Auf den Fortschritt Lengenfelds

Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts erlebte die Gemeinde Lengenfeld u. Stein einen außergewöhnlichen Aufschwung. Dieser Fortschritt, wie ihn unsere Väter dereinst schon nannten, verbesserte die Lebenslage der Bevölkerung in nicht geringem Maße. Wie sehr alles die Gemüter erregte, zeigt das nachstehende von Johannes Schade im Jahre 1909 verfasste und auch gedruckte Gedicht:

Der neue Bahnhof brachte viel Sorgen;
Aber jetzt liegt derselbe nicht mehr verborgen.
Trotz der Gegenpolitik dahinter,
Wurde er doch noch eröffnet vor diesem Winter.
Und diese geheimen Gegner vor allem,
Sehen nun ihr Werk ins Wasser gefallen.
Der Bahnhof heißt Lengenfeld unterm Stein;
Dies Dorf liegt sehr romantisch fein.
Es ist auch schon ein großer Ort.
Weil ziehen wenig Leute fort.
Sumatra und Habana wird hier fabriziert,
Wodurch so mancher Arbeiter sein Geld verdient.
Ja, Industrie, die fehlt noch mehr,
Doch ohne Bahnhof hält es schwer.
Jetzt fließt auch in jeder Küche das Wasser;
Sowohl beim Armen als auch beim reichen Prasser.
Denn der Erbsborn, der versaget nie,
Er liefert genügend für Mensch und Vieh.
Die schöne Kirche ist auch wieder restauriert,
Das hat der Patronatsfonds sehr gespürt.
Die Reparatur, die war sehr schwer,
Darum blieb die Kirche ein Jahr lang leer.
Auch ist hier Arzt und Apotheke da;
Es liegt auch das Krankenhaus sehr nah!
Und die große Erziehungsstraße auf Schloss Bischofstein,
Das alles muss der Fortschritt sein.
Will nun Lengenfeld stolz auf seinen Fortschritt schau’n,
So muss es die Straßen noch besser bauen.
Auch fehlt es hier und da noch an Licht,
Damit kein Mensch Hals und Beine zerbricht.
Sind diese Übel nun auch gehoben,
So wird jeder die Gemeindeverwaltung loben.
Zum Schlusse wünsch ich allen Gegnern noch,
Ein kräftiges Vivat lebe hoch!

Johannes Schade

Folgende Daten sollen die Erläuterung hierzu geben: Schon 1903 ließ sich Herr Sanitätsrat Dr. Gries in Lengenfeld nieder. Auf dessen Initiative wurde 1903 auch die Filial-Apotheke durch Herrn Apotheker Graune aus Ershausen in Lengenfeld neu eingerichtet.

Bereits 1893 zeigten sich im Mauerwerk der im Jahre 1882 erbauten Kirche Risse. Außerdem gaben sich die Chor- und Westwand bis 180 mm aus dem Lot. Besonders dem Kunsttischler Johannes Schade ist es durch sein Eintreten bei der Regierung zu verdanken, dass endlich im Jahre 1905 die Kirche restauriert wurde. Der Grundstein zu unserem schönen Krankenhaus konnte am 1. Juni 1905 durch den Pfarrer Johannes Kirchner gelegt werden.

In diesem Jahre begann auch der Bau der Wasserleitung im Effelder Tal. Eine besondere Erleichterung für alle Lengenfelder trat mit der Inbetriebnahme des neuen Vollbahnhofs im Jahre 1908 ein.

1908 richtete Dr. Marseille das Schloss Bischofstein als Erziehungsschule ein. Diese Neuerungen, in einem Jahrzehnt geschaffen, stellen eine großartige Leistung unserer Väter im Kampf gegen alles Rückschrittliche dar. Sie zeigen aber auch, was durch Opfer- und Hilfsbereitschaft alles erreicht werden kann.

Walther Fuchs