dass bei dem Osterfeuer allerhand Mutwillen und Ärgernis, als Zank und Schlägerei [angeblich], Beschädigung der Wälder, Verbrennung der Zäune verübt und darüber hohe Gerichte mit Klagen fast jährlich behelligt, mithin der hochheiligste Ostertag durch dergleichen Exzesse nicht wenig verunehrt und entheiligt worden“. Aber das Volk ließ von dem alten Brauch nicht ab. Verbote wurden auch in den Jahren 1735, 1746 und 1779 verhängt, jedes Mal mit einer Zuchthausstrafe von 4 Wochen. In der Verordnung aus dem letztgenannten Jahr heißt es, dass das Verbot „bisher wenig oder gar nicht gehalten, ja sogar von den Obrigkeiten stillschweigend begünstigt worden sei“.
Das „Churfürstliche Maintzische-Geistliche Commissariat“ zu Heiligenstadt fügte noch hinzu (22. März 1714): „Alß werden hiermit die Osterfeuer gäntzlich undt bey Straf zehn Gulden verbotten, und anbefohlen, dieselben hinkünftig abzustellen, alß wodurch der allmächtige Gott wenig geehret, sondern vielmehr durch allerhand darbey vorgegangene Mishandlungen beleidiget worden. Wornach sich ein jeder zu richten undt für Ungelegenheit zu hüten hat“.
Vinzenz Hoppe (1979)