Auf dem Hanstein

Schon wirft der Linde Frühlingswind
Die ersten Blüten nieder,
Reicht mir den Wanderstab geschwind,
Mich zieht’s zur Heimat wieder!
Ich seh’ im ersten Morgenstrahl
Die Heimatberge blinken
Und überm grünen Werratal
Den alten Hanstein winken.

Du stehst da wie ein heil’ger Gral,
In Sagen eingesponnen,
Und schaust ins weite Germartal
Gar traumhaft und versonnen.
Bald steig’ ich in dein gastlich Haus.
Von Turm und Mauerwällen
Schau ich ins weite Land hinaus
Mit frohen Fahrtgesellen.

Manch stolze Burg begrüßet mich
Von altbemoostem Hügel;
Um Lindewerra schlängelt sich
Des Flusses blanker Spiegel.
Saß eh’dem nicht Hans Urian
In diesen heil’gen Fluren?
Der Sprung, der hat’s ihm angetan –
Seht da des Hufes Spuren!

Viel blanke Dörfer fern und nah
Wie Kinderaugen glänzen,
Der Meißner steht so schweigend da,
Der Harz in blauen Grenzen.
Hell klingt der Vögel Luftgesang
Dahin von Tal zu Tale,
Und Liederschall und Saitenklang
Tönt auf dem Ahnensaale.

Ich singe mit dem tollen Schwarm,
Sind mir’s gleich fremde Gäste,
Jedwedem wird so heimatwarm
Im alten Felsenneste.
Wir sind den alten Recken gleich,
Im Saal die Schwerter krachen;
Aus der Kemnate süß und weich
Ertönt der Mägdlein Lachen.

Doch weiter geht’s talaus, talein,
Schnell flieh’n dahin die Stunden.
Ich habe auf dem Hanenstein
Das Heimatglück empfunden.
Wie oft hab’ ich von dir geträumt
In langen bangen Jahren –
Wenn wild die Welle mich umschäumt,
Werd’ ich zum Hanstein fahren!

August Hahn